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Westdeutsche Zeitung: Selbstkritik als Osterbotschaft = Von Wolfgang Radau

Geschrieben am 02-04-2010

Düsseldorf (ots) - Die Osterbotschaft 2010 der katholischen Kirche
in Deutschland ist eine ungewöhnliche, denn sie übt Selbstkritik.
Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der Bischofskonferenz,
spricht von "Trauer, Entsetzen und Scham" über das Leid, das
katholische Priester und Ordensleute über Kinder und Jugendliche
gebracht haben, die ihnen anvertraut waren. Zollitsch und andere
Bischöfe nennen sexuellen Missbrauch beim Namen und gestehen ein, die
Kirche habe die Opfer oft über Jahrzehnte hinweg in ihrem Leid
alleine gelassen.
Das ist das besonders Schändliche an dem Missbrauchs-Skandal, dass
Schutzbefohlenen nicht nur schwere körperliche und seelische
Verwundungen zugefügt worden sind, die sie ein Leben lang begleiten.
Sondern dass man ihnen wahrscheinlich auch nicht geglaubt hätte, wenn
sie das Unaussprechliche ausgesprochen hätten. Geistliche galten und
gelten eben als sakrosankt.
Seit nunmehr einem Vierteljahr kommen immer wieder neue Verbrechen an
die Öffentlichkeit - als sei ein Damm gebrochen. Vieles, was in den
Strudel hineingezogen wird, gehört nicht unbedingt in den
Zusammenhang: körperliche Züchtigung zum Beispiel, die heutzutage
geächtet ist, vor einem halben Jahrhundert aber noch als legitime
Erziehungsmethode galt. Auch wer jetzt alle Priester, Ordensleute und
Kirchenmitarbeiter unter Generalverdacht stellt, begeht Unrecht: Die
überwältigende Mehrheit hat sich nicht schuldig gemacht. Eine
grundlegende Verfehlung der katholischen Kirche besteht darin, dass
sie mehr auf den Ruf ihres Apparates bedacht gewesen ist und weniger
auf den Ruf derer, die ohne Fehl und Tadel wertvolle Erziehungs- und
Bildungsarbeit leisten. Auch denen gilt kirchliche Fürsorgepflicht.
Während der Papst in Rom bislang mit keinem öffentlichen Wort auf den
Zweifel an der Glaubwürdigkeit seiner Kirche eingeht, der wie ein
Sturm durch Deutschland fegt, sagt der oberste deutsche Bischof
Zollitsch, dass der Karfreitag 2010 einen Neuanfang markieren soll,
"den wir alle so dringend benötigen". Wir glauben Zollitsch, dass er
das ehrlich meint - immerhin entschuldigte er sich schon vor einem
Monat bei den Missbrauchsopfern, als sein Mitbruder Mixa noch
Ursachen in der "Sexualisierung der Gesellschaft" suchte.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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