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WAZ: Nicht nur lästig dazwischenreden - Kommentar von Jürgen Frech

Geschrieben am 31-08-2006

Essen (ots) - Einmal mehr steht die Mitbestimmung auf dem
Prüfstand. Unter Führung der Biedenkopf-Kommission soll die
Beteiligung der Arbeitnehmer am betrieblichen Entscheidungsprozess
auf eine neue Grundlage gestellt werden. Gerade im Ruhrgebiet weiß
man um die Bedeutung dieses Themas, denn nirgendwo sonst war der
wirtschaftliche Umbruch über Jahrzehnte so stark. Ohne die
Mitbestimmung, ohne eine faire Einbindung jener, die unter den
Hammerschlägen am meisten zu leiden hatten, wäre dieser Prozess gar
nicht möglich gewesen. Das räumen selbst viele Unternehmer ein.

Manche von ihnen meinen dabei aber eher die Betriebsräte, nicht
hingegen die Aufsichtsräte oder die Funktionäre in fernen
Gewerkschaftszentralen. Sie übersehen, dass diese Räder nicht
isoliert sind, sondern ineinander greifen. Beispiele, wo das nicht
funktioniert oder sich - wie bei VW - ein ganzes System dem Spott
preisgab, gibt es zwar. Daraus aber einen Generalangriff abzuleiten,
ist unredlich.

Natürlich sind Reformen nötig, vor allem deshalb, weil durch die
Fusionswelle der vergangenen Jahre viele europäische Unternehmen
entstanden, deren Sitz Deutschland sein mag, die aber oft mehr
Mitarbeiter im Ausland als im Inland haben. Ein Exportschlager ist
die Mitbestimmung auch nicht geworden. Viele Betriebsgründungen in
Deutschland erfolgen sogar nach britischem Recht, um die
Mitbestimmung zu umgehen. Dabei ist die Angst vor einem paritätisch
besetzten Aufsichtsrat unbegründet, denn er setzt das kapitalistische
Gesetz, wonach der Eigentümer entscheidet, in keiner Weise außer
Kraft. Schließlich entscheidet bei Stimmengleichheit die Zweitstimme
des Vorsitzenden, und den stellt die Eigentümerseite.

Auch ohne Parität wäre jeder Aufsichtsrat aufgerufen, Lösungen zu
finden, die von allen getragen werden können. Das ist nicht nur
demokratisch, sondern fördert auch Identität und Bindungskraft. Die
Parität erhöht diesen Druck nur und trägt dazu bei, dass
Mitbestimmung, wie schon der CDU-Politiker Karl Arnold fand, "kein
lästiges Dazwischenreden" sein darf, "sondern die große innere
Bereitschaft, an fundamentalen Zukunftsausgaben gleichrangig
mitzuwirken". Warum also der Widerstand? Ist es der Wunsch, den
Arbeitnehmern bildlich zu demonstrieren, dass sie am Tisch der Großen
nur Zaungäste zu sein haben? Diese Einstellung würde der
Sozialkultur, die die deutsche Wirtschaft seit 1945 auszeichnete,
nicht gerecht. Und ein "Irrtum der Geschichte", wie der frühere
BDI-Chef Rogowski formulierte, ist die Mitbestimmung schon gar nicht.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


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