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WAZ: Die Ära Mursi ist zu Ende. Kommentar von Martin Gehlen

Geschrieben am 03-07-2013

Essen (ots) - Auch wenn der formale Schlussakt der Generäle noch
auf sich warten lässt, die Ära Mursi ist zu Ende. Ein Jahr konnte
sich der islamistische Präsident an der Spitze halten. Zusammen mit
Millionen Demonstranten ist nun offenbar auch Ägyptens Armeeführung
entschlossen, ihm die Rote Karte zu zeigen und das Steuer wieder in
die Hand zu nehmen. Die Verfassung wird ausgesetzt, der demokratisch
gewählte Staatschef abgesetzt. Die Hauptverantwortung liegt bei Mursi
und der Führung der Muslimbruderschaft. Ihr islamistischer
Verfassungscoup im November war die politische Ursünde. Bei ihren
Großzielen einer islamistischen Staatsordnung waren die Muslimbrüder
niemals zu echten Kompromissen mit der liberalen muslimischen
Minderheit oder den Christen bereit. Beigetragen zu der destruktiven
Polarisierung aber hat auch die Opposition. Ihre Führer und Gruppen
sind heillos zerstritten. Das Einzige, was die Opposition
zusammenhält, ist die rauschhafte Wiederholung der revolutionären
Verbrüderung gegen den Mann an der Spitze - erst Mubarak, jetzt
Mursi. Doch auch dieser zweite Taumel wird bald verflogen sein und
die Probleme werden wieder zutage treten. Die Unversöhnlichkeit
beider Lager hat das Einschreiten der Generäle am Ende unausweichlich
gemacht und könnte eine ganz neue Dimension innerer Gefahren
lostreten. Der radikale Teil des islamistischen Spektrums wird in den
Untergrund abtauchen. Was das bedeutet, kennen viele Nachbarn zur
Genüge - Autobomben und Entführungen, politische Morde und
Hinterhalte. Gleichzeitig schafft das Straßen-Referendum gegen Mursi
einen problematischen Präzedenzfall. Denn die Halbwertzeiten des
ägyptischen Volksjubels sind kurz. Vor vier Wochen war eine neue
Machtübernahme durch die Armee Horrorszenario des demokratischen
Lagers, jetzt wurden die Militärhubschrauber über dem Tahrir mit
Jubel begrüßt. Wenn sich für Ägyptens Straße das Recht einbürgert,
mit den Füßen über seine demokratisch gewählten Staatschefs
abzustimmen, wird der Mann auf dem Präsidentensessel künftig immer
schneller wechseln. Die vertrackten Probleme des Landes aber bleiben.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de


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