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WAZ: Ägyptischer Pakt mit dem Teufel. Kommentar von Martin Gehlen

Geschrieben am 09-07-2013

Essen (ots) - Der neue ägyptische Übergangspräsident Mansur tritt
in der aufgeheizten Lage in einem Akt verzweifelter Selbstsuggestion
die Flucht nach vorne an. Bereits innerhalb der nächsten sieben
Monate soll ein von Experten revidiertes Grundgesetz verabschiedet
und ein neues Parlament gewählt worden sein, dekretiert er kühn. Im
Frühjahr 2014 sollen Präsidentenwahlen folgen, dann wären
Militärputsch und Entmachtung Mursis Geschichte, so das Kalkül. Doch
im Ägypten von heute werden keine Träume mehr wahr. Und nach dem
Auszug der Salafisten gerät die restliche Tahrir-Allianz der zweiten
Revolutionäre jetzt mehr und mehr in den Geruch, mit Panzern an die
Macht geputschte Wahlverlierer zu sein. Denn ihr Bündnis mit Armee
und Polizei könnte sich als Pakt mit dem Teufel erweisen. Die
Generäle haben in den letzten zweieinhalb Jahren alle Verbrechen
ihrer Truppen unter den Tisch gekehrt, geschweige denn
Verantwortliche zur Verantwortung gezogen. Nur zwei Soldaten, die im
Oktober 2011 mit gepanzerten Fahrzeugen vor dem Maspero durch eine
Christen-Demonstration pflügten, wurden minimal bestraft, ihre
Befehlshaber blieben ungeschoren. Ägyptens Sicherheitskräfte haben
immer - wie jetzt wieder - nach eigenem Ausnahmerecht agiert. Die
Polizei hat unter Mursis Präsidentschaft ihren Dienst verweigert,
jetzt fühlen sie sich wieder als Herren im eigenen Haus. Für die
politische Übergangsallianz, die sich mit dem Sturz der Muslimbrüder
die Rettung der revolutionären Ideale auf ihre Fahnen geschrieben
hat, könnte sich dies schon bald als überschwere Hypothek erweisen.
Die Opposition ist hoffnungslos zerstritten. Ihr Spitzenpersonal ist
genauso mittelmäßig wie das der geschassten Vorgängerführung. Der
Neo-Nasserist Hamdeen Sabahi meldet sich gelegentlich mit kruden
Vorschlägen zu Wort. Der Ex-Chef der Arabischen Liga, Amr Moussa,
strotzt verbal vor Tatendrang und weiß doch nicht, was er tun soll.
Und Mohamed ElBaradei, Ägyptens bekanntester Polit-Twitterer, gilt
selbst in den Reihen der eigenen Partei als schlechter Organisator
mit abgehobenen Attitüden, der die Flügel nicht zusammenhalten kann.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de


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