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Westdeutsche Zeitung: Kindstötungen = von Eberhard Fehre

Geschrieben am 06-12-2007

Düsseldorf (ots) - Fassungslos stehen wir vor den immer neuen
Meldungen über Kindstötungen in unserem Land. Vorgestern Plauen,
gestern Darry, und auch der schreckliche Fall im brandenburgischen
Brieskow mit den neun Baby-Leichen ist noch unvergessen. Der Trost,
den eine Wissenschaft bereithält, die uns vorrechnet, dass die Zahl
dieser schrecklichen Tragödien entgegen unserer Wahrnehmung in den
vergangenen Jahrzehnten eher gefallen als gestiegen ist, überzeugt
dabei wenig. Die kühle Statistik hat keine Chance gegenüber dem
Unfassbaren, dass Mütter ihre Kinder töten. Es sprengt einfach unser
Vorstellungsvermögen. Zugleich aber verlangt unsere Vernunft nach
Erklärungen für Verbrechen, die sich doch jeder vernünftigen
Erklärung entziehen.
Denn auch der Verweis auf eine zunehmende soziale Verwahrlosung taugt
als Erklärungsansatz kaum. Gewiss steigt, allen Sonntagsreden zum
Trotz, die Zahl tatsächlich armer Kinder und Familien in Deutschland.
Aber ein Blick auf die Tragödien der jüngsten Zeit zeigt, dass es
sich bei ihnen nicht um ein strukturell-gesellschaftliches Muster,
sondern um eine Kette von Einzelfällen handelte. Überforderung,
Isolation oder psychische Defekte - jeder Fall hat seinen eigenen
Hintergrund.
Das entlässt natürlich Staat und Gesellschaft nicht aus ihrer
Verantwortung. Der Arm des Staates reicht jedoch nur bedingt bis ins
Kinderzimmer. Das sollte, wollen wir eine freie Gesellschaft
bewahren, auch so bleiben. Und es sind wohl nicht neue Gesetze, die
wir brauchen, sondern eine bessere Umsetzung der bestehenden
Regelungen. Eine Vernetzung der Behörden und Dienste, von Sozial- und
Jugendamt, von der Hebamme bis zum Gesundheitsdienst, könnte als
Frühwarnsystem dort dienen, wo die nachbarschaftliche Kontrolle
versagt. Das Dormagener Modell einer "Prävention ab Nabelschnur"
steht dafür beispielhaft. Dafür aber bedarf es mehr als wohlfeiler
Appelle, das braucht auch und vor allem den politischen Willen und -
natürlich - Geld.
Doch niemand sollte sich Illusionen machen: Auch das kann nicht
verhindern, dass wir in einigen Wochen oder Monaten wieder vor einem
solch schrecklichen Fall wie Darry oder Plauen stehen und fassungslos
nach Erklärungen suchen, die es letztlich doch nicht gibt.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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