(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur transatlantischen Freihandelszone

Geschrieben am 08-07-2013

Bielefeld (ots) - Fast wäre es schiefgegangen. Das ehrgeizige
Projekt einer transatlantischen Freihandelszone (TTIP) drohte wegen
der Schnüffelaffäre zu scheitern, bevor die eigentlichen
Verhandlungen gestern beginnen konnten. Empörte Politiker forderten
den Verzicht, mindestens aber die Verschiebung der Gespräche über die
größte Freihandelszone der Welt, in der fast ein Drittel aller Waren
und Dienstleistungen ausgetauscht werden. Die Wut angesichts der
dreisten Bespitzelung durch den US-Geheimdienst NSA ist mehr als
verständlich. Nur geholfen hätte es den Europäern nicht. Die
dümpelnde Wirtschaft hier braucht die Wachstumsimpulse mehr als die
der USA. Das transatlantische Freihandelsabkommen liegt im nationalen
Interesse der EU-Mitgliedsstaaten. Laut einer Studie des »Center for
Economic Policy Research« werden 80 Prozent des Wachstums vom Abbau
sogenannter nicht-tarifärer Handelsschranken erwartet. Damit gemeint
sind die Angleichung und wechselseitige Anerkennung von Standards.
Nicht die eigentlichen Zölle, die im transatlantischen Handel mit im
Schnitt 3,5 bis vier Prozent ohnehin kaum ins Gewicht fallen. Von
einheitlichen Normen und Regeln profitierte vor allem der
Mittelstand. Diese Unternehmen haben oft nicht die Ressourcen, ihre
Produkte für den US-Markt nachzurüsten, anzupassen oder erneut
zertifizieren zu lassen. Viele Geschäfte kommen dadurch gar nicht
erst zustande. Bei Konzernen drücken die nicht-tarifären
Handelshemmnisse auf die Margen. Die Autobauer verlieren Geld an
aufwendige Nachrüstungen, die Pharmaindustrie leidet unter den
kostspieligen Doppel-Zulassungen und der Baubranche sind die
protektionistischen »Buy American«-Bestimmungen bei öffentlichen
Ausschreibungen ein Dorn im Auge. Sich aus Protest gegen die
Spitzeleien selber in den Finger zu schneiden, wäre weder eine kluge
noch Erfolg versprechende Strategie. Stattdessen bieten die
TTIP-Verhandlungen eine Plattform, die politische Krise um die
Datenspionage zu therapieren. Handel beruht nicht minder auf
Vertrauen wie internationale Diplomatie. Ein starkes
Datenschutzabkommen muss oberste Priorität haben. Zugegebenermaßen
macht es das nicht leichter, den ehrgeizigen Fahrplan umzusetzen, bis
Ende 2014 handfeste Ergebnisse auf den Tisch zu legen. Schließlich
gilt es auch, Lösungen für den Dauerstreit um Chemie-Hühnchen,
Hormon-Rinder, Gen-Mais und die Kulturförderung zu finden. Zudem weiß
niemand, ob es beim Tempo hilft oder bremst, dass erstmals zwei
Wirtschaftsblöcke auf Augenhöhe miteinander verhandeln. In weiser
Voraussicht haben beide Seiten das Mandat für die Verhandlungen weit
gefasst. Das gibt den 150 Unterhändlern maximalen Spielraum für
Kompromisse. Hoffentlich kann dieser genutzt werden - für freien und
fairen Handel über den Atlantik, der auf dem Schutz vertraulicher
Daten von Bürgern und Unternehmen gründet.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

473895

weitere Artikel:
  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Machtkampf in Ägypten Die unvollendete Revolution BERNHARD HÄNEL Bielefeld (ots) - Selten in der Geschichte erreichten Revolutionäre im ersten Schritt das Ziel ihres Umsturzes. In Ägypten werden wir derzeit Zeugen dieser Erfahrung. Doch das Blutvergießen der letzten und wohl auch der kommenden Nächte wäre nicht nötig gewesen, hätten die Militärs mehr als nur einen Plan für die Ab- und Festsetzung des beim Volk zunehmend ungeliebten Präsidenten Mursi gehabt. Selten reicht es aus, allein den Spitzenmann abzusetzen, zumal Mursi lediglich eine Marionette des Zentralkomitees der Muslimbrüder war. mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Ägypten / Unruhen Osnabrück (ots) - Aufgeheizt und unberechenbar Das Eingreifen des Militärs in die ägyptische Staatskrise droht zu einem Desaster zu werden. Großspurig hatten die Generäle in der vergangenen Woche verkündet, einen Plan für die Zukunft des Landes zu verfolgen und alle politischen Fraktionen zu beteiligen. Es klang danach, als sei sich die mächtige Armee sicher gewesen, die aufgewühlten Massen bändigen zu können. Doch es wird deutlich: Militär hin oder her - Ägypten schlittert immer tiefer hinein ins Chaos. Die Toten und Verletzten mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Papst / Flüchtlinge Osnabrück (ots) - Die Ausgestoßenen des 21. Jahrhunderts Fromme Worte retten kein Menschenleben. Doch Papst Franziskus hat mit seiner ersten Auslandsreise auf die italienische Insel Lampedusa ein Zeichen der Solidarität mit den Bootsflüchtlingen gesetzt - und damit ein öffentliches Bewusstsein für die alltägliche Ungerechtigkeit geschaffen. Denn es stimmt, was der Papst beklagt. Es gibt eine Kultur der Gleichgültigkeit in Europas Wohlstandsländern. Und solange diese Ignoranz herrscht, wird sich an der Tragödie vor den Toren der mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu USA / Geheimdienste / Deutschland / Freihandelsabkommen Osnabrück (ots) - Stunde der Diplomatie Der frühere US-Geheimdienstler Edward Snowden hätte die Diskussion über amerikanische Spionage zu keinem besseren Zeitpunkt auslösen können. Denn die Wirtschaftsmächte EU und USA sprechen jetzt darüber, wie sie in Zukunft auf dem Weltmarkt miteinander umgehen wollen. Auf den Tisch muss dabei, dass die USA europäische Unternehmen zu Wettbewerbszwecken ausspähen, wovon Fachleute seit Langem wissen. Die Frage, wie US-Dienste - im Verbund mit amerikanischen Unternehmen wie Facebook - mit den persönlichen mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Außenhandel / Konjunktur Osnabrück (ots) - Trübe Aussichten Krise? Welche Krise? Bislang schienen die massiven Probleme in der Euro-Zone keine besonderen Auswirkungen auf die Bundesrepublik zu haben. Während andere Länder in die Rezession absackten, ging es hierzulande bergauf. Dies wird sich jetzt womöglich ändern. Es gibt klare Hinweise, dass die Krise Deutschland doch noch erreichen und das Wachstum dämpfen könnte. Die Export- und Produktionszahlen des Monats Mai sind jedenfalls enttäuschend. Vor allem die schwachen Märkte im Euro-Raum schlagen mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht