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WAZ: Muslime in Deutschland - Schock oder Chance - Leitartikel von Christopher Onkelbach

Geschrieben am 20-12-2007

Essen (ots) - Die Studie des Innenministers kann erschrecken: Fast
die Hälfte aller in Deutschland lebenden Muslime sind demnach
fundamental orientiert, jeder siebte Islam-Gläubige hat Probleme mit
dem Rechts-staat und der Demokratie. Diese Ergebnisse legen die
Schlussfolgerung nahe: Muslim gleich Bedrohung. Worauf Abwehr die
spontan richtige Reaktion zu sein scheint.

Doch bei genauerer Betrachtung muss sich eine andere Reaktion
einstellen. Erst vor wenigen Tagen stellte die CDU-Staatsministerin
für Integration, Maria Böhmer, eine Studie vor, die man so
zusammenfassen darf: Deutschland gibt Zuwanderern kaum noch Chancen.
Die Lage der 15 Millionen Menschen aus Einwandererfamilien ist
deprimierend: 18 Prozent der Kinder brechen die Schule vorzeitig ab.
Nur 23 Prozent absolvieren eine Berufsausbildung - bei den Deutschen
sind es 57 Prozent. Etwa 40 Prozent der Migranten haben keinen
Berufsabschluss. Bei den in Deutschland lebenden Migranten aus der
Türkei sind es danach sogar 72 Prozent. Damit ist das Risiko für
diese Menschen, arbeitslos zu sein, doppelt so hoch wie für Deutsche.
Genau hier liegt das Integrationsproblem.

Man frage einmal bei einer vergleichbaren Gruppe von Deutschen
nach - sozial abgehängt, arbeitslos und frustriert -, wie sie es mit
dem Rechtsstaat und der Demokratie halten. Die Zahl derer, die damit
kaum noch etwas anfangen können, dürfte nicht geringer sein.
Soziologen weisen darauf hin, dass demokratiefeindliche Einstellungen
bei nicht-muslimischen Deutschen ebenso häufig anzutreffen seien.

Wenn sich Jugendliche, die in dritter Generation in Deutschland
leben, immer noch als Ausländer betrachtet und diskriminiert sehen,
ziehen sie sich in ihre ethnische Gemeinschaft oder in die Religion
zurück. Ein ähnliches Phänomen lässt sich bei deutschen Jugendlichen
beobachten, die sich sozial ausgegrenzt fühlen. Sie ziehen sich nur
in andere Milieus zurück.

Damit soll nichts relativiert werden. Vor allem der wachsende
Fundamentalismus und die Gewaltbereitschaft einiger Muslime muss
Anlass zur Sorge bleiben. Integration kann nur gelingen, wenn die
Grundwerte der Gesellschaft, in der man lebt, akzeptiert werden. Die
miserablen Zukunftsaussichten junger Migranten zeigen indes, dass wir
Integration vor allem als Bildungsherausforderung begreifen müssen.
Jugendliche, ob deutsch oder nicht, entwickeln eine andere
Einstellung zur Gemeinschaft, wenn sie eine Chance erhalten, eine
Perspektive sehen. Und das ist aller Mühen wert.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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