BERLINER MORGENPOST: Die großen Gleichmacher. Thomas Vitzthum
über die Pisa-Studie der OECD zu den Kenntnissen der Erwachsenen
Geschrieben am 08-10-2013 |
Berlin (ots) - Deutschland soll jetzt PIAAC-geschockt sein. So wie
es vor zehn Jahren Pisa-geschockt war. Das wäre ganz nach dem Kalkül
der OECD. Die Organisation hat weltweit in der sogenannten
PIAAC-Studie mit unglaublichem zeitlichen, personellen und
finanziellen Aufwand Lese-, Rechen- und Computerkenntnisse von
166.000 Erwachsenen untersucht. Fast möchte man entrüstet fragen, ob
das viele benötigte Geld nicht besser investiert gewesen wäre, wenn
man damit Schulen gebaut oder - um im Kontext zu bleiben -
Erwachsenenbildung betrieben hätte. Deutschlands Erwachsene sind laut
OECD international nur mittelmäßig. Sie lesen oft holprig und
verstehen das Gelesene nicht so gut wie die Bürger vieler anderer
Nationen. Immerhin rechnen sie ein wenig besser als die meisten, aber
mit dem Computer und entsprechenden Anwendungen tun sie sich wiederum
oft schwer. Diese Befunde können kaum überraschen, stellt doch die
OECD den deutschen Schülern seit Jahren ein mittelmäßiges Zeugnis
aus. Logisch, dass deren Eltern und Großeltern keine Genies sind. Die
erfolgreichste Wirtschaftsnation des Kontinents - ein Volk von
Dummköpfen? Alle zurück auf die Schulbank? Warum nicht? Denn, so
erklärt die OECD, wer schlecht liest, den Dreisatz nicht beherrscht
und keine Computermaus bedienen kann, verdient weniger. Diese
Kausalität mag ja noch irgendwie nachvollziehbar sein. Aber für die
OECD ist "weniger verdienen" gleichbedeutend mit "weniger zufrieden
sein" oder schlimmer: "weniger wert sein". Der Mensch definiert
seinen Wert nur als Homo oeconomicus. Kein Wunder, dass das Unwort
"Humankapital" in der Sprache der Autoren und Auftraggeber konsequent
auftaucht. Bildung wird reduziert auf die pure Qualifikation.
Schließlich wird folgendes Fazit gezogen, das in allen Pisa-Studien
immer am Ende steht, das also die Kernbotschaft ist: Nicht nur in der
Schule sei die Chancenungleichheit gewaltig, sondern auch auf dem
Arbeitsmarkt. Offenbar ist es Ziel der OECD, jetzt auch noch die
Erwachsenen dem Diktat der Bevormundung zu unterwerfen und einer
Gesellschaft, die ihren Wohlstand einem auf Verschiedenheit
basierenden marktwirtschaftlichen System verdankt, einzureden, dass
Ungleichheit in jedwedem Lebensbereich des Teufels ist. Die OECD will
offenbar eine Gesellschaft der Gleichmacherei - das jedoch ist des
Teufels.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
489950
weitere Artikel:
- DER STANDARD-KOMMENTAR "Tauscht Bildung gegen Macht" von Lisa Aigner Die Piaac-Studie zeigt einmal mehr: In der Bildungspolitik
muss sich etwas ändern - Ausgabe vom 9.10.2013
Wien (ots) - Wieder einmal zeigt eine Studie, dass Österreicher
schlecht lesen können, dass Bildung weitergegeben wird und dass es
Migranten hierzulande besonders schwer haben. Die internationale
Bildungsstudie "Piaac", bei der Schlüsselkompetenzen der 16- bis
65-Jährigen getestet wurden, bestätigt nicht nur, was wir seit Jahren
wissen und worüber ebenso lange diskutiert wird. Vielmehr zeigt sie
auch, dass bereits die Bildungspolitik mehr...
- Neue OZ: Neue OZ - Gespräch mit dem Geschäftsführer von RWE Innogy, Hans Bünting Osnabrück (ots) - RWE-Tochter Innogy warnt vor Überlastung der
Stromnetze
Bünting fordert klare Regelungen zum weiteren Ausbau von
Erneuerbaren Energien
Osnabrück.- Die Ökostrom-Tochter des Energiekonzerns RWE hat vor
einer Überlastung der Stromnetze gewarnt und klare Aussagen zum
weiteren Aufbauvon Offshore-Windparks gefordert. In einem Gespräch
mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch) erklärte der
Geschäftsführer von RWE Innogy, Hans Bünting, dass der bisherige
"rasante Ausbau" und der Vorrang erneuerbarer Energien mehr...
- WAZ: Teurer Sonderweg
- Kommentar von Wilfried Goebels Essen (ots) - Wenn's ums Geld geht, verstehen die Bürger keinen
Spaß. Der grüne Umweltminister Remmel hatte die Widerstände
unterschätzt, als er den ersten Entwurf zum "Kanal-TÜV" für alle
Hausbesitzer präsentierte. Auch die nachträgliche Begrenzung auf die
Kontrolle privater Abwasserkanäle in Wasserschutzgebieten aber birgt
politischen Sprengstoff.
Obwohl bislang kein wissenschaftlicher Beweis erbracht wurde, dass
Lecks in Abwasserleitungen das Trinkwasser belasten, werden
Eigentümer für Tests und Sanierung von Kanälen kräftig mehr...
- Märkische Oderzeitung: Märkische Oderzeitung Frankfurt (Oder) zu Gesprächen der EU-Innenminister über die Flüchtlingsproblematik: Frankfurt/Oder (ots) - Hans-Peter Friedrich als starken
Innenminister zu bezeichnen, wäre gewiss übertrieben. Mehr ins Amt
gedrängt als gewollt, dazu Mitglied einer Partei, in der das Poltern
zum guten Ton gehört, sieht er sich in Abständen dazu veranlasst,
sich selbst in Starkdeutsch zu versuchen. Die Opfer der
Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa sind noch lange nicht alle
geborgen, da fordert der christsoziale Mensch aus Franken ein hartes
Vorgehen gegen Armutseinwanderer. Soviel Feingefühl ist selten. Man
mag sich gar nicht mehr...
- WAZ: Mehr Bildung für alle
- Kommentar von Birgitta Stauber-Klein Essen (ots) - In diesen Tagen strömen die Abiturientenmassen, die
der Abitur-Doppeljahrgang in NRW ausgespuckt hat, an die
Universitäten. Doch statt diesen jungen Menschen Glück zu wünschen,
beklagen gerade konservative Experten aus Politik oder Wirtschaft,
nun würden Studium und Abitur entwertet.
Tatsächlich ist dieser Bildungshunger bitter nötig, wie die neue
internationale Bildungsstudie zeigt: Die Bevölkerung des
Exportweltmeisters erreicht nur Mittelmaß; ein Sechstel hat gar
Schwierigkeiten, einfache Hinweise zu verstehen. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|