(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Die unterschätzten Alten

Geschrieben am 10-10-2012

Regensburg (ots) - Von Maria Gruber

Was lange abstrakt schien, wird zunehmend spürbar und dominiert
allmählich auch die politische Diskussion: Schon seit vielen Jahren,
ja Jahrzehnten, wird vor den Folgen des demografischen Wandels
gewarnt. Nun haben wir es wieder einmal schwarz auf weiß bekommen:
Deutschland altert nicht nur, sondern hat laut dem gestern
herausgebrachten Statistischen Jahrbuch sogar die älteste Bevölkerung
Europas. Diese Entwicklungen lässt sich kaum umkehren, weshalb es an
der Zeit ist, den demografischen Wandel endlich zu gestalten anstatt
ihn einfach nur geschehen zu lassen und sich über die Folgen zu
beschweren. Auf politischer Ebene ist bis dato nur wenig passiert,
was dieser "größten Veränderung des gesellschaftlichen Lebens neben
der Globalisierung", wie es Kanzlerin Angela Merkel nennt,
entsprechen würde. Die Bundesregierung hat zwar eine
Demografiestrategie herausgegeben, die mit dem Titel "Jedes Alter
zählt" den richtigen Ansatz wählt, über eine Ansammlung von
Einzelmaßnahmen aber nicht hinausgeht. In der vergangenen Woche hat
dann ein Demografiegipfel stattgefunden. Dabei haben Merkel und
Arbeitsministerin von der Leyen verkündet, dass für sie der Schlüssel
für die Bewältigung der Folgen des demografischen Wandels in der
stärkeren Zuwanderung liegt. Außerdem sollen Frauen und bereits in
Deutschland lebenden Migranten für den Arbeitsmarkt aktiviert werden.
Das aber reicht noch lange nicht. Nötig ist eine Strategie, die alle
Teilbereiche des gesellschaftlichen Lebens durchdringt - und dann
auch umgesetzt wird. Zuallererst darf eine Gesellschaft, die mit dem
demografischen Wandel zurecht kommen möchte, ältere Menschen nicht
als Problemgeneration abstempeln. Viel zu häufig taucht immer dann,
wenn vom demografischen Wandel die Rede ist, der Begriff der
"Überalterung" auf - ein Begriff, der in eine völlig falsche Richtung
geht und die Arroganz des ewigen Jugendwahns offenbart. Dabei bieten
Senioren ein riesiges Potenzial. Als Arbeitskräfte zum Beispiel. Denn
die Menschen werden nicht nur immer älter, sondern bleiben auch immer
länger gesund und sehen häufig gar nicht ein, dass ihr Arbeitsleben
mit dem Eintritt in das Rentenalter abrupt endet. Senioren, die
arbeiten möchten, sollten dies auch problemlos tun können - weshalb
flexible Übergänge von Berufsleben und Rentenalter etabliert werden
müssen. Ein festes Renteneintrittsalter scheint völlig überkommen.
Ältere Menschen können darüber hinaus Wissensvermittler sein,
Menschen, die zum Beispiel auch in neuen Modellen des Zusammenlebens
wie in Mehrgenerationenhäusern an Jüngere Lebenserfahrung weitergeben
oder etwa Kinder betreuen können. Und im besten Fall Unterstützung
erhalten, wenn sie auf Hilfe angewiesen sind. Denn: Wenn 2030 mehr
als drei Millionen Menschen pflegebedürftig sind, wie es Berechnungen
vorhersagen, muss es schon lange eine Selbstverständlichkeit sein,
dass nicht nur Angehörige, sondern auch andere nahestehende Personen
sich um die Pflege eines Menschen kümmern können, ohne dabei
großartige Probleme bei der Vereinbarkeit mit dem Beruf zu haben.
Hier muss die Politik endlich handeln und darf die Menschen nicht mit
einer Pflegereform abspeisen, die ihren Namen nicht verdient. Und so
wird die größte Veränderung in der Arbeitswelt stattfinden. Bis 2030
wird die Zahl der arbeitsfähigen Bevölkerung zwischen 20 und 64
Jahren um sechs Millionen zurückgehen. und der aufgrund des
Fachkräftemangels heiß begehrte Arbeitnehmer neue Bedingungen
vorfinden müssen. Eine Präsenzkultur, wie sie heute noch in den
meisten Unternehmen selbstverständlich ist, wird nicht mehr haltbar
sein, soll der Mensch berufstätig sein und gleichzeitig Kinder
erziehen und sich um Pflegebedürftige kümmern. Manche Unternehmen
sind sich dessen bewusst und bieten ihren Mitarbeitern schon heute
flexible Arbeitszeiten, Heimarbeitsplätze, Betreuungsmöglichkeiten,
Weiterbildung und Gesundheitsprävention an. Alle anderen werden bald
zu spüren bekommen, dass der demografische Wandel mehr ist als eine
abstrakte Diskussion.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

422337

weitere Artikel:
  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Magnus Gäfgen Halle (ots) - Das Urteil ist schwer erträglich, denn der Horror des getöteten Jungen und das Leid seiner Eltern blieb zugleich unentschädigt. Moralisch ist es kaum nachvollziehbar, wie jemand nach solchen Taten die Chuzpe haben kann, noch Schadensersatz einzuklagen. Dennoch war das Urteil unausweichlich. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte die Entschädigung bereits 2010 für nötig gehalten. Da die Frankfurter Polizisten nur zu minimalen Strafen verurteilt wurden, müsse eben Gäfgen eine Entschädigung erhalten, um das mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Strompreisen Halle (ots) - Die Kostenexplosion beim Strom hat eine solche Dimension erreicht, dass das zeitgleich mit der Ankündigung von Preiserhöhungen geplante Angebot der Energieberatung einer Provokation gleichkommt. Im Zuge der Energiewende müssen andere Wege gefunden werden, als nur den Stromkunden tiefer in die Tasche zu greifen. Das Trostpflaster einer Beratung rettet die Haushalte da nicht. Und trotzdem sind Energiechecks vernünftig. Es wäre falsch, die Vorstellungen darüber in einer Schublade verschwinden zu lassen. Denn mehr...

  • FT: Flensburger Tageblatt zum Pussy-Riot-Prozess Flensburg (ots) - Putins Russland ist alles andere als ein Rechtsstaat. Die Entscheidungen in wichtigen Prozessen fallen im Kreml, nicht im Gerichtssaal. Und Wladimir Putin hat sich nach den Massenprotesten des Winters und seiner wenig überzeugenden Wiederwahl im März dazu entschlossen, der Opposition mit Härte zu begegnen. Der Westen sollte sich genau überlegen, wie er mit diesem Russland dauerhaft umgehen will. Am Dienstag die Fertigstellung der Ostseepipeline zu feiern, um am Mittwoch das Unrechtsurteil gegen die Punk-Damen zu mehr...

  • Südwest Presse: KOMMENTAR · ÄRZTEHONORARE Ulm (ots) - Eine Frage der Verteilung Gerade noch rechtzeitig haben die niedergelassenen Ärzte die Kurve bekommen und sich mit den Krankenkassen auf eine Honorarerhöhung geeinigt. Nach einer großen Kraftmeierei in den letzten Wochen drohten sie sich nämlich zu blamieren. Bis zu 30 000 demonstrierende Ärzte und Mitarbeiter wollten sie gestern bundesweit auf die Straße bringen. Dass es viel weniger waren, dürfte nur zum Teil an der Einigung in der Nacht zuvor gelegen haben. Für eine machtvolle Demonstration sind sich die Mediziner mehr...

  • Schwäbische Zeitung: Staatsmedizin lässt grüßen - Kommentar Leutkirch (ots) - Deutschlands Kassenärzte sind mal wieder die bösen Buben. Angeblich bekommen sie den Hals nicht voll. Sie streiken, obwohl ihnen die Kassen Milliarden in den Rachen werfen. Wahr sind solche Vorurteile zwar nicht. Aber sie sind so wohlfeil, dass redlicher Umgang mit dem Thema Politik und Medien schwerfällt. Wahr ist: Am besten verdienen Ärzte, die wenig arbeiten und Patienten möglichst schnell in Krankenhäuser abschieben, wenn diese richtig krank sind. Das System will das so, weil es Pauschalen vorsieht und Kosten mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht