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"DER STANDARD"-Kommentar: "Politische Phantomschmerzen" von Michael Völker

Geschrieben am 22-10-2012

Frank Stronachs zusammengewürfeltes Team ist das Symptom,
nicht die Linderung (ET 23.10.2012)

Wien (ots) - Barbara Prammer, die rührige Nationalratspräsidentin,
die 2016 Bundespräsidentin werden will, wird prüfen, abwägen und
diskutieren. Am Ende dieses Prozesses, der sich noch ein paar Tage
hinziehen mag, wird kein Weg daran vorbeiführen: Das Häuflein
abgesprungener BZÖ-Abgeordneter, die fürderhin Frank Stronach folgen
wollen, plus dem einen enttäuschten Ex-SPÖ-Mann, werden Klubstatus
erhalten.

Die entsprechende Formulierung in der Geschäftsordnung des
Nationalrats ist derart pauschal gehalten, dass sie schon wieder
eindeutig ist. "Abgeordnete derselben wahlwerbenden Partei haben das
Recht, sich in einem Klub zusammenzuschließen. Für die Anerkennung
eines solchen Zusammenschlusses ist die Zahl von mindestens fünf
Mitgliedern erforderlich."

Jetzt kann man noch ein bisschen darüber diskutieren, ob das auch
gilt, wenn einer zwischendurch wilder Abgeordneter war,
schlussendlich wird dem Team Stronach der Klubstatus aber nicht zu
verwehren sein: Da gibt es Präzedenzfälle aus dem Nationalrat und dem
Wiener Gemeinderat.

Das muss man nicht sympathisch finden. Da hat sich eine Gruppe
Fahnenflüchtiger zusammengefunden, die man als politische Söldner
sehen kann. Sie vertreten nicht ihre eigenen Werte, sondern befolgen
die Vorgaben eines Milliardärs: WTF. In den gebräuchlichen Kürzeln
des World Wide Web steht das für "What the Fuck?", bei Frank
Stronach, der für solch neumodischen Sprech vielleicht schon zu alt
ist, heißt das aber: Wahrheit, Transparenz, Fairness.

Die Wahrheit ist, dass keiner der Abgeordneten, die jetzt bei
Stronach angeheuert haben, es in seiner alten Partei noch einmal ins
Parlament geschafft hätte. Es sind nicht die fleißigen, gescheiten,
aufrichtigen und kompetenten Abgeordneten, die hier eine neue
politische Heimat gefunden haben. Es sind die Übriggebliebenen, die
für Stronach ansprechbar waren. Was den Reiz einer Partei ausmachen
soll, deren Kern sich aus den Gestrandeten einer gerade verglühenden
Splitterpartei zusammensetzt, wird sich erst am Wahltag zeigen.

Um der Transparenz Genüge zu tun: Mit Zuerkennung des Klubstatus
erhält dieses Grüppchen Stronach-Jünger immerhin 1,4 Millionen Euro
im Jahr, Steuergelder selbstverständlich, die nimmt dann auch der
Milliardär gern. Dient ja einem guten Zweck - der Linderung der
Symptome eines chronisch Profilierungssüchtigen, dem es im Altenteil
fad geworden ist.

Und schließlich die Fairness: Mit Zuerkennung des Klubstatus
erhält endlich auch der ORF eine Legitimation für die Abhaltung
seiner Stronach-Festspiele. Der bisherigen Usance folgend, wird dann
auch Frank Stronach selbst als Chef einer im Parlament vertretenen
Partei zu den Wahlkonfrontationen des ORF eingeladen werden können,
samt Pressestunden, Sommergesprächen und sogenannten Elefantenrunden.
Das wird richtig harte Kost, auch wenn unbestritten ist, dass
Stronach im TV einen gewissen Unterhaltungswert hat.

Bei allem Verständnis für die Unzufriedenheit und sogar
Verzweiflung, die angesichts des vorherrschenden politischen Systems
und seiner Proponenten um sich greifen, bei allem Verständnis für den
dringenden Wunsch nach Veränderung: Das Team Stronach ist keine
Verbesserung und keine Alternative. Im Gegenteil: Das Team Stronach
bringt die derzeitige politische Misere schmerzgenau auf den Punkt.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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