Lausitzer Rundschau: Die Lausitzer Rundschau Cottbus zum Urteil im Prozess um die getöteten Babys in Frankfurt (Oder): Nur ein Urteil
Geschrieben am 01-06-2006 |
Cottbus (ots) - Das gestrige Urteil gegen die Mutter der toten Babys von Frankfurt (Oder) ist noch nicht der Schlusspunkt in dieser unfassbaren Geschichte. Das Urteil, fünfzehn Jahre Haft wegen achtfachen Totschlags, erfüllt weder die Erwartungen der Staatsanwaltschaft noch die der Angeklagten. Ihr Verteidiger hatte eine deutlich geringere Strafe gefordert, die Staatsanwaltschaft dagegen lebenslange Haft wegen Mordes. Die Verteidigung hat bereits Revision angekündigt. Auch große Teile der Öffentlichkeit werden mit dem Urteil unzufrieden sein. Ihre Erwartung an die Frankfurter Richter war seit Wochen hoch, zu hoch. Denn das Gericht musste versuchen, nicht nach Gefühl, sondern mit den Maßstäben von Strafgesetzen das zu erfassen, was jedem Beobachter bis zum Ende des Verfahrens unfassbar geblieben ist: die Hintergründe dieser monströsen Tat und ihren genauen Ablauf. Hat Sabine H. die Neugeborenen sterben lassen, indem sie sie unversorgt liegen ließ? Kamen sie überhaupt lebend zur Welt? Warum ist sie nicht ausgebrochen aus dem Kreislauf von Schwangerschaft, heimlicher Entbindung und Verscharren der toten Babys? Handelte sie bewusst und kaltblütig oder war sie vom Leben, warum auch immer, überfordert? Gab es doch Mitwisser ihrer Schwangerschaften und welche Rolle spielte der Alkohol? Wie konnte sie weiterleben, die Blumenkübel mit den kleinen Leichen täglich vor Augen? Nicht alle Fragen konnten beantwortet werden. Weil die Überreste der seit Jahren toten Kinder selbst bei akribischer Untersuchung nur noch sehr wenige Informationen preisgaben. Weil Sabine H. vor Gericht schwieg, was ihr gutes Recht war. Weil es keine Zeugen gab, als die Kinder zur Welt kamen. Sicherlich hat mancher im Stillen erwartet, der Prozess werde das schier Unbegreifliche irgendwie doch noch begreifbar machen. Das konnte das Gericht nicht leisten. Es konnte nur ein Urteil sprechen, nach Recht und Gesetz und nach dem, was bewiesen werden konnte. Das hat es getan. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
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