(Registrieren)

Atommüllkonferenz fordert Mitbestimmung statt inszenierter Beteiligung bei der Endlagersuche

Geschrieben am 28-09-2020

Berlin (ots) - Die Suche nach einem sogenannten Endlager für Atommüll in Deutschland muss unter wirksamer Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgen. Nach der heutigen Veröffentlichung des Zwischenberichts Teilgebiete durch die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), der 90 Regionen als mögliche Standorte für ein Atommülllager ausweist, hat die Atommüllkonferenz ihre Forderung nach völliger Transparenz und echter Mitwirkung erneuert: "Die atompolitische Vergangenheit zeigt: Ohne Transparenz, ohne 'Augenhöhe' und ohne Sicherstellung eines wissenschaftsbasierten Prozesses ist dieses Verfahren zum Scheitern verurteilt", erklären die 50 unterzeichnenden Organisationen in einer Stellungnahme.

Die Atommüllkonferenz sieht durch die Rahmenbedingungen der nun folgenden Fachkonferenz Teilgebiete die Glaubwürdigkeit und Legitimität des gesamten Suchverfahrens zusätzlich belastet. Mit der Auftaktveranstaltung zur Fachkonferenz am 17./18. Oktober, organisiert durch das zuständige Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), soll die Öffentlichkeitsbeteiligung starten.

Antje von Broock , Geschäftsführerin Politik und Kommunikation beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): "Das Gesetz fordert die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Atomülllagersuche. Eine solche Mitwirkung braucht Zeit und bedarf Augenhöhe. Beides ist jedoch Mangelware. Zwar steht die Fachkonferenz Teilgebiete allen Interessierten offen, sie soll sich aber schon kommenden Juni wieder auflösen. Das ist viel zu kurz. Ein weiteres gravierendes Problem sind die vom BASE verweigerten finanziellen Mittel für unabhängige Expertisen. Wir wissen kaum, wie wir die Datenlage so überprüfen sollen. Die Vergangenheit zeigt, dass die Bevölkerung bei solch einschneidenden Prozessen einbezogen werden will. Das muss ernst genommen werden."

Derzeit steht der hoch radioaktive Atommüll in höchst problematischen Zwischenlagern und stellt eine große Gefahr sowie starke Belastung für Mensch und Natur dar. Mit diesem äußerst gefährlichen Müll muss dringend ein Umgang gefunden werden, der aber nur in einem glaubwürdigen Prozess gelingen kann.

Jochen Stay , Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt: "Die von der BGE angewandten Kriterien sind nicht von Wissenschaftler*innen festgelegt worden. Sie sind Ergebnis eines politischen Aushandlungsprozesses, bei dem es den Landesregierungen darum ging, das eigene Gebiet zu schützen. Herausgekommen ist dabei ein Kriterienkatalog, der große Interpretationsspielräume lässt. Neuer politischer Streit ist deshalb vorprogrammiert. Schon heute kündigen Bundestagsabgeordnete aus verschiedenen Bundesländern an, sich im Parlament Mehrheiten dafür organisieren zu wollen, um den eigenen Wahlkreis auszuschließen. Weil in diesem Verfahren im Rahmen der Legalplanung der Bundestag die Planungsentscheidungen in jeder Stufe trifft, gibt es für die Betroffenen keinen Rechtschutz."

Drei Jahren hat die BGE den Zwischenbericht Teilgebiete von Fachleuten hinter verschlossenen Türen erarbeitet. Nun braucht es endlich vollumfänglich Transparenz. Dass ein relevanter Teil der geologischen Daten, die Grundlage zur Auswahl der Teilgebiete sind, geheim bleiben, ist keine Basis für Vertrauen. Alle Informationen müssen auf den Tisch, alle Entscheidungen müssen nachprüfbar sein. Versuche politischer Einflussnahme sind bereits erkennbar. Dem muss ein nachprüfbares wissenschaftliches Verfahren gegenüberstehen.

Martin Donat , Sprecher Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg: "Die Entscheidung über Gorleben war lange überfällig. Wenn wir jetzt trotzdem nicht nur in Jubel ausbrechen, liegt es daran, dass auch das gegenwärtige Verfahren schon der Überarbeitung bedarf, kaum dass es gestartet ist. Es waren Fairness, Augenhöhe und Transparenz, die wir vier Jahrzehnte schmerzlich vermissten. Transparenz müssen die Behörden auch im gegenwärtigen Verfahren erst noch belegen, Augenhöhe müssen sich die Regionen erst noch erkämpfen und ob es am Ende fair zugeht, hängt im Wesentlichen daran, ob Rücksprünge und Lernschritte überhaupt möglich sein werden."

Der Ausschluss des ungeeigneten Salzstocks von Gorleben nach 43 Jahren Widerstand ist ein großer Erfolg für alle, die sich an den Protesten beteiligt haben. Gleichzeitig ist die Geschichte von Gorleben eine Mahnung, wie ein Konflikt eskalieren kann, wenn es politische Einflussnahme, mangelnde Transparenz und fehlende Mitbestimmung gibt. Auch das neue Suchverfahren hat in diesen Bereichen eklatante Mängel. Das Ende von Gorleben markiert deshalb noch nicht das Ende des Konflikts um den Atommüll.

Hintergrund:

Die Atommüllkonferenz ist ein fachlich-politisches, parteiunabhängiges Forum für Betroffene und Akteure von den Standorten aus ganz Deutschland, an denen Atommüll derzeit gelagert wird oder an denen die Lagerung vorgesehen ist sowie von unabhängigen, kritischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Vertreterinnen und Vertreter von Verbänden und NGOs, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Die Herausgeber dieser Pressemitteilung sind Teil der Atommüllkonferenz.

Weitere Informationen:

http://ots.de/nMOtK6

http://www.bund.net/endlagersuche

http://www.atommuell-lager-suche.de/

https://www.ausgestrahlt.de/informieren/atommuell/hochradioaktiv/endlagersuche/

Pressekontakt:

Juliane Dickel, Leitung Atom- und Energiepolitik, BUND-Expertin für
Energiepolitik, Tel.: 030-27586-562, Mobil: 0176-31267936, E-Mail:
juliane.dickel@bund.net

Jochen Stay, Sprecher von .ausgestrahlt, Tel.: 0170-9358759, E-Mail:
stay@ausgestrahlt.de

Martin Donat, BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Tel.: 0160-99586652, E-Mail:
martin.donat@bi-luechow-dannenberg.de


BUND-Pressestelle:
Sigrid Wolff | Daniel Jahn | Judith Freund | Heye Jensen
Tel. 030-27586-425 | -531 | -497 | -464 | E-Mail: presse@bund.net
www.bund.net/presse
Sie erreichen die Pressestelle zurzeit vermehrt mobil.
Daniel Jahn: 0170 160 66 58
Judith Freund: 0176 476 841 64
Heye Jensen: 01590 633 23 72

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/7666/4719286
OTS: BUND

Original-Content von: BUND, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

749910

weitere Artikel:
  • Unionsberichterstatter Möring sieht Gorleben-Aus als Chance für mehr Vertrauen Düsseldorf (ots) - Der in der Unionsfraktion zuständige Berichterstatter für die Suche nach einem Atommüll-Endlager, Karsten Möring (CDU), sieht in dem frühen Ausscheiden des Salzstocks Gorleben eine Chance für mehr Vertrauen in das Verfahren. "Dass der Salzstock Gorleben nicht mehr Teil der Endlagersuche sein wird und zu einem so frühen Zeitpunkt ausgeschieden ist, ist geeignet, das Vertrauen in das Verfahren zu stärken", sagte Möring der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag). "Zu viele Abgeordnete auch aus der Unionsfraktion haben sich bislang mehr...

  • taz-Kommentar von Ulrike Herrmann zur Steueraffäre von US-Präsident Donald Trump Berlin (ots) - US-Präsident Donald Trump wusste genau, warum er sich geweigert hat, seine Steuerdaten zu veröffentlichen. Sie sind peinlich. Sie beschreiben einen "Milliardär", der gar keine Milliarden, sondern nur Schulden hat. Sie beweisen, dass der "Geschäftsmann" Trump nur Firmen besitzt, die keine Gewinne abwerfen. Sie zeigen einen Präsidenten, der sich am Amt bereichert. Und sie dokumentieren, wie Trump die Finanzbehörden belügt, um keine Steuern zu zahlen. In den allermeisten Jahren hat Trump weniger Steuern gezahlt als normale Familien. mehr...

  • Klimaschutz und Bedingungsloses Grundeinkommen - Zusammen gegen Existenzangst Mainz (ots) - Am vergangenen Wochenende traten zwei, für die Zukunft unserer Gesellschaft bedeutende, Bewegungen nach dem coronabedingten Stillstand im Sommer wieder massiv in die Öffentlichkeit. Mit #Klimastreik und #EndeGelände zeigten viele Menschen auf, dass es eine deutliche Änderung unseres Verhaltens geben muss, um den negativen #Klimawandel zu stoppen. Gleichzeitig startete am Freitag die Europäische Bürgerinitiative "Start bedingungsloser Grundeinkommen (BGE) in der gesamten EU" mit ihrer Unterschriftensammlung. Erfreulicherweise mehr...

  • Hauptmann/Steiniger: Junge Generation nicht mit übermäßigen Schulden belasten Berlin (ots) - Schuldenbremse muss ab 2022 wieder gelten In dieser Woche berät der Deutsche Bundestag den Entwurf des Bundeshaushalts 2021. Dazu erklären Mark Hauptmann, Vorsitzender der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und Johannes Steiniger, Mitglied des Finanzausschusses: Mark Hauptmann: "Im kommenden Bundeshaushalt wird die Verschuldung in Deutschland auf etwa 75 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Wir geben 96 Milliarden Euro mehr aus als wir einnehmen und setzen dafür die grundgesetzlich verankerte Schuldenbremse mehr...

  • Republikanischer Politikberater Stuart Stevens rechnet im stern mit seiner Partei ab: "Trump ist ein Gangster" Hamburg (ots) - Stuart Stevens war Berater von Präsident George W. Bush und Senator Mitt Romney, 40 Jahre lang war er Mitglied der Republikanischen Partei. Nun arbeitet er im "Lincoln Project" mit und versucht so, die Wiederwahl Donald Trumps zu verhindern. Im Interview mit dem stern sagt er: "Wir treten in den USA gerade in die gefährlichste Periode seit dem amerikanischen Bürgerkrieg ein." Die meisten - so wie er auch - hätten Präsident Donald Trump anfangs unterschätzt. Inzwischen ist Stevens sicher: "Er ist zu allem bereit, er ist ein Gangster." mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht