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LVZ: zu Schengen-Erweiterung Reisefreiheit mit Risiken

Geschrieben am 20-12-2007

Leipzig (ots) - Von Olaf Majer
Luxemburg? Da zuckt Otto-Normalbürger meist nur müde mit den
Schultern. Man weiß vielleicht, dass dort ein Großherzog geräuschlos
regiert, Gutbetuchte auf diskret gehüteten Konten Steuern sparen und
der Fußball-Zwerg regelmäßig ein deutsches Torfestival garantiert.
Alles kein Grund zur tieferen Sorge im Alltag.
Doch nun drängt mit Macht ein Ortsname der Mini-Monarchie ins
Bewusstsein, über den ungewöhnlich laut gejubelt und zugleich
geflucht wird: Schengen. Das 1500 Einwohner zählende Winzerdorf steht
spätestens ab heute für die Freude des grenzenlosen Reisens und für
die Angst vor wachsender Kriminalität. Denn was in Schengen 1985
beschlossen wurde, hat wie so oft bei politischen
Richtungsentscheidungen zwei Seiten. Mit der Öffnung der Schlagbäume
steigen eben auch die grenzenlosen Risiken.
Die offiziell verteilten Beruhigungspillen wollen nicht so recht
wirken. Dabei sollen die neuen Schengen-Außengrenzen zur Ukraine oder
Weißrussland dank technischer Aufrüstung ein sicheres Bollwerk sein.
Heißt es. Auch die Europa-Sheriffs von Europol verteilen
Glückshormone und lobpreisen ihr einheitliches Fahndungssystem. Es
ist nur noch nicht ganz fertig. Dafür dürfen deutsche Gesetzeshüter
nun in Polen auf Verbrecherjagd gehen. Nur sind die polnischen
Kollegen bereits heute technisch besser ausgestattet.
Die anberaumte Gute-Laune-Stimmung wird vollends getrübt durch
zunehmende Autodiebstähle und Hauseinbrüche im sächsischen
Drei-Länder-Eck. Oder durch die Bilanz von der bayrisch-tschechischen
Grenze, wo allein im letzten Jahr 900 per Haftbefehl Gesuchte
festgenommen wurden. Mancher Ortsbürgermeister in grenznahen
Urlaubsregionen sorgt sich so sehr um sein Tourismusgeschäft, dass
nun verstärkt Bürgerpolizisten rekrutiert werden und private
Sicherheitsdienste patroullieren. Eilige Fremdenverkehrschefs
verbreiten dies schon als Heilsbotschaft: Bei uns können Sie noch
sicher urlauben und Ihr Auto parken.
Bei aller berechtigten Aufgeregtheit: Der erweiterte Schengen-Raum
ist nicht der Wilde Westen - oder in diesem Fall Osten. Und die
Vorteile lassen sich nicht ignorieren. Noch-Exportweltmeister
Deutschland profitiert vom schnellen Grenzverkehr, denn Zeit ist
Geld. Auch im Urlaub lassen sich Nerven sparen. Hat man sich nicht an
die Annehmlichkeit gewöhnt, ohne Passkontroll-Stau über den Brenner
nach Bella Italia zu fahren? Nun geht's also stressfrei auch nach
Prag oder ins Riesengebirge, so schön kann Reisefreiheit sein.
Dass man dieses Recht auch den neuen EU-Ländern nicht auf Dauer
verwehren kann, leuchtet ein. Die Neuen stehen jedoch gleich vor
einem Härtetest. Wie sicher die neuen Schengen-Grenzen sind, liegt
trotz Technik-Transfer und Europol zuerst in ihren Händen. Wenn zudem
die deutschen Innenminister den irrsinnigen Polizei-Stellenabbau
stoppen und endlich den Digitalfunk einführen würden, der in Polen
und Tschechien längst Standard ist, dann ließe sich am heutigen Tag
doch noch feiern. Vielleicht sogar mit einem Schengener Riesling. Der
Moseltropfen vom gleichnamigen Chateau soll einer der besten aus
Luxemburg sein.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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