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Wer zahlt am Ende die Zeche? / Annäherung der Kontrahenten beim BLM-Forum zum Thema "Kabel-Einspeise-Entgelte auf dem Prüfstand"

Geschrieben am 29-11-2013

München (ots) - Ist am Ende der Kabelkunde der Leidtragende in der
Auseinandersetzung um die Kabel-Einspeise-Entgelte, indem er den
Haushaltsbeitrag für die öffentlich-rechtlichen Sender und dazu noch
erhöhte Kabelgebühren zahlt? Das könnte zumindest eine Folge des
Streits zwischen ARD und ZDF auf der einen und den großen
Kabelnetzbetreibern Kabel Deutschland und Unity Media auf der anderen
Seite sein. Auch wenn sich beim BLM-Forum "Must carry - must offer -
must pay?" am 27. November eine Annäherung zwischen den Kontrahenten
abzeichnete, werden vermutlich am Ende die Gerichte entscheiden.
Einig waren sich die Diskutanten zumindest in der Frage, dass die
betroffenen Marktteilnehmer lieber "gemeinsame Anstrengungen"
unternehmen sollten, um die Digitalisierung voranzubringen.

Worum geht es in diesem Konflikt und wie wirkt er sich auf die
Öffentlichkeit aus? Nachdem ARD und ZDF ihre Einspeiseverträge mit
Kabel Deutschland und Unity Media Mitte 2012 gekündigt hatten, zahlen
sie seit Januar 2013 keine Entgelte mehr an die großen
Kabelnetzbetreiber, denen dadurch Einnahmen von rund 60 Mio. Euro
inkl. MwSt. pro Jahr verloren gehen. Als Reaktion darauf haben die
Netzbetreiber in mehreren Schritten einige öffentlich-rechtliche
Programme aus der analogen und digitalen Kabelverbreitung genommen,
die nicht den Must-Carry-Vorgaben unterliegen. Letztendlich, so
BLM-Präsident Siegfried Schneider in seiner Einführung, gehe es nun -
abseits aller juristischen Auseinandersetzungen - um die Frage, "wer
wen mehr braucht".

Beide Seiten haben ökonomische und juristische Gutachten in
Auftrag gegeben, die im Rahmen des Forums noch einmal zusammengefasst
wurden. Für Dr. Karl-Heinz-Neumann, Gutachter im Auftrag der KDG, ist
aus ökonomischer Perspektive klar, dass "must carry" automatisch auch
"must pay" bedeute. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben sei eine rein
"marktorientierte Einspeisung" in diesem "zweiseitigen Markt" der
Kabelnetzplattformen nicht möglich. Entfallen die Entgelte, müssten
die Netzbetreiber um zehn Prozent höhere Endpreise nehmen, was eine
Diskriminierung der Kabelkunden gegenüber anderen Empfangsarten
bedeute. Prof. Dr. Torsten J. Gerpott, Gutachter im Auftrag des MDR,
betonte dagegen, dass die Fähigkeit zur Geschäftsfortführung der
Kabelnetzbetreiber durch den Wegfall der Entgelte nicht "signifikant
beeinflusst" werde. Im Gegenteil: KDG und Unity Media erhielten im
Gegenzug für den Transport das "wertvolle Gut" der Programme. Nach
seiner Rechnung müssten die Kabelkunden nur 28 Cent mehr im Monat
zahlen, falls die fehlenden Einnahmen umgelegt werden.

Die juristischen Argumente aus dem ARD-Gutachten, das von Prof.
Karl-Eberhard Hain erstellt wurde, erläuterte dessen
wissenschaftlicher Mitarbeiter Thomas Wierny. Aus rundfunkrechtlicher
Perspektive seien die Fragen nach "must carry" und "must offer"
eindeutig mit "yes" zu beantworten. Die Antwort auf "must pay"? laute
allerdings "not at all". Es existiere keine Entgeltregulierung durch
die Legislative. Aus Gründen der Vielfaltsicherung seien die
deutschen "Must Carry"-Pflichten zumutbar und dominierten in der
Abwägung die Eigentumsrechte der Netzbetreiber. Nach dem Grundsatz
der Sparsamkeit "müssen die öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht
nur nicht zahlen, sie dürfen es auch nicht".

Öffentlich und vor den Zivilgerichten argumentieren ARD und ZDF
damit, dass sie ihren Grundversorgungsauftrag mit der Verbreitung via
Satellit und DVB-T erfüllt hätten. Die Gerichte sind bisher dieser
Argumentation gefolgt und sehen auch kartellrechtlich keinen
Missbrauch einer marktbeherrschenden Position durch ARD und ZDF, wenn
die Entgelte nicht gezahlt werden. Diesen Missbrauch sieht der
juristische Gutachter im Auftrag der KDG, Prof. Dr. Hans-Heinrich
Trute, dagegen sehr wohl. Außerdem, so Trute, beinhalte der
Grundversorgungsauftrag auch klar die Kabelverbreitung, die zur
"Gewährleistung einer flächendeckenden Verbreitung unverzichtbar
ist". Das neue Verständnis von Grundversorgung stelle den Sinn des
"Must-Carry-Paragrafen" in Frage. Deshalb sei jetzt eine "glasklare
Regelung" von Seiten des Gesetzgebers notwendig.

Um diese Forderung ging es unter anderem in der Podiumsdiskussion:
Der Ltd. Ministerialrat Dr. Klaus-Peter Potthast vom Bayerischen
Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie
bestätigte, man habe beim §19 des Rundfunkstaatsvertrages als
Grundversorgung außer Satellit und Terrestrik selbstverständlich auch
die Kabelverbreitung im Auge gehabt, da diese von nahezu 50 Prozent
der Bevölkerung in Anspruch genommen werde. Und welche Konsequenzen
ergeben sich für die Regulierung? Bisher hat in puncto
Einspeiseentgelte nur der private Nachrichtensender N24 Beschwerde
gegen die KDG wegen Ungleichbehandlung gegenüber den
Öffentlich-Rechtlichen bei der BLM erhoben, die die KDG aufgefordert
hat, N24 ein "chancengleiches und diskriminierungsfreies Angebot" zu
unterbreiten. Beide Parteien haben dagegen geklagt.
BLM-Geschäftsführer Martin Gebrande bekräftigte auf dem Podium das
Meinungsbild der ZAK zu den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrages,
wonach Netzbetreiber die Kabelprogramme nicht kostenlos
transportieren müssten: "Dass man jetzt plötzlich darauf kommt, dass
MustCarry und Entgelt keinen Zusammenhang mehr haben, sehe ich
nicht." Mit Verweis auf das N24-Verfahren forderte
VPRT-Geschäftsführer Claus Grewenig, die Regulierungsbehörden müssten
nun "Diskriminierungsfreiheit" durchsetzen, damit der private
Rundfunk, der die Entgelte an die großen Kabelunternehmen immer noch
zahle, nicht diskriminiert werde.

Prof. Dr. Jens-Ole Schröder, Juristischer Direktor des MDR,
verteidigte die Haltung der Öffentlich-Rechtlichen in puncto
Grundversorgung. Die Erstverbreitung sei durch Satelliten, Terrestrik
und Internetstreaming gesichert, was Dr. Christoph Clement, Mitglied
der KDG-Geschäftsleitung, entschieden als "Ausblendung der Realität"
bezeichnete. Clement hat trotz der verlorenen Gerichtsverfahren noch
Hoffnung, kritisierte aber noch einmal deutlich das nicht
marktkonforme Verhalten von ARD und ZDF: Wenn man einfach die Stöpsel
ziehe, sei das kein fairer Interessenausgleich. Einen solchen
Ausgleich im Interesse des Fortschritts der Digitalisierung zu
finden, wollen sich die Kontrahenten nun bemühen.

Hier finden Sie Pressefotos der Veranstaltung: http://ots.de/uQiwW

Diese Informationen finden Sie auch im Internet unter: www.blm.de



Pressekontakt:
Dr. Wolfgang Flieger, Tel. (089) 63808-313, wolfgang.flieger@blm.de


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