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DER STANDARD - Kommentar: "Bildungsblinde Schraubenfabrik" von Lisa Nimmervoll

Geschrieben am 11-04-2014

Wer ins Herz der Schule, den Unterricht, schneidet, begeht
staatlichen Zukunftsraub (Ausgabe vom 12/4/2014)

Wien (ots) - Österreich muss sparen. Für die Hypo. Wegen der Hypo.
Und überhaupt. Für die heilige Zahl, um die die Regierung im Namen
der Zukunft - und doch zukunftsvergessen - kreist: die Null. Ein
(strukturelles) Nulldefizit wär? doch was zum Herzeigen! Meint
Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP). Also Rotstift her und
Budgets der Ministerien gehörig zusammenstreichen. Da beginnt das
wahre Drama. Die Beliebigkeit, mit der dieses Spardiktat verordnet
wird, ist atemberaubend. Nicht genug damit, wie respektlos mit der
Wissenschaftscommunity umgegangen wurde und wird. Für die Forschung
gab es eine recht übellaunige, bis jetzt aber auch nur rhetorische
Finanzzusage ohne konkrete Zahlen, und die darbenden Universitäten
hängen überhaupt komplett in der Luft. Das ist inakzeptabel, eine
Schande. Aber es fügt sich ins Bild. Es zeigt sich eine Systematik
zunehmend autoritärer Geistfeindlichkeit und Bildungsabwehr. Denn
das, was - ausgerechnet! - den Schulen zugemutet wird, ist nicht
weniger als eine gefährliche Zerstörungsstrategie. Verordnete
Verblödung. Vorsätzlicher Chancenentzug. Staatlicher Zukunftsraub.
Alles, was von Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ)
nun recht lapidar verlautbart wurde, nimmt vielen Schülerkohorten
jede Chance, einigermaßen unbeschadet durch die Schule zu kommen,
geschweige denn, sie möglichst erfolgreich zu absolvieren. Im
zweitreichsten Land der EU wird das Schulsystem willentlich auf einen
Minimalstandard heruntergefahren. Und niemand in der Regierung
schreit auf? Wer in aller Welt glaubt denn ernsthaft, dass man in
einer Oberstufenklasse mit 36 Pubertierenden guten Unterricht machen
kann? Gerade in diesem sensiblen Alter kommt der besonders schwierige
Übergang in eine für viele - so sie nicht gerade von einer
AHS-Unterstufe in die dann nicht ganz so fremde Oberstufe wechseln -
komplett neue Schulform. Das setzt bei Schülern und Lehrern enorme
Transformationskräfte voraus, die mit jedem Schüler mehr in der
Klasse an und über die Grenzen des Machbaren gehen. Die Folgen sind
absehbar: So etwas produziert Schulabbrecher. Tolle Idee. Das
unterläuft alle Ideale von Bildung und Schule so dermaßen, dass man
es kaum glauben mag. Schon die Diktion ist verräterisch und zeigt, im
günstigsten Fall, eine Ahnung vom bösen Potenzial, das dieses
Schulsparpaket hat. Die Ministerin sprach beschönigend davon, da "ein
bisschen schrauben" zu wollen und dort "ein bisschen zu drehen" -
aber am Ende ist die ganze Maschinerie namens Schule kaputt. Sie muss
Spindel?eggers budgetäre Zumutung exekutieren. Muss sie? Nein. Müsste
sie nicht, wenn irgendjemand in dieser Regierung auf die Idee käme,
dass das der falscheste Ort ist, um ein Budget zu sanieren. Wenn die
Unterrichtsministerin tatsächlich gezwungen wird, tief ins Herz der
Schule - den Unterricht, die Beziehung zwischen Lehrern und Schülern
- hineinzuschneiden, dann schneidet das ins eigene Fleisch. Am Ende
mag vielleicht das Budget wieder in Form sein. Aber die gut
ausgebildeten Menschen, die wir als Gesellschaft, als Volkswirtschaft
und als Demokratie brauchen, die werden dann Mangelware sein, wenn
die Schulen noch mehr ruiniert werden. Es wäre das Werk
bildungsblinder Machttechniker und Regierungsbuchhalter im Zeichen
der Null, die ihren Politikerjob mit der Leitung einer
Schraubenfabrik verwechselt haben.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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