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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur gescheiterten ESM-Klage

Geschrieben am 18-03-2014

Bielefeld (ots) - Die Kläger sind gescheitert. Aber sie haben sich
um Europa verdient gemacht. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes
über den dauerhaften ESM-Rettungsschirm mag - je nach Standpunkt -
entweder als Bestätigung oder als Niederlage gesehen werden. Aus dem
europäischen Blickwinkel bringt es eine wohltuende Klärung. Gerade in
den Verhandlungen über die Vollendung die Bankenunion, die heute in
Brüssel auf der Tagesordnung steht: Denn die Richter haben deutlich
gemacht, dass die Bundesrepublik keine europäischen Verpflichtungen
eingehen darf, die nicht vom Bundestag gebilligt wurden. Nichts darf
die Hoheit der Abgeordneten schmälern. Der ESM wurde rechtlich sauber
installiert. Das steht fest. Aber die Versuchung, sich über
verfassungsrechtliche Prinzipien hinwegzusetzen, bleibt groß. Niemand
darf ihr erliegen - kein Bundesfinanzminister, kein Kanzler, kein
Europa-Politiker. Diese Deutlichkeit der Verfassungsrichter muss
jeder als wohltuend und richtig empfinden. Seit dem Ausbruch der
Krise hat die Euro-Zone mehr Tabus gebrochen, als man je glaubte, den
Wählern zumuten zu können. Als die ersten Banken in Schwierigkeiten
gerieten und von ohnehin überschuldeten Staaten gestützt werden
mussten, gab es noch das strikte Verbot, einem klammen Nachbarn mit
Gemeinschaftsmitteln unter die Arme zu greifen. Heute stehen wir kurz
vor der Einführung der gemeinsamen Haftung aller für einen in der
Bankenunion. In diesen Jahren wurden Hilfspakete geschnürt,
Rettungsschirme aufgespannt und - was zeitweise undenkbar schien -
der weitaus größere Teil der Schuldensünder auf den Pfad der Tugend
zurückgeholt. Die Gemeinschaft hat sich einen dauerhaften
Stabilitätsmechanismus gegeben, der die gegenseitige Haftung an hohe
Kriterien bindet. Dadurch wuchs die EU zusammen - sie steht heute
angesichts neuer außenpolitischer Herausforderungen geschlossener da
als vor sechs Jahren. Der ESM hat sich so sehr bewährt, dass er
bisher kaum gebraucht wurde. Das Gerede von der eigenen Sanierung
mit billigem Geld aus der eigenen Familie war immer Unsinn. Die Angst
davor blieb berechtigt. Zu oft hatten Regierungen ihre nationale
Eigenständigkeit zum Schuldenmachen ausgenutzt und sich nicht um
Disziplinierungsversuche aus Brüssel gekümmert. Der ESM hat nicht
bewirkt, dass die Leichtfertigkeit im Umgang mit Steuergeldern auf
europäischer Ebene fortgesetzt werden konnte. Im Gegenteil:
Schuldenabbau wurde als Tugend wiederentdeckt. Dass das
Bundesverfassungsgericht den Umgang mit dem deutschen Anteil strikt
an das Votum des Bundestages gebunden hat, kommt da gerade recht. Es
macht klar, dass wir uns keineswegs blind an Europa verkauft, sondern
tatsächlich das getan haben, was Bundespräsident Joachim Gauck als
»Solidarität für Europa« bezeichnet hat.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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