(Registrieren)

Berliner Morgenpost: Die Schwäche der anderen ist die Stärke der FDP - Kommentar

Geschrieben am 11-02-2009

Berlin (ots) - Ausgerechnet am Tag, da die Staatshilfen für die
Monster-Bank Hypo Real Estate die 100-Milliarden-Grenze übersteigen,
hat die FDP eine Marke geknackt, deretwegen sie jahrelang verspottet
wurde: 18 Prozent der Deutschen, so behaupten zumindest die notorisch
unzuverlässigen Demoskopen, würden derzeit die Liberalen wählen. Wie
kann das sein? Hat sich die lange Not leidende Partei verändert?
Keineswegs. Aber die Umstände haben sich dramatisch gewandelt. In der
Krise werden die Volksparteien als Knäuel wahrgenommen, das mal
hier-, mal dorthin kullert, die Grünen gelten nach wie vor als
Öko-Partei und mithin nicht als umfassend krisenkompetent, und den
Linken mag man das Land erst recht nicht anvertrauen. Bleiben also
die Freidemokraten, die auch nicht plötzlich supergut geworden sind -
aber alle anderen schneiden eben noch schlechter ab.
Nach fast elf Jahren Opposition genießen die Liberalen das Privileg
relativer politischer Unschuld: Sie haben seit 1998 nicht eine
einzige Grausamkeit zu verantworten, weder Renten- noch
Gesundheitsreform, nicht Hartz I bis IV, Konjunkturpaket,
Rettungsschirm. In der Krise erweist sich Staatsskepsis als
stimmenwertes Alleinstellungsmerkmal. Dass der Staat wie im Falle
Hypo Real Estate offenbar mit großen Sündern paktiert, aber Millionen
kleiner Unternehmer allein lässt, macht die selbst ernannte
Wirtschaftspartei für Millionen Wähler attraktiv, die nicht von den
Segnungen des gigantischen Krisenfüllhorns profitieren.
Die FDP ist eine bürgerliche Protestpartei. "Dem Koch eins
auswischen" war für viele Wähler in Hessen im Januar wichtigster
Grund, mal FDP zu wählen. Genau hier liegt aber das Problem: Das
Wachstum ist nicht nachhaltig, sondern einer Stimmung von unbekannter
Dauer geschuldet. Alles hängt von Guido Westerwelle ab, der die
Partei verjüngt, in den Ländern stabilisiert und allein auf sich
zugeschnitten hat.
Kaum ein Politiker hat ein öffentliches Höllenfeuer durchlebt wie
Westerwelle. Der nervig Dynamische mit der "18" unter der Schuhsohle
galt lange Zeit als Prototyp des schwatzenden Karrieristen, er musste
mit mobbenden Altkadern fertig werden, ein nervenzehrendes Coming-out
bewältigen.
Das kommende halbe Jahr wird womöglich zur noch härteren Prüfung.
Denn ab sofort wird die Kleinpartei auf Regierungsfähigkeit getestet.
Taugt Westerwelle tatsächlich zum Außenminister einer schwarz-gelben
Koalition? Und was hat die FDP, die mit Genscher für Außenpolitik,
mit Lambsdorff für Wirtschaft und mit Hirsch/Baum für Bürgerrechte
stand, heute eigentlich an Personal zu bieten? Sind Daniel Bahr, Otto
Fricke, Silvana Koch-Mehrin in ausreichendem Maße ministrabel? Oder
tauchen alte Gespenster wie Ex-Parteichef Wolfgang Gerhardt oder
Cornelia Pieper noch einmal auf?
Eine Partei, die regieren will, kann nicht nur dagegen sein, sondern
muss klarmachen, wofür sie steht. Es gilt die Regel: Viele Fans, die
schnell kommen, sind auch hurtig wieder weg.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

185910

weitere Artikel:
  • Kölner Stadt-Anzeiger: McAllister fordert schärferes Profil der CDU Auseinandersetzung mit dem linken Lager Köln (ots) - Der Vorsitzende der CDU Niedersachsen, David McAllister, ist besorgt über das Erstarken der FDP. "Bei den gegenwärtigen Umfragen ist mir der FDP-Anteil zu hoch - vor allem weil er zulasten der Union geht", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag-Ausgabe). "Derzeit gelingt es der FDP in nicht uner-heblichem Maße, in unserem Reservoir zu fischen. Entscheidend ist, dass die Union ihr Profil schärft und dass wir in der Tagespolitik noch mehr unterscheiden zwischen den notwendigen Kompromissen einer Großen Koalition mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar: Volkspartei FDP Düsseldorf (ots) - Die Union muss den Massenzulauf zu den Liberalen sehr ernst nehmen. Denn die FDP hat instinktsicher die Schwäche der Christdemokraten im marktliberalen und konservativen Lager ausgenutzt. Die neue Seriosität, die konsistente Politik für mehr Entlastung und die Existenz einer jungen und frischen Politikergarde bei den Liberalen machen die einstige Klientelpartei der Besserverdienenden auch für ein breites Publikum attraktiv. Natürlich hat es eine Partei in der Opposition leichter, klare Kante zu zeigen. Auch die FDP mehr...

  • Der neue Tag: Kommentarauszug zu Bildungsgipfel Bayern Weiden (ots) - "(...) Die Initiative der Staatsregierung zum Ausbau der Ganztagsschulen klingt hoffnungsvoll. Da hierzulande die Herkunft wie in keinem Land über den Schulerfolg bestimmt, ist der Ausbau der Ganztagsschulen ein Schritt, um Chancengerechtigkeit zu gewährleisten. Doch das allein reicht nicht. Es braucht ein sinnvolles pädagogisches Konzept und vor allem qualifizierte Betreuung der Schüler. Je schneller also die Erhöhung der Zahl der derzeit 126 Schulsozialarbeiter auf die angekündigten 1000 erfolgt, desto besser für die mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Afghanistan / Terrorismus / Kabul / Anschlag Osnabrück (ots) - Hoffnung schwindet Wieder ein trauriger Tag in Afghanistan. Die Taliban haben bereits im vergangenen Jahr mit spektakulären Angriffen in Kabul und Kandahar ihre Fähigkeit zu koordinierten Attacken unter Beweis gestellt. Diesmal griffen Selbstmordkommandos Ministerien im Herzen der afghanischen Hauptstadt an. Die Botschaft der vielen Massaker ist klar: Die afghanische Regierung und die 50000 ISAF-Soldaten können weder die Bevölkerung noch sich selbst schützen. So schüren die Taliban brutal, aber nicht erfolglos Ängste, mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Parteien / FDP Osnabrück (ots) - Auf der Wolke Traumzahlen bescheren neue Umfragen der FDP. Ihr Höhenflug setzt sich fort und verheißt einer Koalition mit der Union nach der Bundestagswahl eine solide Basis. Da wirkt es irreal, wenn SPD-Chef Müntefering unter diesen Umständen seinerseits von einem Bündnis mit den Liberalen spricht. Angesichts stagnierender Umfragewerte für seine Partei muss er sich eher Sorgen machen, von ihnen überholt zu werden. Mindestens ebenso viel Grund zur Sorge hat freilich die Union. Der Sympathiezuwachs der FDP geht mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht