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"DER STANDARD"-Kommentar: "Das Bundesheer, eine Hilfstruppe" von Conrad Seidl

Geschrieben am 04-06-2013

In der neuen Sicherheitsstrategie werden militärische
Kernfragen ausgespart (ET 05.06.2013)

Wien (ots) - Vor dem Hintergrund einer Hochwasserkatastrophe ist
es schwierig, eine grundsätzliche Debatte über das Bundesheer zu
führen: Alle reden darüber, wie willkommen Hilfe durch Soldaten ist -
keiner darüber, ob diese Soldaten auch für den Soldatenberuf
ausgebildet sind oder ob es sich nur um uniformiertes Hilfspersonal
handelt. Für die ÖVP ist jeder Hilfseinsatz, der jetzt geleistet
wird, ein Beleg dafür, wie richtig die Entscheidung für die
Wehrpflicht im Jänner gewesen ist.

Dem gegenüber wirkt der Einwand, dass Österreich eigentlich ein
ganz anderes Bundesheer bräuchte, kleinlich. Das macht diesen Einwand
aber nicht weniger berechtigt. Tatsächlich hat die Koalition ja
endlich ein Grundsatzpapier erarbeitet, in dem eine Neuausrichtung
der Sicherheitsstrategie beschrieben wird - darin steht zwar auch,
dass Katastrophenhilfseinsätze verstärkt wahrgenommen werden sollen.
Aber es wird gleichzeitig darauf verwiesen, dass dafür spezielle
Kompetenz aufzubauen ist.

Das Bundesheer muss professioneller werden - und das ist kein
Widerspruch zur Beibehaltung der Wehrpflicht, bloß eine notwendige
Ergänzung: Die Grundwehrdiener brauchen eine bessere Ausbildung - und
zwar in kürzerer Zeit. Es ist system- und verfassungswidrig, dass die
Grundausbildung auf sechs Monate verteilt wird. In der Schweiz kommt
man mit 18 bis 21 Wochen Rekrutenschule aus, dann schickt man die
jungen Männer wieder heim, um sie regelmäßig zu Übungen und im
Bedarfsfall zu Einsätzen einzuberufen.

Die Schweizer pochen darauf, gerade deshalb die professionellste
Armee der Welt zu haben: Denn ihr Milizprinzip sorgt dafür, dass im
Zivilberuf bewährte Profis ihre Kompetenz in die Armee einbringen und
an andere weitergeben. Das würde auch in Österreich funktionieren,
gerade in der Katastrophenhilfe. Dafür wären eben Profis aus der
Bauwirtschaft aufzubieten und in kompletten Pioniereinheiten
einzusetzen.

Die Chancen und Anforderungen, die ein Milizheer hat, werden im
Entwurf der Sicherheitsstrategie allerdings kaum angesprochen: Man
will die spezifischen Fähigkeiten der Miliz zwar "bestmöglich nutzen
und weiterentwickeln" - dass die Voraussetzungen dafür fehlen, wird
aber verschwiegen. Überhaupt werden die Herausforderungen, vor denen
Österreich steht, zwar benannt - aber wenn es um konkrete
militärische Fragen geht (ohnehin nur auf vier der zehn Seiten mit
Empfehlungen) hält man sich an altbekannte Größen und verbindet diese
mit schwammig formulierten Binsenweisheiten: "Aufgrund der
Möglichkeit rascher Lageeskalationen ist eine rasche und flexible
Kräfteaufbietung sicherzustellen."

Putzig auch, wie die Rolle der beiden militärischen Geheimdienste
beschrieben (und ihre Aufwertung impliziert) wird: "Die Fähigkeiten
des ÖBH zur Unterstützung der politischen und militärischen
Antizipations- und Führungsfähigkeit und zur gesamtstaatlichen
Lagebeurteilung sollen qualitativ verbessert werden."

Zur internationalen militärischen Kooperation und einer
eventuellen Aufgabenteilung mit anderen EU-Ländern finden sich nur
vage Absichtserklärungen ("Zusammenarbeit ... zu vertiefen") -
während die Strategie in allen Punkten, wo das Innenministerium
aufgewertet wird, erstaunlich konkret wird. Man bekommt fast den
Eindruck, dass das Bundesheer zu dessen Hilfstruppe werden soll.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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