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Westdeutsche Zeitung: Gericht stellt der Politik mit Hartz-IV-Urteil schwere Aufgabe = von Martin Vogler

Geschrieben am 20-12-2007

Düsseldorf (ots) - Das Wichtigste nach dem gestrigen Urteil des
Bundesverfassungsgerichts: Hartz-IV-Empfänger müssen keine Angst
haben. Ihr Geld wird weiterhin bezahlt. Auch die für sie praktische
Zusammenlegung von einst zwei Behörden, nämlich einer für
Arbeitslosenhilfe und einer für Sozialhilfe, bleibt wohl - wenn auch
in veränderter Form - bestehen. Gut so.
Dennoch hat das Urteil Tücken. Es ist vor allem, auch wenn Juristen
es gestern anders interpretieren wollten, eine schallende Ohrfeige
für die Politik, die im Jahr 2003 ihren Job nicht richtig erledigte.
Damals konnten sich die rot-grüne Bundesregierung und der Bundesrat,
in dem die Union die Mehrheit hatte, nicht darüber einigen, ob die
Bundesagentur für Arbeit oder die Kommunen die Verantwortung für
Langzeitarbeitslose übernehmen soll. Teilnehmer der nächtelangen
Beratungen gaben später zu, sie hätten selbst nicht mehr verstanden,
was sie eigentlich beschlossen. Heraus kam ein entsprechend fauler
Kompromiss mit über 350 behördlichen Mischehen namens Argen. Und
genau die sind seit gestern verfassungswidrig. Elf Landkreise haben
geklagt und vor Gericht gewonnen. Ihnen ging es vor allem darum,
finanzielle Belastungen durch die jetzige Regelung zu reduzieren. Ob
die Kommunen, also Landkreise und kreisfreie Städte, am Ende wirklich
als Sieger dastehen werden, ist nicht sicher. Denn wenn das
Karlsruher Urteil konsequent umgesetzt wird, werden wir eine teure
Radikalkur der Hartz-IV-Verwaltung erleben. Das für die Kommunen
ungünstigste Szenario könnte so aussehen: Sie werden weiterhin -
diese Möglichkeit räumt das Urteil ausdrücklich ein - an den Kosten
von Hartz IV beteiligt. Die Verantwortung dafür werden sie eher nicht
bekommen, weil das Grundgesetz eine solche direkte
Aufgabenübertragung seit der Föderalismusreform verbietet. Also
könnte der Bund künftig die Betreuung der Hartz-IV-Empfänger
übernehmen. Schon die Länder und erst recht die Kommunen würden also
kaum mehr Einflussmöglichkeiten haben.
Es gibt noch zahlreiche andere Lösungmöglichkeiten. Diese reichen bis
zur Grundgesetzänderung. Auf die politischen Entscheider kommt also
viel Arbeit zu. Hoffentlich erledigen sie sie besser als im Jahr
2003.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
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Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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