(Registrieren)

WAZ: China vor den Spielen - Peking - Stadt der zwei Wahrheiten - Leitartikel von Jutta Lietsch

Geschrieben am 28-07-2008

Essen (ots) - Peking ist in diesen Tagen eine Stadt der zwei
Wahrheiten. Breite Straßen und Plätze, neue Parkanlagen, schicke
Wohnviertel, neue U-Bahnlinien, die das Fortkommen erleichtern,
prägen Chinas Metropole. Kühne Bauten ragen in den Himmel. Peking ist
so sauber, so frisch angemalt, so grün wie nie und - ohne das
Gehämmer und Bohren der nun stillgelegten Baustellen - so ruhig wie
seit Jahrzehnten nicht. Hohe Fotowände mit Bildern von Blumen,
Wäldern und Olympia-Motiven verdecken unschöne Brachen. Der Smog
hängt zwar noch in der Luft, wird sich aber, da sind die Pekinger
hoffnungsvoll, bis zu den Spielen am 8. August verziehen.

Das ist die eine Wahrheit, die chinesische und internationale
Journalisten beschreiben sollen, wenn es nach dem Willen der Pekinger
Behörden geht. Die andere Wahrheit ist hässlicher und soll unter dem
Deckel bleiben: Hunderttausende Wanderarbeiter, die sonst die Straßen
und Plätze bevölkerten, mussten in andere Städte weiterziehen.
Bittsteller werden abgedrängt. Kritische Geister - wie der
Bürgerrechtler Hu Jia - sitzen im Gefängnis, andere wurden aus Peking
verschleppt, damit sie nicht mit ausländischen Korrespondenten
sprechen können.

Doch die vielen ausländischen Journalisten werden sich nicht mit
dem Propagandabild zufrieden geben. Sie wollen knackige Geschichten.
Konflikte sind programmiert, Chinas Funktionäre verstehen scharfe
Fragen als Beleidigung, schlüssige Antworten gehören nicht in ihr
Konzept, wie sich in den letzten Wochen immer wieder auf drögen
Olympia-Pressekonferenzen gezeigt hat. Sie haben nichts von den
Erfahrungen in Sichuan gelernt. Dort durften Journalisten zumindest
in den ersten Tagen ohne Gängelei nach der Wahrheit suchen. Das
Ergebnis waren Berichte, die von Sympathie, Mitgefühl und Respekt
getragen waren. Stattdessen werden Journalisten nun in Peking als
Nörgler und Störenfriede angesehen.

Würden die Politiker mehr Offenheit wagen und Kritik gelassener
hinnehmen, könnten sie die Welt für sich einnehmen mit ihrer - für
ein Land der Dritten Welt - erstaunlich gut geführte Hauptstadt. Doch
Proteste wollen sie in Parks verbannen, ob sie Kundgebungen überhaupt
erlauben, bleibt fraglich. Die KP will der Welt perfekte Spiele
zeigen, ein perfektes China, eine perfekte Hauptstadt. Dafür räumen
sie alles aus dem Weg, was dieses Bild stören könnte. Das alles
spricht für perfekte Spiele und nicht für eine fröhliche Begegnung
von Sportlern aus aller Welt. Womöglich werden die Funktionäre eine
große Chance verpassen.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

150312

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Wert der Kinder Kommentar VON MARTIN KESSLER Düsseldorf (ots) - Kinder haben nicht für Familien, sondern auch für die Gesellschaft einen sehr hohen Wert. Der Staat erkennt das an, indem er Familien finanziell entlastet und die Ausbildung der Kinder fördert. Das wichtigste Instrument dafür ist das Kindergeld. Trotz der beachtlichen Leistungen von annähernd 200 Milliarden Euro für die Familie übersteigen die Kosten für Kinder noch immer bei weitem die Zuschüsse. Zum Teil muss das sein. Denn Kinder stellen auch einen Reichtum dar, dessen Finanzierung nicht allein der Staat tragen muss. mehr...

  • Rheinische Post: Deutsche Hingabe Kommentar VON REINHOLD MICHELS Düsseldorf (ots) - Betrachtet man den deutschen Gemütszustand zwischen Mäkelei über die nationale Politik sowie befremdlicher Hingabe an den US-Völkerapostel Obama, kommen einem wirkliche Titanen in den Sinn: Bismarck, Churchill, Adenauer. Bismarck ironisierte den Hang seiner Landsleute zum Jammern beim Prosit der Gemütlichkeit: Sie liebten es, beim Biere ihre Regierung zu kritisieren. Übertragen auf 2008 heißt das: Die Arbeit der Regierung kann sich sehen lassen; dennoch bleibt die Lust am Verdruss. Adenauer misstraute dem politischen mehr...

  • Westdeutsche Zeitung: Die Regierung muss endlich in Berlin konzentriert werden = von Friedrich Roeingh Düsseldorf (ots) - Der CO2-Ablass, den sich die Bundesregierung für ihre exzessiven Reisetätigkeiten auferlegt hat, trägt erste Früchte. Endlich wird für jedermann sichtbar, welche absurden Auswüchse die Verteilung der Bundesregierung auf die Standorte Berlin und Bonn zeitigt. 66 000 Dienstreisen im Jahr mit dem Flugzeug, mit dem ICE und mit dem Dienstwagen blasen nicht nur 20 000 Tonnen Kohlendioxid in die Luft. Sie vernichten zugleich kostbare Arbeitszeit und lähmen den Regierungsbetrieb. Wer das nicht wahrhaben will, muss nur etwas mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Mitgliederschwund bei SPD und CDU Volksparteien ohne Volk Cottbus (ots) - Es gibt noch Politikentwürfe, für die wir uns begeistern können. Und wenn wir selbst begeistert sind, können wir auch andere begeistern. - Beide Sätze stammen von dem prominentesten der vielen Mitglieder, die die SPD in den vergangenen Jahren verloren hat. Gesprochen wurden sie im Jahre 1995. Und derjenige, der die Delegierten des legendären Mannheimer Parteitags damit zu Beifallsstürmen trieb, war am Ende Vorsitzender der altehrwürdigen SPD. Mittlerweile ist die Begeisterung der Sozialdemokraten für Oskar Lafontaine zwar mehr...

  • Lausitzer Rundschau: Erstes Urteil zum Siemens-Schmiergeldskandal Wenig Rückgrat Cottbus (ots) - Ist es so verwerflich, was Ex-Siemens-Direktor Reinhard S. jahrelang organisiert hat? Er hat Geldmittel in Millionenhöhe bereitgestellt, um damit ausländische Potentaten und andere Entscheidungsträger zu schmieren, damit bei Siemens eingekauft wird und damit Arbeitsplätze - auch in Deutschland - gesichert wurden. Doch ehe ihm ein Orden angeheftet und die bei Siemens betriebene Auslands-Korruption als Kavaliersdelikt verniedlicht wird, sollte bedacht werden, was der Vorsitzende der Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht München mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht