(Registrieren)

Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Ministerrücktritt im Fall Edathy Nicht zu fassen CARSTEN HEIL

Geschrieben am 14-02-2014

Bielefeld (ots) - Unabhängig davon, wie die strafrechtlichen
Ermittlungen gegen Sebastian Edathy ausgehen, wirft der Fall ein
Licht auf den Umgang der Mächtigen mit dem Recht. Als gälte für sie
das Gesetz nicht, plauderte mit Hans-Peter Friedrich ein amtierender
CSU-Innenminister über Ermittlungen gegen einen Politikerkollegen.
Und dessen SPD-Gesprächspartner Sigmar Gabriel hat nichts Besseres zu
tun, als weitere Mitwisser ins Vertrauen zu ziehen. Wie auf dem
Schulhof. So verwerflich schon der Besitz kinderpornografischen
Materials (egal welcher Kategorie) ist, so erschreckend ist der
Rechtsbruch eines Verfassungsministers, Dritte über Ermittlungen dazu
zu informieren. Denn kaum etwas anderes stellen Friedrichs
Plaudereien dar. Da ist es nur konsequent, dass der heutige
Landwirtschaftsminister von seinem Posten zurücktritt. Ein Akt von
erzwungener Resthygiene, der nur möglich wurde, weil die
Öffentlichkeit nachgebohrt hat. Und weil Kanzlerin Angela Merkel sich
das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen lassen wollte. Denn
sie war es, die ihren Minister schließlich zur Aufgabe gezwungen hat.
Ursprünglich hatten Friedrich, Gabriel und die weiteren Beteiligten
wohl gedacht, sie kämen mit ihrem gemauschelten Rechtsbruch durch.
Nach der Devise: Alles nicht so wild, wir regeln das schon mit
unserem Netzwerk der Macht. Jetzt, da Friedrich zurückgetreten ist,
wird sich das Interesse auf die beteiligten Spitzengenossen richten.
Auf Sigmar Gabriel und vor allem den heutigen
SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann. Wie konnte eine so
sensible Information so leichtfertig weitergetratscht werden? Das ist
nur eine von vielen Fragen, die beantwortet werden müssen. Oppermann
ist selber Jurist, er weiß, wie mit solchen Informationen umzugehen
ist: verschwiegen bis gar nicht. Ist das alles nur Schusseligkeit?
Oder rutschen Macher und Mächtige automatisch, langsam, aber stetig
in Allmachtsgedanken? Ihnen widerspricht kaum noch jemand,
juristische und moralische Korrektive werden seltener, je mehr ein
Mensch Karriere macht. Altkanzler Helmut Kohl stellte sich zuletzt
und fortgesetzt über Recht und Gesetz, indem er die Spender der
Parteienfinanzaffäre nicht nannte. Bayern-Boss Uli Hoeneß will auch
im Falle einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung nicht
automatisch von seinem Vereinsamt zurücktreten, sondern die
Mitglieder über seine Zukunft entscheiden lassen. Das sind nur zwei
Beispiele, bei denen sich Mächtige wichtiger nehmen als das Recht.
Der SPD-Spitze ist deshalb aktuell dringend zu raten, reinen Tisch zu
machen und nicht den Schwarzen Peter hin und her zu schieben oder auf
Tauchstation zu gehen. Die unterschiedlichen Wahrnehmungen von
Fraktionschef Thomas Oppermann und BKA-Präsident Jörg Ziercke über
ein Telefonat zum Thema Edathy geben Anlass für weitere Recherchen.
Und zumindest der Verdacht liegt sehr nahe, dass es ein Genosse war,
der den Parteifreund Eda-thy vor den Ermittlungen gewarnt hat, ihm
damit eventuell ermöglicht hat, Beweismaterial beiseitezuschaffen.
Der Fall ist noch nicht zu Ende. Und auch nicht zu fassen.



Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

512101

weitere Artikel:
  • Lausitzer Rundschau: Durch und durch unappetitlich Der Rücktritt von Minister Friedrich und die Edathy-Affäre Cottbus (ots) - Das politische Überleben von Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich hing seit Bekanntwerden der Edathy-Affäre nur an einem seidenen Faden. Und dieser Faden ist in kürzester Zeit gerissen. Das hat die Republik in dieser Form wohl noch nie erlebt. Ein Minister, gegen den absehbar ermittelt wird, ist politisch nicht mehr tragbar. Deshalb war der Rücktritt von Friedrich nicht zu vermeiden. Aber noch etwas hat eine gewichtige Rolle gespielt: Den Rücken stärken wollte Friedrich innerhalb der Bundesregierung keiner mehr...

  • Mittelbayerische Zeitung: Richtig wachsen / Kommentar zur Konjunktur Regensburg (ots) - So erfreulich die europaweite wirtschaftliche Erholung, das wachsende Bruttoinlandsprodukt und vor allem der Anstieg bei den Investitionen ist: Die Lehren der Krise dürfen nicht in Vergessenheit geraten. So hatte die 2010 vom Bundestag eingesetzte Enquete-Kommission Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität vergangenen Sommer in ihrem Abschlussbericht davor gewarnt, Wohlstand lediglich an den Prozentzahlen des BIP abzulesen. Neben materiellem Wohlstand sollen laut Bericht auch die Dimensionen Soziales/Teilhabe sowie "Ökologie" mehr...

  • Westfalen-Blatt: zu Friedrichs Rücktritt Bielefeld (ots) - Freiwillig ist Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich nicht gegangen. Das war in seiner 60-Sekunden-Erklärung am Freitag deutlich zu spüren. Er sprach von gestiegenem Druck und nachlassender Unterstützung. Wenn ihn nicht die Kanzlerin zum Rücktritt gedrängt hätte, wäre Friedrich in seinem Amt geblieben, als ob nichts gewesen wäre. Ganz schön dreist. Der im Raum stehende Vorwurf eines möglichen Geheimnisverrates ist schließlich kein Pappenstiel. Doch Friedrich hatte zunächst eine andere Strategie gewählt. mehr...

  • Westfalen-Blatt: zum Thema Italien Bielefeld (ots) - Wenn in einem Land innerhalb von vier Jahren viermal der Regierungschef wechselt, ohne vom Volk gewählt worden zu sein, dann befindet sich der Staat in einer veritablen Krise. Mithin auch die Staatsform der parlamentarischen Demokratie. Vor der Finanz- und Wirtschaftskrise hat Europa italienische Verhältnisse (65 Regierungen in 69 Jahren seit dem Zweiten Weltkrieg) als politische Folklore noch hingenommen. Doch das ist vorbei. Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft in der Euro-Zone und deswegen, wenn man so mehr...

  • Westfalen-Blatt: zum Thema Inklusion Bielefeld (ots) - Eines vorweg: Der gemeinsame Unterricht von Behinderten und Nicht-Behinderten ist ein erstrebenswertes Ziel. Viele Schüler mit Förderbedarf sind in Regelschulen besser aufgehoben, erhalten erst dort die Möglichkeit, ihre intellektuellen Fähigkeit voll zu entfalten. Bei der Umsetzung der Inklusion überfordert das Land allerdings die Beteiligten. Hier zählt Eile vor Sorgfalt, gut gemeint scheint besser zu sein als gut gemacht. Wenige Monate vor der Nagelprobe mit dem rechtsverbindlichem Anspruch für Schüler in den mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht