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Berliner Morgenpost: Die Sozial-Kumpanei muss ein Ende haben - Leitartikel

Geschrieben am 20-04-2010

Berlin (ots) - Hummer auf Kosten der Obdachlosenhilfe, ein
Dienst-Maserati, eine Villa am See, eine aus den Kostensätzen der
Sozialhilfeträger erwirtschaftete Traumrendite, eine Schlammschlacht
zwischen Geldgeber und Auftragnehmer, Insolvenzgerüchte und Dementis:
Die Geschichte um die Berliner Treberhilfe taugt dazu, den gesamten
Sektor der sozialen Unternehmen in Misskredit zu bringen. Das ist in
den meisten Fällen ungerecht, denn viele machen engagierte Arbeit für
Jugendliche, Alte oder Obdachlose, und ihre Mitarbeiter sind
keineswegs überbezahlt. Dennoch schreit der skandalöse Vorgang um den
Sozialunternehmer und Treberhilfe-Gründer Harald Ehlert nach
Konsequenzen. Es ist absolut inakzeptabel, wenn Sozialsenatorin
Carola Bluhm von der Linken behauptet, ihr seien durch Bundesrecht
die Hände gebunden und sie könne nicht prüfen lassen, wie die
Treberhilfe ihre enormen Renditen erzielen konnte. Es gibt nur drei
Möglichkeiten, wenn ein solches Unternehmen so viel Geld
erwirtschaftet und damit innerhalb weniger Jahre Villen,
Luxusgehälter und dicke Autos finanzieren kann: Entweder werden
Leistungen nicht ordentlich erbracht, die Mitarbeiter ausgebeutet,
oder die Kostensätze sind zu hoch. Da ist eine Behörde verpflichtet,
genauer hinzuschauen. Wenn Bluhms Fachleute der Meinung sind, dass
das Bundessozialhilferecht keine Handhabe für schärfere Kontrollen
biete, warum hat Bluhm nicht acht Wochen nach Beginn der Affäre ein
paar belastbare Vorschläge in die politischen Diskussion geworfen,
wie man das ändern kann? Mit ihrer Beteuerung, die Treberhilfe mache
gute Arbeit, hat sich die Sozialsenatorin jedoch von Anfang an die
Grundlage für ein härteres Vorgehen gegen Ehlert und seine Mannen
genommen. Das nährt den Verdacht, im Sozialbereich kratze eine Katze
der anderen kein Auge aus, weil alle vom selben Kuchen fressen und
Geld für Soziales immer gut sei. Umso bemerkenswerter ist es, wenn
jetzt andere Träger endlich ein Durchgreifen gegen die rufschädigende
Treberhilfe verlangen. 2,3 Milliarden Euro gibt das Land Berlin für
Soziales aus. Tendenz steigend. Der größte Teil davon fließt an freie
Träger, die soziale Dienste im Auftrag der Behörden erbringen. Das
ist auch richtig so. Niemand außer ein paar Beamten und
Gewerkschaftern möchte zurück in die Zeiten, als die Ämter gegen
Vollkostendeckung selber Obdachlosenheime oder Jugendwohnungen
betrieben haben. Aber eine Generalrevision ist nötig: Die
Wohlfahrtsverbände selbst müssen dafür sorgen, dass ihre
Mitgliedsorganisationen transparent wirtschaften. Die Sozialbehörden
müssen ihre diversen Prüfmöglichkeiten auch nutzen. Und für den
ganzen Sektor werden neue Geschäftsmodelle benötigt: Bisher verdient
einer viel, der wie Ehlert möglichst viele Obdachlose unterbringt
oder Jugendliche betreut. Wenn ein Träger es schafft, Menschen wieder
in ein normales Leben zu führen, verliert er Geld. Erfolg wird also
bestraft, Verwaltung von Elend honoriert. Diesen Zustand umzudrehen
muss die eigentliche Lehre aus dem Treberhilfe-Skandal sein.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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