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WAZ: Ein Versuch über die Empörung - Kommentar von Ulrich Reitz

Geschrieben am 01-07-2013

Essen (ots) - Die Bundesregierung ist über die US-Spionage empört.
Die Opposition ist über die US-Spionage empört, wobei sie noch mehr
über die Bundeskanzlerin empört ist, weil die nicht genug empört ist.
Die Europäische Union ist über die US-Spionage empört. Bei so viel
Empörung - hier weitere Gründe für diese emotionale Befindlichkeit:
Am 3. September 1999 klagte der Chaos Computer Club öffentlich, per
Pressemitteilung, über die Unterwanderung des
Microsoft-Betriebssystems Windows 2000 durch den amerikanischen
Sicherheitsdienst NSA. Es könne nicht sein, dass die Bundesregierung
sich auf "derartig unsichere Betriebssysteme verlässt", die "selbst
in sensiblen Bereichen des Bundestages" eingesetzt würden.
Wohlgemerkt - September 1999. Zwei Jahre vor 9/11. Die These, der
islamistische Terror-Anschlag habe in den USA eine Paranoia
ausgelöst, kann getrost abgehakt werden. Falls amerikanische Paranoia
im Spiel sein sollte, dann war die jedenfalls schon vorher da. Am 17.
April 2000, also knapp 17 Monate vor 9/11, wollte die FDP in einer
Anfrage von der damaligen Bundesregierung wissen, wie sie Berichte
über das flächendeckende Abhörsystem "Echelon" der Amerikaner und
Engländer bewerte. Echelon, so hatte das Europäische Parlament im
Februar 2000 anklagend festgestellt, werde "nicht nur zur
Wirtschaftsspionage betrieben, sondern es wird auch die Privatsphäre
von Bürgerinnen und Bürgern verletzt". Abwiegelnde Antwort der
SPD/Grünen-Bundesregierung: Die technischen Möglichkeiten von Echelon
seien "in großen Teilen weit überzogen dargestellt" worden. Erste
Frage: Wenn die SPD-Regierung im Jahr 2000 wusste, dass die
amerikanischen Freunde uns ausspionieren, wieso fragen sie denn heute
die CDU-Bundeskanzlerin, ob sie wisse, dass die amerikanischen
Freunde uns ausspionieren? Zweite Frage: Was ist angesichts der
Vorgeschichte die richtige Schlagzeile: Merkel und Brüssel empört
über die USA, oder: Merkel und Brüssel sagen, sie seien empört über
die USA? Dritte Frage: Wenn die US-Spionage 2000 achselzuckend
hingenommen wurde, weshalb sollte das (nun gut: nach der
Bundestagswahl) anders sein? Und: Ist das empörend?



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de


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