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Rheinische Post: Das bürgerliche Lager - ratlos

Geschrieben am 29-09-2008

Düsseldorf (ots) - Von Sven Gösmann

Die CSU hat ihre personelle Erneuerung um einige Wochen
aufgeschoben. Die erfolgsverwöhnte Ex-Staatspartei braucht Zeit, um
den Neubeginn überzeugend mit Köpfen zu verbinden. Denn seit Sonntag
ist in der CSU auch der feste Glauben in die Fähigkeit erschüttert,
sich immer wieder häuten zu können, um anschließend noch glänzender
dazustehen. Dieser Prozess fand bisher regelmäßig erfolgreich,
mitunter mit großer Brutalität statt. Ex-Ministerpräsident Max
Streibl, Theo Waigel oder auch Edmund Stoiber könnten davon
berichten. Dass die Nachfolger Stoibers diesen nicht zu ersetzen
vermochten, hat in der CSU aber an dieser Methode Zweifel aufkommen
lassen. So erklärt sich das aktuelle Zögern. Es fehlt schlicht das
Vertrauen, Horst Seehofer allein könne das blasse Trio
Huber/Beckstein/Haderthauer ersetzen. Diesem Neuanfang wohnt kein
Zauber inne - vielmehr stutzt er die letzte überragende politische
Kraft auf trauriges Normalmaß.
Doch diese Wahl hat Wirkung über Bayern hinaus. Die Bayern-Union hat
zugelassen, dass mit den Freien Wählern eine zweite bürgerliche Kraft
heranwuchs und die FDP wiedererstarkte. Die Liberalen könnten
bundesweit noch erfolgreicher sein, schreckte nicht die nassforsche
Art ihrer Führung manche Konservativen ab. Diese drohen heimatlos zu
werden - solange es kein Phänomen wie die Freien Wähler auf
Bundesebene gibt.
Nicht zu vergessen: Zeitgleich mit dem Debakel in Bayern erlebte die
CDU ein Fiasko bei den brandenburgischen Kommunalwahlen. Mit knapp 20
Prozent ist sie dort nur noch dritte Kraft hinter SPD und
Linkspartei. Im Bund dümpelt die Union bei 36 Prozent, hat bei zehn
Landtagswahlen hintereinander verloren. Die Partei profitiert nicht
von der schon strukturell zu nennenden Schwäche der SPD, die ihre
eigene Hilflosigkeit notdürftig hinter Häme über den CSU-Absturz
versteckt. Die hohen Popularitätswerte Angela Merkels auf jeden Fall
verwandeln sich nicht in Prozente für die Union, weil viele bei der
CDU/CSU ein klares Profil vermissen.
War doch das hektische Agieren der CSU in der Bildungs- wie in der
Wirtschaftspolitik zwischen linken und rechten Antworten auf die
anstehenden Fragen symptomatisch für die Union. Die Partei -
getrieben vom Koalitionspartner SPD, verunsichert vom Erfolg der
Linken - steht nicht mehr automatisch für das Zukunftsversprechen,
dass sich Leistung lohnt. Vielmehr macht die Union vom
Gesundheitsfonds über den Mindestlohn bis in den Bereich der
Familienpolitik vieles mit, was ihre Grundpositionen karikiert. Für
die politische Anführerin Angela Merkel gilt deshalb neun Monate vor
der Europa- und zwölf Monate vor der Bundestagswahl um so mehr der
Rat eines zeitgenössischen Denkers: "Man braucht Flügel, man muss
aber wissen, dass mittendrin der Kopf ist." Der das gesagt hat, heißt
übrigens Franz Müntefering.

Originaltext: Rheinische Post
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30621
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Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303


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