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ROG: Venezuela sollte einheimische Journalisten ebenso schützen wie Whistleblower Snowden

Geschrieben am 09-07-2013

Berlin (ots) - Das Asylgesuch des Prism-Enthüllers Edward Snowden
in Venezuela wirft ein Schlaglicht auf die widersprüchliche
Medienpolitik des südamerikanischen Landes. Während sich der neue
Präsident Nicolás Maduro als Beschützer des von den USA gesuchten
Whistleblowers medienwirksam in Szene setzt, sind Journalisten und
Redaktionen in Venezuela knapp drei Monate nach der Wahl
unverminderten Repressionen der verfeindeten politischen Lager
ausgesetzt. Wie schon sein Vorgänger Hugo Chávez beschuldigt Maduro
private Medien aus dem In- und Ausland, das Land zu destabilisieren.
(http://bit.ly/15dyBMm)

"Viele Journalisten in Venezuela sind infolge ihrer Arbeit großen
Gefahren ausgesetzt", sagte der Geschäftsführer von Reporter ohne
Grenzen, Christian Mihr. "Solange sich Präsident Maduro für sie nicht
gleichermaßen starkmacht, behält sein Einsatz für Edward Snowden
einen schalen Beigeschmack."

Besonders in Phasen politischer Spannung werden Journalisten,
Kolumnisten und Blogger in Venezuela immer wieder bedroht oder
diffamiert, weil man ihre Medien dem einen oder anderen politischen
Lager zuordnet. So klagten im jüngsten Wahlkampf Journalisten
oppositioneller wie staatlicher Medien über Hass- und
Beleidigungskampagnen in sozialen Netzwerken. (http://bit.ly/11ES4HQ)

Auch nach der Wahl hat sich die politische Lage nicht entspannt,
da die Opposition das Ergebnis anders als zu Zeiten Chávez' nicht
anerkennt. Bei gewaltsamen Protesten gegen den Wahlausgang belagerten
in Caracas Anhänger des unterlegenen Oppositionskandidaten Henrique
Capriles Gebäude des Nachrichtensenders TeleSur und des wichtigsten
staatlichen Senders VTV. Im Bundesstaat Zulia wurden zwei
Journalisten verhaftet, als sie über eine Protestaktion der
Opposition berichten wollten. (http://bit.ly/170EH3W) Mitte Mai
setzten Unbekannte ein Fahrzeug des Fernsehsenders Ciudad TV in
Ciudad Ojeda in Brand. Dessen Chef Helí Romero hatte zuvor monatelang
Drohungen erhalten. Ende Mai wurde ein Sprengsatz auf den Sitz der
privaten Zeitung Panorama in Maracaibo geworfen.

Wiederholt haben Journalisten seit der Wahl im April berichtet,
dass ihnen aufgrund ihrer Arbeit für private Medien der Zugang zu
Informationen verwehrt wird. Jeanelie Briceno vom Fernsehsender
Globovisión wurde ebenso wie weitere Journalisten privater Medien
nicht zur Pressekonferenz eines Oppositionsabgeordneten ins
Parlamentsgebäude gelassen. Das Umweltministerium schloss die
Reporterin Faviana García und den Fotografen José Nava von der
Zeitung La Verdad von einer Pressekonferenz aus.
(http://bit.ly/13xyf1H)

Am 13. Mai wechselte der wichtigste unabhängige Nachrichtenkanal
Globovisión den Besitzer. Seitdem häufen sich die Anzeichen, dass der
einst kritische Fernsehsender auf Regierungslinie einschwenkt.
(http://bit.ly/19wiDAm, http://atfp.co/12j6Wg4) Mehrere Manager und
Journalisten verließen Globovisión. Der Moderator Francisco Bautista
wurde gefeuert, nachdem er in seiner Sendung "Buenas Noches"
Ausschnitte einer Rede von Oppositionsführer Capriles zeigte.
(http://bit.ly/15tljwS)

Bezeichnend für die verzweifelte Lage mancher Journalisten ist der
Fall von Leocenis García von der Wochenzeitung Sexto Poder, der
Anfang Juni aus Protest gegen die Suspendierung des privaten
Fernsehsenders Atel TV in den Hungerstreik trat. Garcías Zeitung
hatte mit dem Sender Kaufverhandlungen geführt und wollte ihn "zu
einem unabhängigen Nachrichtensender machen", was durch die
Suspendierung vereitelt wurde. (bit.ly/13xyf1H)

Auf rechtlicher Ebene ist in Venezuela besonders die Praxis der
sogenannten cadenas reformbedürftig - Regierungsverlautbarungen, zu
deren kurzfristiger Ausstrahlung in voller Länge alle Rundfunksender
verpflichtet sind. Darüber hinaus müssen die unangemessenen und
unfair angewandten Mediengesetze grundlegend reformiert werden - vor
allem das seit 2010 auf das Internet ausgeweitete Gesetz über die
Verantwortung in Hörfunk und Fernsehen ("Ley Resorte"): Es macht
Medien und Betreiber von Internetportalen auch für die Verbreitung
fremder Inhalte wie Leserbriefe und Kommentare haftbar. Mit seinen
weit auslegbaren Kriterien begünstigt es Zensur und ist sehr selektiv
gegen regierungskritische Medien angewandt worden.

Auf der ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht Venezuela auf Platz
117 von 179 Ländern. Aktuelle Meldungen zur Lage der Journalisten und
Medien in Venezuela finden Sie unter
http://en.rsf.org/venezuela.html.



Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Ulrike Gruska / Christoph Dreyer
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de
T: +49 (0)30 60 98 95 33-55


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