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Südwest Presse: Kommentar zum Thema Krankenkassen

Geschrieben am 25-01-2010

Ulm (ots) - Sicher ist im Gesundheitsbereich nur eines: Die
Ausgaben steigen, und zwar überdurchschnittlich. Trotzdem haben nicht
nur die gesetzlich Versicherten den Eindruck, dass sie für immer mehr
Geld immer schlechter versorgt werden. Auch die Beschäftigten im
Gesundheitswesen, allen voran die Ärzte, fühlen sich schlecht
behandelt. Die Politik scheitert immer wieder beim Versuch, die
Probleme unter Kontrolle zu bekommen, schon weil die Beteiligten
extrem unterschiedliche Interessen haben.
Daran hat der Gesundheitsfonds, der Anfang 2009 startete, nichts
geändert, und das war von vornherein klar. Denn er verteilt nur das
Geld anders. Wenn die Ausgaben für niedergelassene Ärzte,
Krankenhäuser und Medikamente in diesem Jahr um mindestens fünf
Prozent steigen sollen, während Löhne und Renten stagnieren, sind
Milliardenlöcher für die Kassen zwangsläufig.
Früher wäre die Konsequenz gewesen, dass die einzelne Krankenkasse
ihren Beitragssatz erhöht. Das allerdings spürten Arbeitnehmer und
Rentner nur indirekt, weil die Beiträge direkt von Lohn oder Rente
abgezogen werden. Eine feine Sache mit sehr geringem
Verwaltungsaufwand für die Kassen. Doch jetzt haben alle den gleichen
Beitragssatz. Den Sprengsatz hat die große Koalition bei der
Gesundheitsreform gleich eingebaut, jetzt zündet er: Die ersten
Kassen müssen Zusatzbeiträge erheben, weil sie mit dem Geld nicht
auskommen.
Im Grunde ist das nichts anderes als eine Rückkehr zu den
unterschiedlichen Beitragssätzen von früher und damit zu einem
Wettbewerbsinstrument zwischen den Kassen, das dringend erforderlich
ist. Denn auch der Zusatzbeitrag zeigt ein Stück weit an, wie gut die
einzelne Kasse wirtschaftet. Wobei es wie schon früher
Ungleichgewichte gibt, nur andere: Bis 2008 waren diejenigen mit
besonders vielen jungen und gesunden Mitgliedern im Vorteil. Heute
sind es unter anderem Versicherer mit vielen "gesunden Kranken", für
die der Gesundheitsfonds hohe Zuschläge zahlt.
Die entscheidend neue Qualität des Zusatzbeitrags ist, dass ihn die
Kassenmitglieder direkt bezahlen müssen. Entsprechend werden sie
fluchen - und mehr nachdenken als bisher, ob sie bei der richtigen
Kasse sind. Diese kommt also verstärkt unter Rechtfertigungsdruck,
warum sie zusätzliches Geld verlangt und was sie dafür an
Gegenleistungen bietet.
Das ist im Prinzip kein Fehler. Erkauft wird es allerdings mit einem
unglaublichen bürokratischen Aufwand. Jede Kasse muss einen eigenen
Beitragseinzug aufbauen. Schon bei der einfachsten Variante von
maximal acht Euro pro Monat schluckt das ein Viertel der
Zusatzeinnahmen. Doch das dürfte bei vielen Kassen schon 2011 nicht
ausreichen. Zwar können sie bis zu einem Prozent vom Gehalt
verlangen. Aber gerade Versicherungen mit vielen Geringverdienern und
Rentnern stoßen da rasch an Grenzen.
Das bringt die Politik unter Handlungsdruck. Doch die
Gesundheitsexperten der Koalition setzen aufs falsche Pferd. Der
FDP-Minister Philipp Rösler ist sich mit der Union im Prinzip einig,
das System ganz auf Prämien für die Versicherten umzustellen. Dafür
gibt es gute Argumente. Trotzdem ist es verschenkte Zeit, darüber zu
diskutieren. Denn das geht nur mit sozialem Ausgleich. Dafür wären
viele Steuer-Milliarden erforderlich. Die aber wird es auf absehbare
Zeit nicht geben. Daher geht kein Weg daran vorbei, auf die
Ausgabenbremse zu treten, auch wenn es unangenehm ist.
Die Bürger müssen sich überlegen, wie zufrieden sie mit den
Leistungen ihrer Kasse sind. Da zählt nicht nur ein Zusatzbeitrag,
sondern auch etwa die Betreuung und Kulanz. Auf jeden Fall können sie
ihre Krankenkasse wechseln, auch wenn das ein Vorteil nur für kurze
Zeit sein kann.

Originaltext: Südwest Presse
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/59110
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_59110.rss2

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218


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