(Registrieren)

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur Köhler-Rede

Geschrieben am 22-05-2006

Leipzig (ots) - Horst Wer?, lästerte ironisch der Boulevard, als
die damaligen Oppositionsführer Merkel und Westerwelle den weithin
unbekannten Chef des Internationalen Währungsfonds, Köhler, zum neuen
Bundespräsidenten kürten. Doch der Wirtschaftsexperte mit globalem
Horizont machte ganz im Sinne seiner schwarz-gelben Förderer
erfrischend offenherzig und kompetent auf sich aufmerksam, jenseits
der altgewohnten Partei-Worthülsen: als unermüdlicher Forderer von
Reformen. Mit Vorfahrt für Arbeit und dem Über-Bord-Werfen von
Ballast müsse Deutschland endlich zu alter Bedeutung zurückkehren und
den Anschluss an die globalisierte Welt finden, argumentierte der
Bundespräsident über den Tellerrand hinaus. Dass er sich dabei den
Zorn von Rot-Grün zuziehen würde, war kalkuliert.

Köhler sollte der Wegbereiter für einen Politikwechsel in
Deutschland sein. Doch Merkels und Westerwelles Plan ging gründlich
daneben. Mit der schwarz-roten Koalition kam alles ganz anders. Der
mutige Modernisierer Köhler ist seitdem weitgehend verstummt. Horst,
wo?, Horst, was?, Horst, wie? Das sind die Fragen, deren Antworten
der Bundespräsident nach seinem furiosen Start nun schuldig bleibt.
Ausgerechnet neben der Kanzlerin seiner eigenen Partei, der CDU, ist
er dazu verurteilt, sich meistens auf die Zunge zu beißen, anstatt
lautstark notwendige Veränderungen anzumahnen. Eine präsidiale
Reformpflanze im falschen Biotop.

Wie sehr sich Köhler schon selbst zurückgenommen hat, beweisen
seine auf dem DGB-Bundeskongress nur noch mit gezogener Handbremse
vorgebrachten Reformideen. Wenigstens ließ er der großen Koalition
nicht alles durchgehen: Die müsse mehr gegen die
Massenarbeitslosigkeit tun. Tarifverträge müssten noch flexibler
werden. Die Sozialsysteme seien zu teuer. Und die Steuererhöhungen
würden nicht überwiegend zur Senkung der Lohnnebenkosten eingesetzt.
Trotz dieser zutreffenden, aber milden Kritik ließ die Regierung
Köhler kühl auflaufen. Man höre die Präsidentenworte "mit großem
Respekt", säuselt es aus dem SPD-geführten Finanzministerium. "Wir
bauen die Schulden ab", deswegen brauche der Staat mehr Geld, biegt
sich CDU-General Pofalla irreführend die Realität zurecht.

Das Dilemma Köhlers ist offensichtlich: Nicht nur die SPD, die er
für eine mögliche Wiederwahl noch gebrauchen könnte, reagiert mit
offener Ablehnung auf seinen liberalen Wirtschaftskurs. Auch in der
CDU wollen ihn viele politisch ruhig stellen, um den
Koalitionsfrieden nicht zu gefährden. Daraus resultiert die
Einsamkeit eines Bundespräsidenten mit unerwünschter Agenda im Berlin
der großen Koalition.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/2181 1558


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

13673

weitere Artikel:
  • Pflüger: Glatzen könnten WM kaputt machen "Was erlauben Strunz" am 22.05.2006, 23:30 Uhr auf N24. Weitere Ausstrahlung: 28.05.06, 10:05 Uhr. Berlin (ots) - Der Berliner CDU-Spitzenkandidat Friedbert Pflüger befürchtet, dass rechte Gewalt die Fußball-WM überschatten wird. "Ich habe Angst, dass die Glatzen uns die WM kaputt machen", sagte Pflüger am Montagabend in der N24-Sendung "Was erlauben Strunz". Die Rechtsextremen müssten daher "isoliert" werden. Auch die Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, warnte in der N24-Sendung: "Das ist wirklich Anlass, beunruhigt zu sein". Er fügte hinzu: "Wir werden auch die Folgen bei der WM zu spüren bekommen. mehr...

  • Pflüger: Berlin braucht Hilfe des Bundes für innere Sicherheit Berlin (ots) - "Was erlauben Strunz" am 22.05.2006, 23:30 Uhr auf N24. Weitere Ausstrahlung: 28.05.06, 10:05 Uhr. Berlin, 22.05.06 - Der Berliner CDU-Spitzenkandidat Friedbert Pflüger fordert angesichts der Kriminalitätsprobleme mehr Hilfe vom Bund. "Das, was sich in der Bundeshauptstadt abspielt, dass sie besonders belastet ist durch die hohe Zahl auch von nichtdeutschen Mitbürgern, ist doch klar", sagte Pflüger am Montagabend in der N24-Sendung "Was erlauben Strunz". Die Hauptstadt brauche als Aushängeschild daher stärker die Unterstützung mehr...

  • Rheinische Post: Der Präsident als Antreiber Düsseldorf (ots) - Von Stefan Reker Horst Köhler bleibt seiner Linie treu. Der Bundespräsident ist nicht nur der oberste, sondern inzwischen auch der hartnäckigste Antreiber für Reformen, die Deutschland wettbewerbsfähiger machen und somit Arbeitsplätze schaffen. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel in der großen Koalition zusehends auf die Rolle einer Moderatorin beschränkt ist, nutzt Köhler seinen Freiraum für unbequeme Botschaften. Gestern sprach er beim Gewerkschaftsbund denselben Klartext wie 2005 bei den Arbeitgebern: Vorrang mehr...

  • Rheinische Post: Sache der Polizei Düsseldorf (ots) - Von Reinhold Michels Zu den staatlichen Kernaufgaben - wie oft wurde das schon wiederholt - zählt die Gewährleistung von Sicherheit gegenüber äußeren und inneren Feinden. Bei islamistischen Terroristen verschwimmt das, weil sie von außen kommen, sich im Innern einnisten und Verbrechenspläne schmieden. Die Neonazis (dass es so etwas überhaupt wieder gibt nach der Mord-Raserei Hitlers, macht einen deutschen Patrioten schon fassungslos) wollen dem Land, wie wir es schätzen und geschützt wissen möchten, den Garaus machen. mehr...

  • Rheinische Post: Neuer Zwergstaat Düsseldorf (ots) - Von Doris Heimann Auf dem Balkan entsteht nun ein neuer Zwergstaat. Die Fragmentierung des ehemaligen Jugoslawien ist noch nicht abgeschlossen: Bald wird sich das Kosovo von Serbien lösen - die Verhandlungen laufen. Man kann über die "Balkanisierung des Balkans" lamentieren und den Kopf schütteln über den Hang zur Kleinstaaterei. Doch das ist eine typisch westeuropäische Sicht. Jetzt gilt der pragmatische Ansatz: Wenn die Völker des ehemaligen Jugoslawien viele kleine Staaten haben möchten, dann sollen sie sie bekommen mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht