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WAZ: Zum Bundeswehr-Gelöbnis. Stein des Anstoßes - zu Unrecht. Leitartikel von Rolf Potthoff

Geschrieben am 20-07-2008

Essen (ots) - Der Stahlhelm - er hat für Deutsche seine besondere
Bedeutung. Gedanken daran sind Gedanken an den Krieg, der Europa in
Trümmer legte und Abermillionen Opfer forderte. Der deutsche Soldat
war Inbegriff für Schrecken und Tod. Dass er nur einen "sauberen
Krieg" geführt habe, ist seit den dokumentierten "Verbrechen der
Wehrmacht" als Legende entlarvt. Selbst hohe Militärs, die zu
Stauffenbergs Kreis der Hitler-Attentäter gehörten, wussten um die
"Liquidierung" von Zivilisten, nahmen sie duldend hin, wie es Henning
von Treskow im Russlandfeldzug offenbar tat. Und nicht wenige
Soldaten, die den Krieg als monströses Unrecht erkannten, machten
weiter, weil sie den Fahneneid feierlich auf den "Führer" hatten
ablegen müssen.

Diese furchtbaren Erfahrungen haben das Nachkriegsdeutschland
geläutert. "Staatsbürger in Uniform" sollte der Soldat werden: Das
war das Ziel, als das Parlament in den 50er-Jahren die Bundeswehr ins
Leben rief, mit dem Prinzip einer der Demokratie verpflichteten
Inneren Führung.

Zu dieser Bundeswehr gehört auch das Gelöbnis. Die Zeremonie ist
Tradition; ihre Pflege gibt Halt, verleiht der Truppe Struktur.
Allerdings sind an Militär-Rituale gerade bei uns dunkle Erinnerungen
geknüpft. Und das mystische Gehabe mit Fackel und Trommeln wirkt
drohend, also längst überholt. Aus diesem Grund sind diejenigen zu
respektieren, die das Ritual kritisieren.

Doch - obwohl sich gegen die dumpfe Zeremonie vieles im Inneren
sträubt: Bundeswehr-Gelöbnisse sind kein Ausdruck einer
militaristischen, gar braunen Verklärung. Sie sind kein Indiz für
martialische Schwärmerei - dazu ist die Bundeswehr zu tief verankert
in unserer zivilen Gesellschaft. Und auch das sei zornigen Eiferern
gesagt: Dem Gelöbnis am 20. Juli, dem Hitler-Attentats-Tag, waren
bereits Polens damaliger Präsident Kwasniewski und der damalige
Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel,
zugegen - die Menschen, die sie repräsentierten, haben unsagbar
gelitten unter deutschem Regime.

Umso bitterer war die Absage etlicher Parlamentarier an die
Berliner Zeremonie. Hatten sie keine Lust, ihren Sommersonntag zu
"opfern"? Ist die Bundeswehr fern ihres Interesses? Es wirft ein
mieses Licht auf die, die sonst so gönnerhaft und pathetisch über
"unsere Truppe" schwadronieren. Es ist eine schäbige Haltung derer,
die Soldaten in Einsätze schicken, die ihren Tod bedeuten können.
Merkels und Steinmeiers Zusagen haben Bundeswehr und Politik im
letzten Moment eine Blamage erspart.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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