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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) schreibt zum Milchlieferboykott:

Geschrieben am 05-06-2008

Bielefeld (ots) - Lidl und Rewe machten den Anfang. Die anderen
folgen. Zehn Cent mehr pro Liter Milch: Es scheint, als hätte der
Lieferboykott Erfolg. Doch die Bauern haben gelernt, sich nicht zu
früh zu freuen. Im Herbst 2007 schienen sie schon mal am Ziel ihrer
Forderungen. Dann begann ein marktwirtschaftliches Spiel, von dem man
hoffte, dass es nicht abgekartet war: Die Landwirte wurden
aufgefordert, »voll in die Milch« zu gehen. Der Verweis auf die neue
große Nachfrage der Verbraucher in den aufstrebenden Ländern Asiens
nach deutschen Molkereiprodukten führte dazu, dass zusätzliche
Kapazitäten aufgebaut wurden. Monate später gab es plötzlich wieder
zu viel Milch - und der Preis zerfloss wie Eis in der Sonne.
»Das nennt man Marktwirtschaft«, argumentieren die Vertreter der
reinen Lehre. Demgegenüber habe das, was die Milchbauern seit Tagen
mit aller Macht durchsetzen, mit Marktwirtschaft nichts zu tun. Da
wird etwa ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass Absprachen
unter den Erzeugern, den verarbeitenden Molkereien und den
Großkonzernen im Einzelhandel Vorrang haben müssen vor dem geltenden
Kartellrecht.
Natürlich wissen die Landwirte in Wirklichkeit, was Markt bedeutet.
Sie haben es oft genug mit Hilfe des »Schweinezyklus« erklärt
bekommen: Die Nachfrage nach Schweinefleisch treibt den Preis solange
in die Höhe, bis auch der letzte Mäster seine Ställe aufgefüllt hat.
Weil alle das Gleiche tun, gibt es bald ein Überangebot an
Schweinefleisch. Der Preis verfällt, bis er so weit im Keller ist,
dass keiner mehr ein Schwein mästen will. Dann ist die Not groß - und
meist auch die Forderung nach staatlicher Hilfe. Keiner aber will
mehr Schweinezüchter sein.
Im Falle der Milch gilt ein ähnlicher Zyklus, nur dass die einzelnen
Phasen länger dauern. Dies trifft besonders zu, wenn Subventionen
falsche Anreize schaffen. Da es sich bei den Produzenten aber um
Lebewesen und bei den Produkten um Lebensmittel handelt, sind
Fehlsteuerungen durch den Markt nicht so einfach hinnehmbar. Wie
haben die Bilder von Bauern, die ihre Milch wegkippten, manch zarte
Gemüter erschreckt! Gemessen an den Milchseen und Butterbergen, die
vor Jahren von der EU finanziert wurden, handelt es sich bei den
jetzigen Mengen aber eher um Peanuts. Ob der sich abzeichnende Erfolg
für die Milchbauern von Dauer ist, wird auch davon abhängen, ob die
EU sich doch dazu durchringt, das auslaufende System der Milchquoten
zu verlängern.
Alle Räder stehen still, wenn Traktoren den Weg versperren. Da sind
Landwirte genau wie Fernfahrer und Lokführer im Vorteil gegenüber
Verkäuferinnen oder Sachbearbeitern in einem Büro. Proteste leben von
Bildern. Dabei kämpfen die Bauern allerdings nicht nur für sich,
sondern auch für die Zukunft des ländlichen Raumes. Spätestens wenn
der letzte Bauer seinen Traktor stillgelegt und seinen Stall für
immer abgeschlossen hat, werden auch die Städter erkennen, dass
Landwirtschaft mehr ist als Ackerbau und Viehzucht.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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