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Lausitzer Rundschau: Äpfel und Birnen Wie ein fataler Denkfehler eine Islam-Debatte entfacht

Geschrieben am 01-08-2014

Cottbus (ots) - Deutschland diskutiert über Gott und die Welt. Das
klingt gut - denn so häufig passiert das nicht. Der Anlass ist
weniger erfreulich. Es geht um einen Zeitungskommentar, in dem
Bild-Journalist Nicolaus Fest rät, in Asyl- und Einwanderungsfragen
Menschen mit muslimischem Hintergrund schlechter zu stellen als
Menschen, die aus einem anderen Kulturkreis stammen. Der Autor
spricht also Menschen aufgrund ihres Glaubens wesentliche
Menschenrechte - wie das auf juristische Gleichbehandlung oder Asyl -
ab. Eine Dummheit? Eine Provokation? Ein Hohn auf die Menschlichkeit?
Vielleicht von allem etwas. Wenn solch eine krude These aber die
Debatte über Gott und die Welt, über Religion und menschliche Werte
auf Touren bringt, womöglich sogar zu neuen Erkenntnissen führt, dann
möge es so sein. Einmal angenommen, Nicolaus Fest hat es gar nicht so
gemeint. Dann also macht es Sinn, den Ball aufzunehmen und zurück ins
Feld zu spielen. Denn einer aufklärenden Debatte über Religionen in
Deutschland bedarf es durchaus, erst recht, wenn das Thema wie im
beschriebenen Fall zu oft mit Vorurteilen und Halbwissen besprochen
wird. Das trifft übrigens nicht nur auf das Thema Islam zu, sondern
auch auf anderen Religionen wie das Christen- und das Judentum. Der
Autor des strittigen Kommentars bezeichnet sich als
religionsfreundlicher Atheist. Er glaube an keinen Gott, aber
Christentum, Judentum oder Buddhismus störten ihn auch nicht. "Nur
der Islam stört mich immer mehr." Anschließend zählt er verschiedene
Formen der Kriminalität auf und meint - ohne auch nur einen einzigen
Beleg anzuführen - es gebe eine "weit überproportionale Kriminalität
von Jugendlichen mit muslimischem Hintergrund". Spätestens an dieser
Stelle ist es geboten, ein Stoppzeichen zu setzen. Die Gleichstellung
von Islam (bezeichnet eine Religion) und Menschen, deren Eltern aus
einem bestimmten Kulturkreis kommen, aber in Deutschland aufgewachsen
sind ("Jugendlichen mit muslimischem Hintergrund" bezeichnet eine
soziale Gruppe) widerspricht jeder Logik. Ein Straftäter mit
"muslimischem Hintergrund" hat mit der Religion "Islam" genauso viel
(oder wenig zu tun) wie das Christentum oder der Atheismus mit
Straftätern aus einem christlichen oder atheistischen Milieu. Will
heißen: Weil ein Verbrecher das Kind atheistischer Eltern ist, heißt
das noch lange nicht, dass der Atheismus ein verbrecherisches
Weltbild vermittelt. Vor einigen Wochen veröffentlichte die
Universität Münster eine Langzeitstudie zur Jugendkriminalität. Sie
kam zu dem Ergebnis, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund nicht
krimineller als deutschstämmige seien. Es gibt auch andere Studien,
die zu anderen Ergebnissen führen. Es kommt immer ein wenig darauf
an, wie die Aufgabenstellung gefasst ist. Das ist Soziologie - immer
etwas relativ. Und nicht so spektakulär wie ein provokanter
Kommentar. Aber wenn es darum geht, zu neuen Erkenntnissen zu kommen,
die dazu taugen, einer Debatte mehr Gehalt und Tiefe zu geben, ist es
durchaus hilfreich, die Wissenschaft zu befragen, und das gerne auch
vor der Formulierung und Veröffentlichung wilder Thesen.



Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


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