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Von wegen Brückentechnologie

Geschrieben am 04-05-2010

Berlin (ots) - Gemeinsame Pressemitteilung

Die Bundesregierung plant Laufzeitverlängerungen für
Atomkraftwerke bis 2050 und nennt das ihr nationales Energiekonzept -
Warum die Ergebnisse der zugehörigen Szenarienrechnungen längst
feststehen - Vermerk der Bundesregierung offenbart die wahren
Absichten

Als groß angelegtes Ablenkungsmanöver mit dem einzigen Zweck, den
in der Bevölkerung nicht mehrheitsfähigen Weiterbetrieb alter
Atomkraftwerke zu rechtfertigen, haben Umweltorganisationen, Verbände
und ökologisch orientierte Unternehmen das von der Bundesregierung
angekündigte "nationale Energiekonzept" kritisiert. Dabei berufen
sich die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH), Germanwatch, der
Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK), die Stromhändler
LichtBlick, EWS (Elektrizitätswerke Schönau), HSE (HEAG Südhessische
Energie AG) und Entega sowie die führenden Windanlagenbauer ENERCON
und Vestas auch auf einen internen Vermerk der Bundesregierung, mit
dem die Unionsfraktion im Bundestag Ende April auf den Stand der
Vorbereitungen für das Energiekonzept gebracht werden sollte.

Das Papier befasst sich mit den Energieszenarien, die drei
Wirtschaftsforschungsinstitute derzeit für die Bundesregierung
ausarbeiten und die die Basis für das so genannte nationale
Energiekonzept bilden sollen. Aus den Vorgaben an die Institute geht
hervor, dass die Laufzeitverlängerung politisch gesetzt ist
(Varianten: 4, 12, 20 und 28 Jahre zusätzliche Laufzeit) und dass
sich der Ausbaugrad der Erneuerbaren Energien oder der Einsatz von
Effizienztechnologien wie Kraft-Wärme-Kopplung als Resultate aus den
unterschiedlichen Reaktorlaufzeiten ergeben sollen. Die Gutachter
sollen also nicht etwa ermitteln, ob und unter welchen
Voraussetzungen der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien die
Atomkraft ersetzen kann. Im Gegenteil: sie sollen errechnen, wie sich
der Ausbau der Erneuerbaren Energien in Abhängigkeit (!) von
unterschiedlichen Laufzeitverlängerungen entwickeln wird. Als
Referenz-Szenario dient danach eine Variante, bei der am Atomausstieg
festgehalten wird, die aber gleichzeitig davon ausgeht, dass die
Bundesregierung und ihre Nachfolger praktisch bis 2050 alle
Bemühungen zur Fortsetzung und Weiterentwicklung der Energiewende
einstellen. Mit einem solchen "Business-as-usual"-Szenario können die
Klimaschutzziele bis 2050 selbstverständlich nicht erreicht werden.

Als entscheidende Größe zur Bewertung der Szenarien-Rechnungen
beschränkt sich die Bundesregierung auf sich vermeintlich ergebende
"gesamtwirtschaftliche Effekte". Die Risiken der Atomenergie oder
Rückwirkungen auf die Entwicklung des Wettbewerbs im Energiemarkt
sollen keine Rolle spielen.

"Die Bundesregierung ist offenbar entschlossen, ihr nationales
Energiekonzept um die politisch gewollte Laufzeitverlängerung für
alternde Atomkraftwerke herumzustricken. Die Qualifizierung der
Atomkraft als Brückentechnologie erweist sich als reines Gerede zur
Vernebelung der tatsächlichen Absichten", erklärte
DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Sowohl die Vorgaben an die
Gutachter als auch die Auswahl der beteiligten Institute dienten
offenbar dem Zweck, das gewünschte Ergebnis - Reaktorlaufzeiten
möglichst bis zur Mitte des Jahrhunderts - als gesamtwirtschaftlich
vorteilhaft darzustellen. Auf Basis zahlreicher Studien des
Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität Köln (EWI), der
Prognos AG und der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung
(GWS), die diese in der Vergangenheit etwa für die großen
Energiekonzerne oder das Bundeswirtschaftsministerium erstellt
hätten, könnten die zu erwartenden Ergebnisse bereits heute ohne
erhebliches Fehlerrisiko prognostiziert werden. Baake: "Es kommt
hinten raus, was man vorne rein gibt". (Siehe Hintergrundpapier in
der Anlage).

Der Leiter Unternehmenskommunikation des Öko-Energieversorgers
LichtBlick, Ralph Kampwirth, erinnerte die schwarz-gelbe Regierung an
ihre ökonomischen Grundüberzeugungen: "Die Gretchenfrage an das
Energiekonzept lautet: Will die Regierung diejenigen stärken, die mit
ihrem von Atom und Kohle dominierten Strom-Mix 80 Prozent des
Strommarkts beherrschen? Will sie den Atomkonzernen mit
Laufzeitverlängerungen Milliardengeschenke machen? Oder wollen Union
und Liberale mehr Wettbewerb, mehr dezentrale Erzeugung, mehr
Innovation?" Mehr Atomstrom heiße automatisch weniger Ökostrom,
weniger Wettbewerb und weniger Innovation. Letztere seien jedoch die
Schlüssel für die ökologische Energiewende und müssten darum "im
Mittelpunkt jedes Zukunftsszenarios stehen, das mehr sein will als
ein Rechtfertigungspapier für den Ausstieg aus dem Atomausstieg", so
Kampwirth. Der mittelständische Öko-Energieversorger LichtBlick hat
sich vorgenommen, Atomkraftwerke mit Hilfe vieler dezentraler und
flexibler Mini-Kraftwerke (so genannte "SchwarmStrom-Erzeugung") zu
ersetzen.

Besorgt über die Entschlossenheit der Bundesregierung, die
Reaktorlaufzeiten gegen alle Widerstände durchzusetzen, zeigte sich
auch der Windanlagenbauer ENERCON. "Der Windbranche droht mit der
Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke und neuen Kohlekraftwerken
ein erheblicher Konkurrenzkampf um die Stromnetze", sagte Ruth
Brand-Schock aus dem Berliner Büro des deutschen Marktführers. Der
vorrangige Zugriff auf die Netze sei elementar für den Ausbau der
Windenergie an Land. Der werde aber massiv unter Druck geraten, wenn
konventionelle Grundlast nicht nur weiter ins Stromnetz dränge,
sondern darüber hinaus auch noch Stromspeicher beanspruche, um billig
erzeugten Grundlaststrom in Spitzenlast umzuwandeln. Schon heute
verfügten Betreiber von Pumpspeicherkraftwerken über Verträge mit
Kohlemeilern und behinderten den Zugriff der Erneuerbaren Energien
auf die knappen Speicherkapazitäten. Bei einer erneuten Zementierung
der Marktmacht der großen Energieversorger durch
Laufzeitverlängerungen werde der Kampf gegen den Vorrang für
Erneuerbare Energien im Stromnetz neu entbrennen und zuerst den
Heimatmarkt bedrohen. Brand-Schock: "Deutschland hat der ganzen Welt
gezeigt, dass eine große Industrienation die Energiewende vollziehen
und dabei auch noch eine neue Schlüsselindustrie des Maschinen- und
Anlagenbaus etablieren kann. Die Bundesregierung muss wissen, dass
sie mit ihrer rückwärtsgewandten Strategie ein hohes Zukunftsgut aufs
Spiel setzt."

Die beteiligten Umweltorganisationen, Verbände und ökologisch
orientierte Unternehmen fordern von der Bundesregierung, sich bei der
Erarbeitung des Energiekonzeptes nicht allein auf handverlesene,
bekannt konservative Institute zu stützen, sondern stattdessen die
gesamte Bandbreite der wissenschaftlichen Forschung in das
Energiekonzept einzubeziehen. Es gehöre die Frage in den Mittelpunkt
gerückt, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um eine klima- und
umweltverträgliche, risikoarme und kostengünstige Vollversorgung mit
Erneuerbaren Energien in der Zukunft zu ermöglichen.

Verweis: Hintergrundpapier samt Anlagen finden Sie hier:
http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2298

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Mobil: 0151 55016943, Tel.: 030
2400867-0, E-Mail: baake@duh.de

Ralph Kampwirth, Leiter Unternehmenskommunikation LichtBlick,
Zirkusweg 6, 20359 Hamburg, Mobil 0170 5651556, Tel.: 040 6360-1208,
E-Mail: ralph.kampwirth@lichtblick.de

Ruth Brand-Schock, ENERCON GmbH, Büro Berlin, Luisenstr. 48, 10117
Berlin, Tel.: 030 28045649, E-Mail: ruth.brand@enercon.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Deutsche Umwelthilfe
e.V,.Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil: 0171 5660577, Tel.: 030
2400867-21, E-Mail: rosenkranz@duh.de


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