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DER STANDARD-Kommentar: "Die verzögerte Integration" von Irene Brickner

Geschrieben am 06-08-2013

"Wie Sebastian Kurz' Politik der kleinen Schritte zu einem
Rückstand führte"; Ausgabe vom 7.8.2013

Wien (ots) - In gewisser Hinsicht kann man von einer Erfolgsstory
sprechen. Denn verglichen mit anderen Politikbereichen in Österreich
zeichnet sich das vielfältige Themenfeld, das unter dem Titel
Integration läuft, durch eine gewisse Dynamik aus - nicht zuletzt
wegen der bereits konkret gesetzten Maßnahmen. So strichen
Staatssekretär Sebastian Kurz und Expertenbeiratsvorsitzender Heinz
Faßmann bei der Vorstellung des diesjährigen Integrationsberichts
etwa mit Recht die laufenden Programme zur Anerkennung ausländischer
akademischer Ausbildungen heraus: Schritte gegen die in Österreich
tief verankerte Missachtung der Qualifikationen Fremder, die ihren
Ausdruck etwa in der Gestalt tausender taxifahrender Doktoren hat.
Sie wiesen auf die guten Erfahrungen mit dem verpflichtenden
Kindergartenjahr hin, das mithilft, frühe Sprachdefizite zu
verhindern - um ein zweites derartiges Jahr zu fordern. Und sie
lobten das laut Umfragen seit Jahren sich verbessernde sogenannte
Integrationsklima im Land: Hatten 2010 noch 18 Prozent der
Bevölkerung gemeint, das multinationale Zusammenleben funktioniere
"sehr schlecht", so sind es heuer nur noch neun Prozent. Das ist, was
den gesellschaftlichen Konsens angeht, eindeutig positiv. Doch es ist
wohl nur teilweise den in Österreich betriebenen
Integrationspolitiken zu verdanken. Vielmehr drückt sich in dieser
gestiegenen Migrationsakzeptanz auch schlicht ein Prozess der
Normalisierung aus: Es scheint, als verschlössen die Hiesigen die
Augen nicht länger vor dem Umstand, dass Österreich ein
Einwanderungsland geworden ist, als würden sie es zumindest als
Faktum hinnehmen. Noch zu Beginn der jetzt endenden Legislaturperiode
war das nicht selbstverständlich gewesen, Parolen von der FPÖ und
anderen Rechten, die einen absoluten Einwanderungsstopp forderten,
erschienen vielen glaubwürdig. Mit der Realität im sich vereinenden
Europa, in der sich globalisierenden Welt waren derlei Vorstellungen
schon damals auf Kollisionskurs. Denn während hierzulande diskutiert
wurde, ob Einwanderung überhaupt sein dürfe, zerbrachen sich
Wirtschafts- und Demografieexperten schon darüber den Kopf, wie man
junge, gut ausgebildete Wunschmigranten dazu bringen könne, just ins
kleine Österreich einzuwandern. Als Mittel der Wahl wurde daraufhin
die Rot-Weiß-Rot-Card erfunden und beschlossen. Aber sie brachte
nicht wirklich den erwünschten Erfolg, nur wenige kamen: zu
restriktiv, zu sehr vom Gedanken strenger Kontrolle getragen, lautet
jetzt die Kritik, der sich punktuelle Verbesserungsvorschläge
anschließen. Etwa was die Höhe des nachzuweisenden Einkommens
betrifft. Doch derlei Kosmetik könnte sich, so sie nach der Wahl zur
Anwendung kommt, rasch als unzureichend entpuppen. Weil sich die
Migrationsströme in den vergangenen Jahren verändert haben, die gut
ausgebildeten Menschen auf der Suche nach Jobs und Auskommen neue
Wege gehen, wie der renommierte Migrationsforscher Stephen Castles
erläutert. Ein paar Jahre hier, ein paar Jahre dort, immer den gerade
vorteilhaftesten Bedingungen nach: eine Entwicklung, angesichts deren
die langsamen Integrationsverbesserungsschritte Österreichs wenig
konkurrenzfähig erscheinen. Zusammengefasst: zu viel Dynamik von
außen.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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