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NRW-Landtagsanhörung zur Delfinhaltung - Eklat um SPD-Sachverständigen

Geschrieben am 28-04-2014

Hagen (ots) - Anlässlich der NRW-Landtagsanhörung am heutigen
Montag zum Piratenantrag, die Delfinhaltung zu verbieten, analysierte
das Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF) die vom Landtag im Vorfeld
veröffentlichten Stellungnahmen der Sachverständigen und bezeichnet
diese als "streckenweise falsch und unwissenschaftlich".

Der Piratenantrag zielt auf die Schließung des einzigen in
Nordrhein-Westfalen verbliebenen Delfinariums im Duisburger Zoo, das
seit Jahren in der massiven Kritik von Tierschützern aufgrund der
"hohen Todesraten und der katastrophalen Haltungsbedingungen" steht.
In einer letztjährigen Stellungnahme für den Bundestag bestätigte der
Leiter des Nürnberger Tiergartens, Dag Encke, dass in Duisburg von 26
Delfingeburten bisher nur sieben überlebt hätten. Das WDSF ermittelte
über 60 Todesfälle von Meeressäugern seit Bestehen des Duisburger
Delfinariums im Jahr 1965 und spricht vom "größten Delfinfriedhof
Europas". Das NRW-Umweltministerium bestätigte dem WDSF, dass alleine
in den letzten 22 Jahren 15 Delfine im Zoo-Delfinarium verstorben
sind.

Der Duisburger Zoodirektor Achim Winkler, der von der SPD als
Sachverständiger benannt wurde, bestreitet in seiner Stellungnahme
zum Piratenantrag, dass die Delfine an Verhaltensstörungen leiden
würden und argumentiert: "Es gibt wissenschaftliche Studien und
Publikationen, die belegen, dass die Delfine im Delfinarium die
gleichen Verhaltensmuster zeigen wie ihre Artgenossen im Freiland.
WDSF-Geschäftsführer Jürgen Ortmüller dazu: "Das Springen über
künstliche Hindernisse und nach Gegenständen wie Bällen in der Luft
ist Freiland-Delfinen fremd. Außerdem ziehen sie keine Boote mit
kleinen Kindern durch das Meer."

Winkler bestätigt in seiner Stellungnahme die Verabreichung von
Valium an die Delfine: "Fakt ist, im Duisburger Delfinarium werden
den Delfinen nur im krankheitsbedingten Ausnahmefall und nach
strikter Anweisung der zuständigen Tierärzte Psychopharmaka
verabreicht." Dem WDSF gewährte er bisher keine Akteneinsicht, sodass
die Tierschutz-Organisation Klage eingereicht hat, über die das
Verwaltungsgericht Düsseldorf Mitte des Jahres entscheiden will.
Weiterhin beruft sich Winkler auf die Erfolge bei der Lebenserwartung
der im Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) gehaltenen Delfine,
dem auch das Duisburger Delfinarium angehört.

Ortmüller: "Es ist Tatsache, dass der in Duisburg 13 Jahre lang
bis 2008 tätige Tierarzt Manuel Garcia Hartmann im letzten Jahr wegen
"mehrfacher fahrlässiger Tierquälerei" an Delfinen von der Schweizer
Staatsanwaltschaft mit einem Strafbefehl belegt wurde. In Duisburg
starben während seiner Amtszeit insgesamt fünf Delfine. Seitdem
Hartmann in Frankreich für ein Delfinarium arbeitet, starben dort
drei Delfine. In der Schweiz wurde er von der Justiz für den Tod von
zwei Delfinen im Jahr 2011 verantwortlich gemacht. Dieser Tierarzt
ist auch für die Führung des Zuchtbuchs von Delfinen im EEP mit
verantwortlich. Einschlägig Kriminelle dürften unseren Erachtens
nicht mit der tierärztlichen Obhut von sensiblen Meeressäuger betraut
werden."

Der zweite SPD-Sachverständige Wolfgang Rades (Leiter Vogelpark
Herborn) sorgte noch vor der Anhörung für einen Eklat. Er betont in
seiner Stellungnahme, dass er sich nicht als Experte für die Haltung
von Delfinen und Walen bezeichnen würde und sich erst seit 2012
"intensiver mit dem Themenkomplex Delphinarien" befasst hat. Vom
Delfinarium Duisburg sei er aber schon "als junger Mensch fasziniert
gewesen."

In seiner ablehnenden Stellungnahme zum
Delfinhaltungs-Verbotsantrag der Piraten verweist der Vogelkundler
mehrfach auf seine leitende Tätigkeit beim NABU und unterzeichnet
diese auch mit "NABU". Das brachte das NABU-Präsidium allerdings auf
die Palme. Gegenüber der Präsidentin des Landtags, Carina Gödeke,
distanziert sich der NABU-Landesvorsitzende Josef Tumbrinck
"ausdrücklich" von der Stellungnahme des Sachverständigen Wolfgang
Rades und teilt mit: "Die Absenderadresse wie auch der Text
vermittelt den Eindruck, dass Herr Rades auch für den NABU die
Stellungnahme abgibt und diese Stellungnahme die Meinung des NABU
wiedergibt. Dies ist nicht der Fall und ich stelle dies auch nach
Rücksprache mit dem NABU-Präsidium ausdrücklich klar. Er ist dazu
nicht autorisiert."

Rades rät den Tierschützern in seiner Stellungnahme sich lieber
den "immensen Problemen im Natur- und Artenschutz" zu widmen und
verweist auf die weltweit alljährlichen rund 300.000 Delfinbeifänge
und die "weiteren 25.000 Opfer der barbarischen Delfintreibjagden in
Japan, aber auch auf den zu Dänemark und somit zur EU gehörenden
Färöer-Inseln, sowie in Peru, Russland und Kanada."

Ortmüller vom WDSF dazu: "Es ist schon traurig, wenn ein
Sachverständiger sich mit fremden Federn schmückt und dann auch noch
die Färöer-Inseln zu Dänemark und damit zur EU rechnet. Das ist
falsch. Die Färöer-Inseln sind ein autonomer Staat und gehören nicht
zur EU, sonst wären die alljährlichen tausendfachen Delfinmassaker
dort nicht nach europäischen Recht legitim. Wir kämpfen seit Jahren
erfolgreich auf wirtschaftlicher, juristischer und politischer Ebene
gegen die Delfinbeifänge und gegen die Delfintreibjagden. Das
schließt aber nicht aus, gleichzeitig die katastrophalen
Haltungsbedingungen in Duisburg und Nürnberg aufzudecken,
anzuprangern und die Beendigung der Delfinhaltung zu fordern. Es
spricht auch nicht für die SPD, sich eines solch unqualifizierten
Sachverständigen zu bedienen."

Der FDP-Sachverständige Vincent Janik (St. Andrews Universität,
England) und auch der CDU-Sachverständige Theo Pagel (Präsident des
Verbandes Deutscher Zoodirektoren und Kölner Zoodirektor) kritisieren
massiv die Aussagen des von den Piraten zitierten Wissenschaftlers PD
Dr. Christian Schulze von der Ruhr-Universität Bochum, der sich
mehrfach in wissenschaftlichen Stellungnahmen kritisch und begründet
gegen die Delfinhaltung ausgesprochen hat. Sie fordern die
Delfinhaltung aus Forschungsgründen beizubehalten.

Ortmüller: "Diese Delfinarienbefürworter, die sich als
Wissenschaftler brüsten und von der Zooseite mit finanziert werden,
scheuen offenbar wie der Teufel das Weihwasser, wenn ein renommierter
Universitäts-Wissenschaftler wie Dr. Schulze, der eben nicht auf der
Finanzierungsliste der Zoos steht, sich kritisch zur Delfinhaltung
und zu teilweise unwissenschaftlichen Forschungsbeiträgen äußert. Der
Duisburger Zoodirektor Winkler spricht gar von der Bewertung eines
Laien. Warum einem Vogelkundler wie Wolfgang Rades mehr Gewicht
gezollt werden soll, lässt Winkler allerdings offen. Das Argument der
Forschung bringen die Japaner mit ihrem tödlichen Wal- und Delfinfang
auch, gleichwohl wird er weltweit verurteilt. Es darf weder einen
quantitativen noch einen qualitativen Unterschied zwischen einem
Forschungs- bzw. Haltungsstopp von Delfinen in Gefangenschaft und dem
japanischen Töten von Delfinen und Walen aus angeblichen
Forschungsgründen geben. Was wir selbst nicht wollen, dass es uns
widerfährt, sollten wir auch keinem Tier antun."

Das Wal- und Delfinschutz-Forum hofft, dass die Stellungnahmen der
Sachverständigen von Bündnis90/Die Grünen, Dr. Brensing (WDC) und Dr.
Maisack (Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht), und
für die Piratenpartei, Dr. Tanja Breining (PETA) und Nicolas Entrup
(Shifting Values), den Landtag überzeugen, die Delfinhaltung ebenso
wie in anderen europäischen Ländern zu beenden.

Gespannt ist WDSF-Geschäftsführer Ortmüller bei der Anhörung auf
die Befragung des Münsteraner Zoo-Direktors Jörg Adler. Das
Zoo-Delfinarium musste im letzten Jahr schließen, nachdem das WDSF
Mängel in den maroden Delfinhallen festgestellt hatte und das
Delfinarium keine 20 Millionen Euro für die Renovierung aufbringen
konnte. Drei Münsteraner Delfine wurden nach Holland in ein
Freiluftgehege transportiert. Zoo-Chef Adler hat bisher bestätigt,
dass der Allwetterzoo aufgrund der Schließung keinen
Besuchereinbruch, der in Duisburg befürchtet wird, zu verzeichnen
hatte.



Pressekontakt:
Jürgen Ortmüller
Gesellschafter-Geschäftsführer
Mobil: 0151 24030 952

Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF)
gemeinnützige UG (haftungsbeschränkt)
Möllerstr. 19
58119 Hagen

0049/(0)2334/919022 tel
0049/(0)2334/919019 fax

E-mail: wds-forum@t-online.de
www.wdsf.de

WDSF auf Wikipedia:
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