Trierischer Volksfreund: Bundestag debattiert über Griechenland-Hilfen - Kommentar, Trierischer Volksfreund, 22.11.2012
Geschrieben am 21-11-2012 |
Trier (ots) - Otto von Bismarck sagte einst, je weniger die Leute
wüssten, wie Würste und Gesetze gemacht würden, desto besser
schliefen sie. Das beherzigt die deutsche Politik bei Griechenland
derzeit gründlich, wie man gestern im Bundestag wieder sehen konnte.
Die Opposition will aus dem bisherigen Scheitern aller
Rettungsmaßnahmen ableiten, dass Angela Merkel erstens sofort
bekennen muss, dass ihre Politik versagt hat. Und zweitens soll sie
zugeben, dass es jetzt direkt an deutsche Steuergelder für den
Athener Schlendrian geht. Das aber ist eine Politik auf der
Metaebene. Was wollen SPD und Grüne denn selbst? Sind sie aktiv
dafür, gemeinschaftlich für die Schulden in Europa zu haften? Sind
sie für eine Transferunion zwischen Nord und Süd, letztlich vom Konto
des VW-Arbeiters auf das des Arbeitslosen auf dem Peleponnes? Dann
sollen sie das endlich mal klar sagen und auf ihre Wahlplakate
schreiben. Doch genau das meiden Steinbrück und Co.
Und die Regierung? Versucht Zeit zu schinden. Angela Merkel
verpackt das zwar mit der Wortgirlande, dass es um die komplizierte
Balance gehe, den Reformdruck auf Griechenland bei gleichzeitiger
Hilfsleistung aufrechtzuerhalten, doch ist das der wahre Hintergrund
schon lange nicht mehr. Das mag beim ersten und zweiten
Griechenlandpaket noch das Motiv gewesen sein. Inzwischen aber ist
deutlich, dass Griechenland unter der Garotte eines brutalen
Sparkurses nicht mehr genug Luft bekommt, um wieder zu genesen. Die
verlangten strukturellen Reformen sind alle richtig, aber sie können
ihre Wirkung in einer tiefen Rezession gar nicht entfalten. Im
Gegenteil. So wird daraus eine Spirale nach unten.
Die Konsequenz daraus wird von der Troika inzwischen klar gesehen,
insbesondere vom IWF: Griechenland braucht mehr Zeit, mehr Kredit und
einen weiteren Schuldenschnitt, diesmal der öffentlichen Gläubiger.
Griechenland wird nicht zum Fass ohne Boden, es ist es längst. Vor
allem Deutschland sperrt sich dieser Erkenntnis und sucht aus
innenpolitischen Gründen nach Lösungen, die das noch einmal
kaschieren. Zinssenkungen, Schuldenrückkäufe, buchhalterische Tricks.
Die Griechenlandretter müssen sich endlich ehrlich machen. So wie die
Bundesrepublik mit den neuen Ländern eine Transferunion bildete und
bilden musste, so muss es Europa mit Griechenland tun. Wohl auf viele
Jahre. Eventuell auch mit Portugal. Diese beiden Länder werden,
anders als Spanien und Italien, noch lange Zeit nicht auf eigenen
Beinen stehen können. Ihnen nützt deshalb kein Fitness-Programm, erst
recht keine Spardiät, sie müssen erst einmal gepäppelt werden. Auch
mit deutschem Steuergeld. Es geht nicht um das Ob einer solchen
Transferunion. Es geht um das Wie, um die Bedingungen. Oder aber, das
ist die Alternative, diese Krisenländer müssen den Euro verlassen -
um den Preis unkalkulierbarer Folgen für die Wirtschaft auch in
Deutschland.
Das hörte man gestern nicht im deutschen Bundestag. Otto von
Bismarck sagte einst übrigens auch, es werde niemals so viel gelogen
wie während des Krieges, nach der Jagd - und vor der Wahl.
Pressekontakt:
Trierischer Volksfreund
Thomas Zeller
Telefon: 0651-7199-544
t.zeller@volksfreund.de
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