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DUH-Bilanz zur Jahreswende 2008/2009: Mit Klimaschutz gegen die Wirtschaftskrise

Geschrieben am 18-12-2008

Berlin (ots) - Die Jahrhundertherausforderung Klimawandel und die
Wirtschaftskrise können den überfälligen ökologischen Strukturwandel
antreiben - Bilanz und Ausblick der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen
Resch und Rainer Baake

18. Dezember 2008: Dem Klima-Wende-Jahr 2007 folgte ein Jahr
großer politischer und gesellschaftlicher Verunsicherung, an dessen
Ende zweierlei festgestellt werden kann: Sich selbst überlassene
globale Finanzmärkte können die Realwirtschaft weltweit in den
Abgrund reißen und das Erschrecken über den stattfindenden
Klimawandel reicht noch nicht aus, um die Politik dauerhaft auf eine
konsistente Strategie hin zu orientieren, die beide Herausforderungen
bewusst und gemeinsam zu bewältigen versucht. Das erklärten die
DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake und Jürgen Resch anlässlich
ihrer Jahresbilanz 2008 und der Vorstellung des DUH-Jahresberichts
heute in Berlin.

Mit den Nicht-Beschlüssen von Poznan, dem Flickenteppich aus
Kompromissen und einander widersprechenden Ausnahmen beim
Europäischen Rat in Brüssel und schließlich der gestrigen Zustimmung
des EU-Parlaments zu diesem Klimapaket sind die umweltpolitischen
Schlachten des Jahres 2008 geschlagen. Damit steht der europäische
Rahmen für den Klimaschutz bis 2020 im Wesentlichen fest. Deutschland
hat seine Führungsrolle eingebüßt und wird als Bremser wahrgenommen.

Bei den CO2-Grenzwerten für die Pkw-Hersteller hat insbesondere
die deutsche Autoindustrie mit Unterstützung der Kanzlerin alle ihre
Forderungen durchsetzen können. Bis 2012 erhalten die europäischen
Autokonzerne sogar die Möglichkeit, den durchschnittlichen
CO2-Ausstoß ihrer Neufahrzeuge zu erhöhen. Die Stromkonzerne sind
mit ihrer Forderung, die Privilegien der klimaschädlichen Kohle zu
erhalten, weitgehend gescheitert. Ab 2013 müssen sie alle
Emissionsrechte ersteigern, nur in den osteuropäischen Staaten kommt
die vollständige Versteigerung später. Der von der Umweltseite
erzeugte öffentliche Druck hat ein weiteres Aufweichen des
ursprünglich in sich schlüssigen Kommissionsvorschlags verhindert.
Bei der Industrie hingegen gibt es für die größten Klimasünder die
größten Ausnahmen - auch dies nach einem Sondereinsatz der deutschen
Kanzlerin Angela Merkel. Ihr Versuch die drohende Rezession und die
möglichen Folgen für den Arbeitsmarkt gegen einen wirksamen
Klimaschutz auszuspielen, zeugt von einer bemerkenswerten
Kurzsichtigkeit.

Gestern noch war Klimaschutz die "größte Herausforderung für die
Menschheit" - heute glauben die Kanzlerin und ihr Kabinett, sie kämen
im Rückwärtsgang aus der Wirtschaftskrise. Doch Strukturkonservierung
wird als Arbeitsplatzsicherung missverstanden und verschärft
dauerhaft die Probleme, statt sie zu lösen. Wir müssen den
Vorwärtsgang einlegen. Jeder einzelne Vorschlag zur Bewältigung der
heraufziehenden Rezession muss auf seine mittel- und langfristige
Tragfähigkeit geprüft werden. Und das heißt vor allem: Er muss den
ökologischen Strukturwandel voranbringen und den Klimawandel bremsen.
Alles andere werden das Land, die Unternehmen und die Beschäftigten
teuer bezahlen müssen, denn ein Wirtschaftsaufschwung mit alten
Techniken verschärft das Klimaproblem.

Rainer Baake: Das Neue Jahr muß genutzt werden, den inkonsistenten
europäischen Rahmen durch nationale Maßnahmen so auszufüllen, dass in
Deutschland eine zukunftsfähige Energieerzeugung entsteht. Wir
brauchen ein funktionsfähiges, widerspruchsfreies und sicheres
Stromerzeugungssystem. Am 1. Januar tritt die Novelle des kürzlich
von allen Parteien im Deutschen Bundestag verabschiedeten
"Erneuerbaren Energiegesetzes" in Kraft. Der Anteil der Erneuerbaren
an der Stromerzeugung soll bis 2020 auf mindestens 30 Prozent
verdoppelt werden. Den Erneuerbaren wird zu Recht weiterhin ein
gesetzlicher Vorrang in allen Strom-Netzen eingeräumt. EEG-Strom ist
damit per Gesetz "Grundlaststrom". Die Politik und die traditionelle
Stromwirtschaft müssen lernen, dass ein kräftig wachsender Anteil
erneuerbarer Energien eine schrittweise Umstellung des gesamten
Systems erfordert. Schwankende Einspeisungen von großen Mengen Wind-
und später Sonnenstrom erfordern einen Kraftwerkspark, der darauf
flexibel reagieren kann. Mit Atom- und neuen Kohlekraftwerken geht
das nicht. Wenn die Politik das nicht versteht - ja sogar noch neue
Kohlekraftwerke aus den Erlösen versteigerter Klimaschutzzertifikate
subventionieren will - dann ist diese Strategie nicht nur absurd, sie
fährt auch die in Deutschland kraftvoll begonnene Energiewende an die
Wand. Die Verantwortlichen in Unternehmen und Regierungen hätten
jetzt die Chance, den Strukturwandel zu befördern und den Weg in eine
nachhaltige Wirtschaft zu ebnen.

Jürgen Resch: 2009 wird das Schicksalsjahr für die deutsche
Automobilindustrie. Die derzeitige Kaufzurückhaltung bei Neuwagen
wird so lange fortbestehen, bis die Bundesregierung ihre Hausaufgaben
erledigt und ein wirksames Konjunkturprogramm zur gezielten Förderung
spritsparender Fahrzeuge umgesetzt hat. Der derzeitige Käuferstreik
zwingt zudem erstmals die Autobauer, über neue Fahrzeug- und
Antriebskonzepte nicht nur nachzudenken, sondern sie auch umzusetzen.
Solange allerdings die Bundesregierung - im Gegensatz zu fast allen
anderen europäischen Staaten - die Spritfresser einseitig fördert und
sparsame Fahrzeuge links liegen läßt, bremst sie den notwendigen
Umbau in der Modellpolitik. Der in Brüssel erfolgreiche, gemeinsame
Einsatz von Politik und Autokonzernen für übermotorisierte
Großlimousinen wird ein Pyrrhussieg bleiben, weil die Fahrzeuge
spätestens nach dem nächsten Ölpreisschub keine Käufer mehr finden
werden. Schon jetzt stehen Spritmonster auf deutschen Straßen kurz
vor der Ächtung. Wir erleben in der Verkehrspolitik ein völliges
Politikversagen. Kanzlerin Merkel und ihr Kabinett haben drei Jahre
lang kein Konzept für eine ökologische Verkehrspolitik gefunden und
sich stattdessen Gesetze von der Autoindustrie diktieren lassen. Wer
im Konjunkturprogramm Klimakiller um ein mehrfaches höher fördert als
Spritsparfahrzeuge, wird erleben, dass die Verbraucher selbst die
Steuerung hin zu weniger spritdurstigen Pkw vornehmen, die die
Politik verweigert. Wenn die Bundesregierung der Automobilindustrie
im kommenden Jahr und darüber hinaus helfen will, muss sie eine
Kfz-Steuerreform einführen, die hohe CO2-Emissionen hart bestraft und
vergleichsweise klimafreundliche, moderne Fahrzeuge gezielt
entlastet.

Der Jahresbericht weist die DUH als weiter dynamisch wachsende
Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation aus, die sich auf sehr
vielen umweltpolitisch relevanten Feldern zunehmend Gehör verschafft.
Die Bereiche Verkehr und Luftreinhaltung sowie Energie und
Klimaschutz konnten im vergangenen Jahr erheblich ausgebaut und die
Aktivitäten deutlich ausgeweitet werden. Den Jahresbericht 2007/2008
der DUH finden Sie als PDF auf www.duh.de.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e. V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-15, 0151 5501
6943, baake@duh.de

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e. V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil.: 0171 3649170, resch@duh.de

Ulrike Fokken, Sprecherin Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe e.
V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-22, 0151
55017009, fokken@duh.de


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