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Deutsche Umwelthilfe begrüßt Beschluss des VG Schleswig: Europäischer Gerichtshof entscheidet über Abschalteinrichtungen und über Klagerechte der Deutschen Umwelthilfe im Dieselskandal

Geschrieben am 26-11-2019

Berlin (ots) - Entscheidung hat grundsätzliche Bedeutung für 9,9 Millionen
Besitzer von Diesel-Pkw mit unwirksamer Abgasreinigung - Nach Intervention des
Bundesverkehrsministeriums wurde 2017 Umweltverbänden kein Klagerecht zur
Überprüfung rechtswidriger Pkw-Zulassungen gewährt - EuGH-Vorlage des VG
Schleswig soll nun die Frage klären, inwieweit diese Einschränkung der
Klagerechte von Umweltverbänden gegen Unionsrecht verstößt - In der anhängigen
Klage möchte die DUH die Unzulässigkeit von sogenannten Thermofenstern klären
lassen - Sollte der EuGH die Klageberechtigung der DUH in dieser Sache
bestätigen, könnten Millionen Software-Updates als rechtswidrig eingestuft und
Hardware-Updates zwingend notwendig werden - DUH rechnet in diesem Präzedenzfall
noch in 2020 mit einer Entscheidung für alle Automobilhersteller, die mit
Billigung des Kraftfahrt-Bundesamtes bei winterlichen Außentemperaturen
Abschalteinrichtungen verwenden

Im Verfahren der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen das Kraftfahrt-Bundesamt
(KBA) zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Freigabebescheids für den mit
illegaler Software ausgestatteten VW Golf mit dem Motor EA 189 hat das
Verwaltungsgericht Schleswig mehrere Vorabentscheidungsfragen an den
Europäischen Gerichtshof (EuGH) gestellt. Die DUH hatte geklagt, weil das Modell
auch nach den Software-Updates noch weitere Abschalteinrichtungen verwendet, die
bei Temperaturen unter +10 Grad Celsius die Abgasreinigung drastisch verringert
- sogenannte Thermofenster.

Der EuGH soll nun klären, ob die Einschränkung des Klagerechts der
Umweltverbände, wenn diese die Rechtswidrigkeit einer Produktzulassung rügen,
durch die Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes im Jahr 2017 zu Unrecht
erfolgte. Obwohl die dafür geltenden europarechtlichen Vorgaben eindeutig sind,
hatte seinerzeit der Gesetzgeber den Umweltverbänden in dem damals novellierten
Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz bei rechtswidrigen Produktgenehmigungen, wie die für
Autos, ein eindeutiges Klagerecht abgesprochen. Vorausgegangen war eine
Intervention des damaligen Staatssekretärs im Bundesverkehrsministerium
gegenüber dem Bundesumweltministerium.

Das VG Schleswig hat daher dem EuGH die Frage vorgelegt, ob sich ein solches
Klagerecht unmittelbar aus dem Unionsrecht ergibt, was die Rechtsauffassung der
DUH bestätigen würde, wonach den Umweltverbänden weitreichende Klagerechte
zustehen. Nach dem Recht der Europäischen Union und der Aarhus-Konvention, die
Deutschland ebenfalls unterzeichnet hat, sind solche Klagerechte vorzusehen.

Das VG Schleswig hat dem EuGH darüber hinaus Fragen zur Zulässigkeit von
Abschalteinrichtungen vorgelegt. Im Ergebnis ist damit zu klären, ob bloße
Software-Updates ohne hinreichende Minderungswirkung bei den realen
Stickoxid-Emissionen bei Fahrzeugen, in denen Hersteller illegale
Abschalteinrichtungen verbaut hatten, ausreichend waren, um die
Rechtskonformität der Fahrzeuge herzustellen. Die DUH ist zuversichtlich, dass
die nun vom EuGH vorzunehmende Prüfung die Rechtsauffassung der DUH bestätigt,
dass die vom KBA den Dieselkonzernen gestatteten temperaturgesteuerten
Abschalteinrichtungen nicht rechtskonform sind.

Hardware-Nachrüstungen aller betroffenen Fahrzeuge auf Kosten der Hersteller
könnten die Konsequenz sein. Da praktisch alle Diesel-Konzerne die durch das KBA
akzeptierten Thermofenster verwenden, können die Auswirkungen weit über VW
hinausgehen.

"Es ist ein großer Erfolg für unsere Arbeit, dass endlich die rechtwidrige
Beschränkung unserer Klagebefugnis im Interesse der von den Dieselkonzernen
geschädigten Fahrzeughalter vom Europäischen Gerichtshof geklärt wird. Mehr
noch: Erstmals soll sich der Europäische Gerichtshof dazu äußern, ob es zulässig
ist, Betrugsdiesel mit unwirksamen und im Einzelfall sogar die Realemissionen
erhöhenden Software-Updates weiter zuzulassen. Nach wie vor sind die
Dieselfahrer bei der Vertretung ihrer Interessen auf sich gestellt. Dies gilt
noch mehr für die Menschen, die unter den gesundheitlichen Folgen des
anhaltenden Betrugs leiden. Denn die Konsequenz ist die anhaltend hohe Belastung
mit dem Dieselabgasgift Stickstoffdioxid in vielen deutschen und europäischen
Städten. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, wie eine deutsche Behörde diesen
anhaltenden Missstand einfach hinnehmen kann. Wir hoffen auf eine Bestätigung
unserer Klagerechte, um sowohl die gesundheitlichen als auch die
verbraucherschutzrechtlichen Interessen endlich durchzusetzen", betont Jürgen
Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

"Der Europäische Gerichtshof wird die Reichweite der Klagerechte von
Umweltverbänden klären. Legt man seine jüngste Rechtsprechung zugrunde, ist zu
erwarten, dass er das Klagerecht auch dann bestätigen wird, wenn es sich gegen
Produktzulassungen wie die Typgenehmigung von Autos richtet. Die Rechtmäßigkeit
aller vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeuge ist daher wieder komplett offen.
Da die DUH gegen alle Freigabebescheide des KBA Widerspruch eingelegt hat, wären
alle vom Dieselskandal betroffenen Autos weiterhin illegal auf den Straßen, wenn
der EuGH die Thermofenster als rechtswidrig ansieht", so Rechtsanwalt Remo
Klinger, der die DUH in diesem Verfahren vertritt.

Die DUH hatte im April 2018 vor dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht
eine Untätigkeitsklage gegen das KBA eingereicht, welche sich gegen die Freigabe
bloßer Software-Updates zur Herstellung der Rechtmäßigkeit der Dieselautos
richtet. In mehreren am 13. Dezember 2017 entschiedenen Verfahren war das VG
Schleswig der Auffassung, dass die DUH nicht klageberechtigt sei. Gegen diese
Urteile werden noch Berufungsverfahren vor dem OVG Schleswig geführt. Wenige
Tage nach den erstinstanzlichen Urteilen des VG Schleswig urteilte aber der EuGH
in einem österreichischen Grundsatzurteil (Urt. v. 20.12.2017 - Rs. Protect,
C-664/15), dass die Klagerechte der Verbände sehr weit zu verstehen sind. Das VG
Schleswig lässt nun prüfen, ob dies auch für das deutsche Recht Konsequenzen
hat.

Links:
Beschluss des VG Schleswig: http://l.duh.de/p191126

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de

Prof. Dr. Remo Klinger, Geulen & Klinger Rechtsanwälte
0171 2435458, klinger@geulen.com

DUH-Pressestelle:
Ann-Kathrin Marggraf, Marlen Bachmann
030 2400867-20, presse@duh.de
www.duh.de, www.twitter.com/umwelthilfe,
www.facebook.com/umwelthilfe, www.instagram.com/umwelthilfe

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/22521/4450549
OTS: Deutsche Umwelthilfe e.V.

Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell


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