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Deutsche Umwelthilfe fordert "grundlegende Änderungen" am Verbraucherinformationsgesetz

Geschrieben am 29-05-2006

Berlin (ots) -

- Querverweis: Ein Dokument liegt in der digitalen
Pressemappe zum Download vor und ist unter
http://www.presseportal.de/dokumente abrufbar -

Regierungsfraktionen dürfen sich von Minister Seehofer nicht auf
Klientelpolitik für die Wirtschaft verpflichten lassen - DUH verweist
bei heutiger Ausschussanhörung auf offenen Widerspruch zu Aussagen im
Koalitionsvertrag und erinnert an die Grundsatzkritik der so
genannten Oettinger-Kommission - Mehr Transparenz für Verbraucher
auch verfassungsrechtlich geboten

Das geplante Verbraucherinformationsgesetz (VIG) verstößt auf
eklatante Weise gegen Leitsätze der Verbraucherpolitik, die die Große
Koalition vor einem halben Jahr in ihrem Koalitionsvertrag
festgeschrieben hatte. Darauf weist die Deutsche Umwelthilfe e. V.
(DUH) anlässlich der Sachverständigenanhörung hin, die am heutigen
(Montag) Nachmittag vor dem Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz des Bundestages stattfindet. In der
Koalitionsvereinbarung hatten Union und SPD versichert,
Verbraucherpolitik müsse "ein Gleichgewicht zwischen Verbraucher- und
Wirtschaftsinteressen suchen", Verbraucher und Wirtschaft sollten
sich "auf gleicher Augenhöhe gegenüberstehen".

"Die Kluft zwischen Worten und Taten könnte größer kaum sein",
sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. "Wir müssen befürchten,
dass das bestehende Kräfteungleichgewicht zwischen Verbraucherinnen
und Verbrauchern auf der einen und Behörden und Unternehmen auf der
anderen Seite jetzt noch einmal gesetzlich festgeklopft werden soll.
Die einen bleiben in ihrer Rolle als Transparenz einfordernde
Bittsteller gefangen, die anderen entscheiden nach Gutsherrenart, ob
sie Offenheit praktizieren wollen oder doch lieber täuschen, tarnen
und verschweigen". Nach Gammelfleischskandal und Druckchemie in
Kartonsäften sei der dem Bundestag vorliegende Gesetzentwurf "das
Gegenteil einer vertrauensbildenden Maßnahme".

Resch erinnerte daran, dass die vom Stuttgarter
Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU) berufene
Verbraucherkommission Baden-Württemberg den vom Hause Seehofer
erarbeiteten und von den Regierungsfraktionen eingebrachten
VIG-Entwurf in einer einstimmig beschlossenen Stellungnahme fast
gleich lautend kritisiert hatte wie die DUH. Das allein müsse den
Abgeordneten von Union und SPD zu denken geben. Dies umso mehr als
die Oettinger-Kommission auch ausdrücklich betont, dass
Informationsungleichgewichte zwischen Anbietern und Verbrauchern zu
überhöhten Preisen für schlechte Güter führten, während sich
höherwertige Güter nicht zu angemessenen Preisen absetzen ließen. "Es
muss Schluss damit sein, dass sich die Koalitionsfraktionen mit
´Formulierungshilfen´ aus dem Hause Seehofer auf eine Klientelpolitik
für die Wirtschaft verpflichten lassen", so Resch.

Für die Deutsche Umwelthilfe wird die Leiterin Verbraucherschutz
und Recht, Cornelia Ziehm, den Gesetzentwurf bei der
Bundestagsanhörung am Nachmittag analysieren. Im Ergebnis ist das
geplante Gesetz nach Überzeugung der DUH "nicht geeignet, Transparenz
herzustellen und die unstreitig bestehenden strukturellen
Informationsasymmetrien zu Lasten der Verbraucherinnen und
Verbraucher zu beseitigen." Kritisch bewertet Ziehm insbesondere,
dass nach dem Wortlaut des VIG-Entwurfs die Behörden nicht
verpflichtet werden sollen, die Bevölkerung aktiv und von sich aus
zum Beispiel über Funde belasteter Lebensmittel zu unterrichten.
Auskunftsansprüche gegenüber privaten Unternehmen sind überhaupt
nicht vorgesehen, obwohl gerade sie Ausdruck moderner und
vertrauensbildender Verbraucherpolitik wären. Informationsbegehren
gegenüber Landes- oder Bundesbehörden sollen zudem von vornherein auf
einen engen Anwendungsbereich eingeschränkt werden, nämlich auf
Erzeugnisse im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzes
(LFGB). Wie ein Transparenz-Verhinderungsgesetz erscheinen darüber
hinaus die überaus weit reichenden Ausnahmetatbestände. So sollen
etwa die Unternehmen - ohne jede inhaltliche Begründung - selbst
bestimmen können, welche Daten unter das Betriebs- oder
Geschäftsgeheimnis fallen und deshalb nicht zur Verfügung gestellt
werden müssen. Dies können sie sogar noch im Nachhinein tun, also
nachdem sie von den Behörden über einen Auskunftsantrag aus der
Bevölkerung unterrichtet wurden. Außerdem werden darüber hinaus
"sonstige wettbewerbsrelevante Informationen, die in ihrer Bedeutung
für den Betrieb mit einem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis
vergleichbar sind", von der Bekanntgabepflicht befreit. Damit gehen
die Ausnahmetatbestände weit über diejenigen hinaus, die andere
Informationsgesetze, wie beispielsweise das Umweltinformationsgesetz,
zum berechtigten Schutz privater Unternehmen vorsehen.
"Verfassungsrechtlich geboten ist das keineswegs. Im Gegenteil, auch
das Bundesverfassungsgericht betont die Sicherung der Transparenz und
des Informationszugangs im Rahmen der grundrechtlichen
Schutzpflichten des Staates", so Ziehm.

Am Beispiel der Kontamination von Kartonsäften mit der
Druckchemikalie ITX zeigt Ziehm konkret auf, dass das jetzt von Horst
Seehofer und der Großen Koalition geplante VIG an der
Informationsblockade der vergangenen Monate nichts ändern würde.
Die DUH schlägt daher grundlegende Korrekturen an dem geplanten
Entwurf vor. So müsse den Bürgerinnen und Bürgern, mindestens aber
Verbraucherorganisationen ein gesetzlicher Informationsanspruch auch
gegenüber privaten Unternehmen eingeräumt und der Anwendungsbereich
des Gesetzes auf Produkte jenseits des Lebensmittelbereichs und auf
Dienstleistungen ausgeweitet werden. Außerdem fordert die DUH eine an
entsprechende Regelungen im bestehenden Umweltinformationsgesetz
angelehnte restriktive Definition des Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisses, um einem Missbrauch der geplanten offenen
Regelung durch betroffene Unternehmen vorzubeugen.

(Die vollständige schriftliche Stellungnahme der DUH zur heutigen
Bundestagsanhörung finden Sie im Anhang dieser Pressemitteilung).

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=22521
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Tel.: Mobil.: 0171 3649170, Fax.: 030 258986-19,
E-Mail: resch@duh.de

Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Verbraucherschutz und Recht, Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax.: 030 258986-19,
Mobil: 0160 5337376, E-Mail: ziehm@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Tel.: 030 258986-0, Fax.: 030 258986-19,
Mobil: 0171 5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de


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