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Mittelbayerische Zeitung: Interview der Mittelbayerischen Zeitung mit Bundesbildungsministerin Johanna Wanka: "Mehr Geld für Studierende und Universitäten"

Geschrieben am 09-06-2013

Regensburg (ots) - MZ: Was wollen Sie als Ministerin mit gerade
noch knapp vier Monaten Amtszeit erreichen?

Wanka:Ich sehe drei große Themen: Zwei, der Hochschulpakt und die
Qualitätsoffensive Lehrerbildung, sind mit den Länderkollegen
abschließend verhandelt. Außerdem kämpfe ich weiter für eine
Grundgesetzänderung, damit der Bund neben den Ländern auch
Verantwortung für die Hochschulen bekommt. Ich bin ebenfalls froh
darüber, dass das Forschungsforum Energiewende, das allein 180
Hochschulen sowie 120 Forschungszentren und -institute vereint, im
April gestartet werden konnte. Wir haben im Bereich der
Gesundheitsforschung mehrere Aktionspläne auf den Weg gebracht, etwa
zur individualisierten Medizin oder zu Prävention und Ernährung. Oder
nehmen sie die neuen Möglichkeiten der Genomidentifikation, die
gleichzeitig eine intensive Diskussion von ethischen Fragen
aufgeworfen hat. Was muss ich als Patient über erblich bedingt
mögliche Erkrankungen wissen? Gibt es ein Recht auf Nichtwissen?
Ärzte müssen ihre Patienten nun viel umfassender beraten.

MZ: Muss man wirklich noch erforschen, dass Rauchen oder
Übergewicht ungesund sind und das Leben verkürzen?

Wanka:Sie werden staunen, wie viel neue Erkenntnisse unsere
Forscher zu scheinbar bekannten Tatsachen auf den Tisch legen. Mit
Blick auf den demografischen Wandel spielt etwa Ernährung im Alter
eine ganz neue Rolle. Wir brauchen wissenschaftlich fundierte
Informationen und Empfehlungen, die uns gesund älter werden lassen.
Ich meine auch, dass Kinder in den Schulen viel mehr über gesunde
Ernährung, über gesundes Kochen lernen sollten. Dass viele Schulen
beim Schulessen auf Catering umgestellt haben, ist freilich ein
Problem. Aber das kann man lösen, genau wie hygienische Fragen, damit
Kinder in der Schulküche an das Kochen herangeführt werden dürfen.

MZ: Jetzt kommt die gute Köchin Johanna Wanka durch. Haben Sie
sich einmal mit der Hobbyköchin Angela Merkel ausgetauscht?

Wanka: Das haben wir noch nicht getan.

MZ: Sie haben vor kurzem Richtfest im neuen Ministeriumsgebäude
gefeiert. Wollen Sie es 2014 als Ministerin beziehen?

Wanka: Ich bin begeistert, dass ich seit 1990 etwas gestalten
kann, was ich bis dahin in der DDR nicht konnte. Mir macht die Arbeit
im jetzigen Amt daher große Freude. Davon unabhängig finde ich, dass
Politik langfristig gedacht und angelegt werden sollte, besonders bei
Bildung und Forschung. Alles andere wird sich nach der Wahl zeigen.

MZ: Wie enttäuscht waren Sie, dass in den Grundzügen des
Unions-Wahlprogramms Forschung und Bildung nicht enthalten sind?

Wanka: Das Unions-Wahlprogramm wird gerade erarbeitet. Bildung und
Forschung sind zwei zentrale Säulen unserer Politik. Keine Sorge,
beides wird im Wahlprogramm enthalten sein. Dafür steht die
Kanzlerin. Seit 2005 hat die Bundesregierung die Ausgaben für Bildung
und Forschung um 80 Prozent auf aktuell fast 14 Milliarden Euro
erhöht.

MZ: Was bringt der neue Hochschulpakt, der am 13. Juni von
Kanzlerin und Ministerpräsidenten unterzeichnet werden soll?

Wanka: Er bringt zuerst Sicherheit für die Studierenden und die
Hochschulen, bei denen insgesamt mehr Geld ankommt. Es ist ein großer
Erfolg, dass sich alle Länder an der Finanzierung beteiligen. Der
Bund wird im Rahmen des Hochschulpaktes von 2011 bis 2015 nunmehr
sieben Milliarden Euro ausgeben, um die wachsende Zahl von
Studierenden zu bewältigen. Wir erhöhen unseren Anteil somit um über
zwei Milliarden Euro. Wobei die neuen Bundesländer für das Erhalten
der Studienplätze einen Pauschalbetrag bekommen.

MZ: War Ihr Vorstoß für ein neues Bafög nur ein Testballon, da es
vor der Wahl voraussichtlich noch zu keiner Einigung mit den Ländern
kommt?

Wanka: Nein, es finden zurzeit konkrete Verhandlungen statt. Ich
habe meinen Länderkollegen schon Vorschläge gemacht, was kostet etwa
die Anhebung von Freibeträgen, was kostet die Einbeziehung des
Teilzeitstudiums, was die besondere Förderung von Familien mit
Kindern. Die Altersgrenze für den Bezug von Bafög ist ja bereits auf
35 Jahre angehoben worden. Wird sind daher auf einem guten Wege und
ich hoffe, dass die Abstimmung der Länder unabhängig von der Wahl
zügig vorangeht. Dann können wir als nächsten Schritt die
Bafög-Reform in ein Gesetz umsetzen.

MZ: Ist die Grundgesetzänderung von der Agenda genommen worden,
damit sich der Bund direkt an der Finanzierung von Hochschulen
beteiligen kann - und nicht nur an bestimmten Projekten?

Wanka: Ich werbe bei jeder Gelegenheit für eine solche
Grundgesetzänderung. Unser Gesetzesvorschlag liegt ja schon lange auf
dem Tisch, wird aber von SPD und Grünen im Bundesrat blockiert.
Deutschland wird seinen Wohlstand nur erhalten können, wenn wir gut
sind in Forschung und Innovation. Bei den großen
Forschungseinrichtungen, den Max-Planck- oder den
Helmholtz-Instituten, gibt es eine gemeinsame Strategie von Bund und
Ländern, bei den Hochschulen jedoch nicht. Das müssen wir ändern.
Eines geht allerdings nicht, dass der Bund nur den Zahlmeister spielt
und sonst keine inhaltlichen Kompetenzen und Verantwortung bekommt.

MZ: Wann wird jeder Lehramtsabschluss in Schleswig-Holstein oder
Brandenburg auch in Baden-Württemberg und Bayern anerkannt und
umgekehrt?

Wanka: Bislang war die Anerkennung dieser Abschlüsse eine
Kann-Bestimmung. Wir haben lange heftig mit den Ländern gerungen,
aber jetzt liegt die konkrete Vereinbarung vor, dass die Abschlüsse
künftig gegenseitig anerkannt werden. Das wird in entsprechenden
Ländergesetzen bis zum Ende des Jahres umgesetzt. Länder, die dies
nicht tun, erhalten kein Geld des Bundes für die Qualitätsoffensive
Lehrerbildung. Das haben wir so verhandelt.

MZ: War das Deutschland-Stipendium, das gerade mal 13 000 von über
zwei Millionen Studierende beziehen, ein Flop?

Wanka: Nein, dieses Stipendium gibt es ja erst seit zwei Jahren.
Die Zahl der Empfänger hat sich in dieser kurzen Zeit bereits
ordentlich entwickelt, zuletzt verdoppelt. Wir haben also in der
kurzen Zeit im Vergleich zu etablierten Fördermöglichkeiten schon
viel erreicht. Aus der privaten Wirtschaft, von Unternehmen und
Stiftungen sind auf diese Weise rund 30 Millionen Euro akquiriert
worden, die direkt an Studenten gehen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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