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Lausitzer Rundschau: Pflegereform tritt in Kraft

Geschrieben am 30-06-2008

Cottbus (ots) - Der Fortschritt ist bekanntlich eine Schnecke. Für
die Pflegeversicherung gilt das in besonderem Maße. Rund zwölf Jahre
mussten ins Land gehen, bevor sich die politischen
Entscheidungsträger zu einer ersten Reform aufgerafft haben. Ab heute
steht das neue Gesetz im Praxistest. Und es bedarf keiner
prophetischen Gabe, um festzustellen, dass es schon bald wieder von
der Wirklichkeit überholt werden dürfte.
Das hat zunächst einmal mit der schematischen Vorstellung von Pflege
zu tun, die auch das reformierte Gesetz kennzeichnet. Wer im
täglichen Leben fremder Hilfe bedarf, wird je nach Umfang seiner
Bedürftigkeit in verschiedene Pflegestufen einsortiert. Darin ist
genau festgelegt, wie viele Minuten das Pflegepersonal für die
Körperpflege des Hilfsbedürftigen bis hin zur Verabreichung seines
Essens jeweils aufwenden darf. Immer mehr Menschen passen aber nicht
mehr in dieses Raster. Sie sind noch körperlich gut beisammen, doch
der Verstand hält nicht mehr mit. Experten gehen davon aus, dass in
Deutschland weit mehr als eine Million Alzheimer-Kranke leben. Jedes
Jahr kommen etwa 100 000 hinzu. Da ist es wenigstens ein kleiner
Fortschritt, wenn die Zuwendung für altersverwirrte Menschen in der
Pflegeversicherung künftig mehr Beachtung findet.
Eine umfassende Neujustierung der Pflegeaufgaben steht aber noch aus.
Erst im November soll eine Expertenkommission dazu ihren Befund
vorlegen. So hat es die Bundesgesundheitsministerin verfügt. Falls
Ulla Schmidt ihren selbst erteilten Auftrag ernst nimmt, müsste sie
also noch in diesem Jahr für eine Reform der Reform werben.
Der andere zentrale Schwachpunkt des neuen Gesetzes besteht in seiner
halbherzigen Finanzierung. Heute ist bereits jeder vierte
Bundesbürger 60 Jahre und älter. Bis 2030 wird sich der Anteil dieser
Altersgruppe auf mehr als ein Drittel erhöhen. Damit steigt auch das
allgemeine Pflegerisiko. Doch wie schon zu Beginn der
Pflegeversicherung werden die Kosten weiter ausschließlich von den
Beitragszahlern geschultert, also von den Arbeitnehmern und
Angestellten. Sie müssen ab sofort tiefer in die Tasche greifen.
Dabei wäre die Finanzierung die Sache aller Bürger. Schließlich
handelt es sich um eine gesellschaftliche Herausforderung.
All diese Umstände hätte die Große Koalition bei ihrer Reform
berücksichtigen können, ja müssen. Doch am Ende lief das politische
Tauziehen ganz nach dem Muster der unbefriedigenden Gesundheitsreform
ab: Für einen großen Wurf fehlte der Großen Koalition die Kraft. Nach
den Prognosen von Union und SPD soll die Finanzierungsgrundlage der
Pflegeversicherung nun erst einmal bis 2015 gesichert sein. Die
Rechnung basiert jedoch auf einer weiter überwiegend freundlichen
Konjunktur. Mittlerweile gibt es dafür aber gegenteilige Anzeichen.
Schon deshalb könnte die Pflegekasse wieder schneller auf der
Tagesordnung stehen, als es Union und SPD lieb ist.

Originaltext: Lausitzer Rundschau
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/47069
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Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de


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