(Registrieren)

DER STANDARD-Kommentar: "Fehlender Wiedererkennungswert" von Alexandra Föderl-Schmid

Geschrieben am 17-05-2013

"Die Grünen verlieren mit jeder Regierungsbeteiligung an
Profil"; Ausgabe vom 18./19.05.2013

Wien (ots) - Die politische Landschaft in Österreich ist in den
vergangenen Wochen bunter geworden. Die Konstellationen auf
Landesebene beinhalten Koalitionen, die vor kurzem noch unvorstellbar
gewesen sind: Das gilt für Kärnten, wo eine Dreier-Konstellation Jörg
Haiders selbst ernannte Erben abgelöst hat, und für Tirol, wo der
VP-Jäger Günther Platter mit den Grünen ein Bündnis geschmiedet hat.
In Salzburg scheint sogar ein Trio mit Stronachs Statthaltern nicht
ausgeschlossen. Die Grünen sind nunmehr in vier Landesregierungen
vertreten und in Salzburg auf dem Sprung in die fünfte. Das ist
europaweit eine einzigartige Situation. Gemessen an der letzten Wahl
auf nationaler Ebene erhalten Grüne nur in Lettland, Luxemburg und
Deutschland vergleichsweise mehr Stimmen als in Österreich. Dass sich
grüne Wahlerfolge auf Landesebene auch bei der Nationalratswahl
wiederholen, ist aber nicht gesagt. Auch wenn Parteimanager ihrer
Chefin Eva Glawischnig mit Verweis auf eigene Umfragen höchste
Sympathiewerte bescheinigen, so hat sie nicht das
selbstbewusst-frische Auftreten der Tirolerin Ingrid Felipe oder die
sympathisch-unprätentiöse Art der Salzburgerin Astrid Rössler. Der
Kärntner Rolf Holub verkörpert jenen an Sachpolitik orientierten
Typus Politiker, der derzeit in Österreich bei den Wählerinnen und
Wählern gut ankommt. Für die Grünen in Österreich beginnen nach dem
Höhenflug die Mühen der Ebene. Dass sie den Sprung von der Protest-
zur Regierungspartei bewältigen können, zeigen sie in Oberösterreich.
Die grüne Basis hat viel zu schlucken und wird von der ÖVP immer
wieder an die Wand gedrückt. Aber das Zweckbündnis regiert nun im
zehnten Jahr durchaus harmonisch und, gemessen an Wirtschaftsdaten,
erfolgreich. Mit dem Vorwurf, nur Steigbügelhalter zu sein, sind auch
die Wiener Grünen seit ihrem Bündnis mit der SPÖ in der
Bundeshauptstadt konfrontiert. Den kleinen Spielraum, den ihr Michael
Häupl lässt, nützt Maria Vassilakou vor allem in der Verkehrspolitik.
Sie betreibt in dem Bereich Klientelpolitik - wenn es etwa um
Fahrradwege oder um das reduzierte Öffi-Ticket geht. Beim Parkpickerl
haben ihr jedoch die Bezirkskaiser gezeigt, wer das Sagen hat. Was
die grüne Handschrift ist, werden viele Grüne zu Recht gefragt. Um
saubere Luft, gesundes Essen und direkte Demokratie kümmern sich
andere Parteien auch, die Ablehnung der Atomkraft gehört zum
Grundkonsens aller Parteien in Österreich. Bleibt nur die
Korruptionsbekämpfung. Da sich Parteien am Rand wie das Team Stronach
oder die Neos gebildet haben, rücken die Grünen in die Mitte. Die in
Deutschland übliche Trennung in Fundis und Realos gab es ohnehin nie.
Die Grünen hierzulande sind von jeher im bürgerlichen Milieu
verankert und waren schon immer pragmatisch. Sie sind auch jene
Partei, die christliche Werte, wie sie die Caritas verkörpert, am
stärksten lebt. Das zeigt auch der personelle Austausch zwischen den
beiden Organisationen. Während die SPÖ im Wahlkampf Werte wie
Gerechtigkeit propagiert und die ÖVP Leistung plakatiert, bieten sich
Grüne als "Bindeglied einer auseinanderbrechenden Gesellschaft" an,
wie der deutsche Meinungsforscher Klaus-Peter Schöppner die grüne
Positionierung treffend beschrieben hat. Darin liegt die Gefahr für
die Grünen. Ihr Profil verschwimmt mit jeder Regierungsbeteiligung.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

464628

weitere Artikel:
  • WAZ: Trickserei beim Wahlrecht. Kommentar von Walter Bau Essen (ots) - Die Fünf-Prozent-Hürde für die Europawahl hat das Verfassungsgericht gekippt - nun versuchen die großen Parteien, mit einer Schranke bei drei Prozent die lästige Konkurrenz der Kleinen außen vor zu halten. Ob sie mit diesem Trick durchkommen, ist höchst fraglich. Denn: Legt man etwa das Ergebnis der letzten Europawahl 2009 zugrunde, als die Fünf-Prozent-Hürde noch galt, wäre das Ergebnis mit einer Sperrklausel von drei Prozent exakt das gleiche: die stärkste Partei unter der Hürde kam auf nur 1,7 Prozent. Schon hat mehr...

  • WAZ: Fracking - Politik fürs Schaufenster. Kommentar von Tobias Blasius Essen (ots) - Wer gedacht hatte, die Bundesregierung lasse den Streit um die Förderung von Schiefergas so wie viele andere kontroverse Wahlkampfthemen still und leise einschlafen, sieht sich getäuscht. "Fracking" kehrt, versehen mit einer "Lex Bodensee", zurück auf die Tagesordnung des Bundeskabinetts. Zu groß scheint die Verlockung, im sicheren Vertrauen, dass die rot-grüne Mehrheit das Gesetz ohnehin in der Länderkammer zu Fall bringt, ein wenig wirtschaftsfreundlich und technologieoffen zu blinken. Insbesondere die im Umfragetief mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Drei-Prozent-Hürde für Europawahl Vielfalt als Makel MATTHIAS BUNGEROTH Bielefeld (ots) - Das Bundesverfassungsgericht könnte demnächst wieder Arbeit bekommen. Wenn die im Bundestag vertretenen Parteien bis auf die Linke ihre Absicht wahr machen, für künftige Wahlen zum Europäischen Parlament eine Drei-Prozent-Klausel einzuführen, will die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) dagegen vor ebenjenes höchste deutsche Gericht ziehen. Ein Widerstand, der ebenso absehbar wie aus Sicht kleinerer Parteien verständlich ist. Denn im November 2011 hatte der 2. Senat des Verfassungsgerichts in Karlsruhe die im mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Skandale belasten US-Präsidenten Obamas schlimmste Woche DIRK HAUTKAPP, WASHINGTON Bielefeld (ots) - Weder der Provokateur mit dem dubiosen Haarschnitt in Pjöngjang noch der Menschenschlächter Assad in Syrien noch die unbelehrbaren Mullahs in Teheran haben das geschafft: Barack Obama erlebt die schlimmste Woche seit seinem Einzug ins Weiße Haus 2009.  Drei innenpolitische Skandale brauen sich zu einer politischen Schlechtwetterfront zusammen, die dem amerikanischen Präsidenten die noch junge zweite Amtszeit vollständig verhageln kann.  Den Anfang machte die Tragödie von Bengasi. Beim letzten Jahrestag der Anschläge mehr...

  • Allg. Zeitung Mainz: Langer schwerer Weg / Kommentar zu Endlagersuche Mainz (ots) - Die Frage nach den Kosten ist diesmal ausnahmsweise die kleinste: Es kann keinen Zweifel daran geben, dass es die Energieversorger sind, die zwei Milliarden Euro für die neue Suche nach einem Atommüll-Endlager tragen müssen. Wer sonst? Schlimm genug, dass der Steuerzahler für das Desaster im undichten Lager Asse mit mutmaßlich vier Milliarden zur Kasse gebeten wird, weil Schadensverursacher nicht mehr greifbar sind. Ein Kind, das heute zwei Jahre alt ist, wählt 2029 als Erstwähler den Bundestag, der 2031 über Endlagerstandorte mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht