(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema "Der Fall Polanski"

Geschrieben am 22-10-2009

Bielefeld (ots) - Haftbeschwerde abgelehnt: Filmregisseur Roman
Polanski hat am Dienstag eine schlechte Nachricht verkraften müssen.
Das Bundesstrafgericht im schweizerischen Bellinzona lehnte eine
Freilassung wegen hoher Fluchtgefahr ab. Seitdem Polanski (»Tanz der
Vampire«, »Der Pianist«) am 26. September auf dem Flughafen von
Zürich festgenommen wurde, kämpfen er und sein Anwalt medienwirksam
gegen die Auslieferung in die USA. Dabei haben Künstlerkollegen die
Justiz in Amerika und der Schweiz mit einer Vehemenz angegriffen wie
selten. Außenstehenden musste sich die Frage aufdrängen, wer
eigentlich am Pranger steht: Polanski oder die Ermittler?
Der Regisseur sei überfallen worden, hieß es, für ein drei Jahrzehnte
zurückliegendes Verbrechen wolle eine rachsüchtige Justiz einen alten
Mann (76) doch noch zur Rechenschaft ziehen. Berlinale-Chef Dieter
Kosslick forderte entrüstet die Freilassung: »Die Internationalen
Filmfestspiele Berlin protestieren gegen die willkürliche Behandlung
Roman Polanskis.« Polanskis Kollegen verfassten entrüstete
Petitionen.
Die Vertreter der Kultur offenbaren ein merkwürdiges Verständnis von
Gerechtigkeit. Die amerikanische und schweizerische Justiz haben
nichts falsch, sondern alles richtig gemacht. Fakt ist: Polanski hat
1977 die damals 13-jährige Samantha betrunken gemacht und
vergewaltigt, kurz vor der Urteilsverkündung 1978 floh er aus den
USA. Aufgabe der Justiz eines Landes ist es, die Bürger zu schützen
und Verbrechen zu sühnen. US-Staatsanwalt Steve Cooley hatte die
Pflicht, den Fall weiter zu verfolgen. Es gehe darum, »dass ein
Gerichtsverfahren abgeschlossen wird«, erklärte Cooley völlig
zurecht. Die Justiz der Schweiz half dabei, entsprechend
internationaler Vereinbarungen.
Von Willkür kann überhaupt keine Rede sein, und die Festnahme im
Vorfeld einer Preisverleihung als Überfall zu bezeichnen, ist absurd.
Hätte der Staatsanwalt Polanski vorher anrufen und höflich fragen
sollen, ob er damit einverstanden sei, dass er am 26. September auf
dem Flughafen festgenommen werden soll?
Vergaloppiert haben sich auch Minister in Frankreich und Polen. Der
französische Außenminister Bernard Kouchner nannte die Festnahme des
polnisch-französischen Regisseurs »absolut schrecklich«, sprach von
einer »alten Geschichte« und protestierte offiziell mit dem
polnischen Außenminister bei den USA.
Wieder hagelte es zu Unrecht Kritik auf die Justiz. In dem Fall
Polanski geht es aber nicht um nationale Befindlichkeiten, sondern um
die Wahrung von Rechtsprinzipien. Und selbst wenn das damalige Opfer
Samantha Geimer Polanski inzwischen verziehen haben mag, macht das
die gesetzeswidrige Flucht nicht ungeschehen. Ein Auge zuzudrücken,
würde das Vertrauen in die Justiz unterhöhlen. Gesetze gelten für
Prominente wie Normalbürger. Polanski scheint langsam einzulenken:
Einer Auslieferung stimme er möglicherweise zu, sagte sein Anwalt am
Mittwoch.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

232382

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Uneheliche Kinder Von Lothar Schröder Düsseldorf (ots) - Im Osten Deutschlands gehören sie mittlerweile einer Minderheit an: eheliche Kinder. Das heißt auch sehr nüchtern gedacht , dass die Mehrheit der folgenden Generation ohne Eltern aufwachsen wird, die sich als Ehepartner bemühen, Werte zu leben, die füreinander Dauer und für die gemeinsamen Kinder Verantwortung meinen. Keine Frage, so können und werden sich in vielen Fällen auch außereheliche Lebensgemeinschaften verstehen. Die Ehe aber ist ein öffentliches Bekenntnis, eine öffentlich abgesegnete Demonstration dessen, mehr...

  • Neue OZ: Kultur-Kommentar Osnabrück (ots) - Traurige Tradition Auch ganz entsetzliche Bräuche haben ihre traurige Tradition. Musik und Folter stehen schon so lange in einem unheilvollen Zusammenhang, dass es schier unvorstellbar ist, dieser Kombination noch in einer zivilen Gesellschaft wie der amerikanischen zu begegnen. Übelste Diktaturen haben zu Musik gefoltert. Da muss es den Gefangenen in Guantánamo wie blanker Hohn vorgekommen sein, ausgerechnet in einer Demokratie dem gleichen Verfahren ausgesetzt worden zu sein. Der Protest der betroffenen Künstler mehr...

  • WIEN MODERN 2009 Wien (ots) - WIEN MODERN, Österreichs größtes Festival für Musik der Gegenwart, präsentiert von 29. Oktober bis 21. November an 20 Spielorten in ganz Wien mehr als 70 Veranstaltungen. Mit einem Juwel der zeitgenössischen Orchestermusik wird WIEN MODERN 2009 am 29. Oktober im Wiener Konzerthaus eröffnet: Unter der Leitung von Sylvain Cambreling spielen das SWR-Sinfonieorchester und das Klangforum Wien Gérard Griseys monumentalen Zyklus "Les Espaces Acoustiques". Den Komponisten Robert Ashley, Ole-Henrik Moe und Bernhard Gander sind musikalische mehr...

  • WAZ: Kirche, Küche, EU-Kommission. Kommentar von Jens Dirksen Essen (ots) - Das sind so Karrieren zwischen Kirche, Küche und EU-Kommission. Vom Kleinkriminellen zum gesetzlich geschützten Kulturgut bringt es, weiß der Himmel, jedenfalls nicht jeder. Aber das kleine "Hergottsb'scheißerle" - so nannten die Zisterziensermönche von Maulbronn ihre Art, sich in der Fastenzeit doch noch ein bisschen Fleisch einzuverleiben. Sie stopften sich die Teigtaschen damit voll, kleingehackt zwischen Lauch, Brot, Kräutern und eventuell einer kleinen Portion Spinat versteckt. Ob der Name der Chose nun eine Abkürzung mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Buchmesse / China Osnabrück (ots) - Kassiber der Freiheit? Für die Freiheit des Wortes streiten manche lieber nicht allzu engagiert. Marktinteressen gehen eben vor. Die Kotaus der Gastgeber vor den offiziellen Gästen aus China während der Buchmesse erweckten genau diesen unangenehmen Eindruck. Die Nachricht von der Eröffnung eines Lizenzbüros für deutsche Verlage in Peking zeigt nun, um welch knallharte Interessen es auch schon während der Buchmesse ging. Der Konflikt zwischen Markt und Meinung verweist auf die prekäre Stellung des Buches zwischen mehr...

Mehr zu dem Thema Alles rund um die Kultur

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

Pinocchio erreicht Gold in Deutschland mit Top-3-Hit "Klick Klack" - "Mein Album!" erscheint am heutigen Tag - Neue Single "Pinocchio in Moskau (Kalinka)" folgt am 17. März

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht