(Registrieren)

Heikles Terrain/Der Sport ist nicht unpolitisch. Wenn sich Athleten unter Berufung auf universelle Werte und die Menschenrechte positionieren, sollte das willkommen sein. Leitartikel von Heinz Gläser

Geschrieben am 20-08-2020

Regensburg (ots) - Die weltweite Empörung über den gewaltsamen Tod von George Floyd beginnt abzuebben, die "Black-Lives-Matter"-Bewegung, die sich in Demonstrationen rund um den Globus manifestierte, verliert an Schwung. Auch im Sport kehrt allmählich wieder der Alltag ein. Der gemeinsame Kniefall am Anstoßkreis, wie er unmittelbar nach der brutalen Tat beispielsweise im europäischen Profifußball als kraftvolles Zeichen gegen Rassismus und Diskriminierung einträchtig praktiziert wurde, weicht den üblichen Ritualen des Aufwärmens und Sich-Abklatschens. Kollektive Empörung hat eine Halbwertszeit. Diese verkürzt sich im Zeitalter des Internets zusehends. Der Sport ist nicht unpolitisch. Er war es nie, auch wenn diese Mär von den Verbänden und Organisationen lange Zeit gehegt wurde. Die Funktionäre duckten sich lieber weg, beschworen die hehren Ideale des fairen Wettstreits und verorteten missliebige Vorkommnisse in den Sphären gesamtgesellschaftlicher Verantwortung. So lässt sich jede rassistisch motivierte Verbalinjurie auf einem x-beliebigen Dorffußballplatz ignorieren oder als Folklore verniedlichen. Das beginnt sich gottlob zu ändern, auch wenn der Eifer sehr unterschiedlich ausgeprägt ist und sich oftmals noch in Aktionismus erschöpft. Das Fingerspitzengefühl, das der Deutsche Fußball-Bund nach dem sichtbaren Protest von Spielern in den Bundesliga-Stadien walten ließ, ist jedenfalls lobenswert. Tatsächlich betritt der organisierte Sport ein heikles Terrain, wenn es um politische Statements von Athletinnen und Athleten beziehungsweise Verbänden und Vereinen geht. Denn wer definiert, welche Botschaften willkommen sind? Die Regeln sind in dieser Hinsicht eindeutig formuliert. Auf dem Platz, in der Halle, auf der Bahn, während der Wettkämpfe hat Politik nichts zu suchen. Doch der Sport steht auch für universelle Werte, fernab jeder parteipolitisch gefärbten Meinungsäußerung. Er tritt aus seinem ureigensten Selbstverständnis heraus für Gleichheit und Gleichberechtigung sowie gegen jede Form von Diskriminierung an. Dass diese Ideale bis in die Gegenwart hinein in der Praxis oft mit Füßen getreten werden, steht auf einem anderen Blatt. Es bleibt eine Gratwanderung. Zur Orientierung können die verbrieften Menschenrechte dienen. Sportlerinnen und Sportler, die sich im Sinne dieser Werte politisch positionieren, haben das Recht dazu. Ihre Meinungsäußerung ist nicht zu sanktionieren, sondern mindestens zu tolerieren. Im besten Fall ist sie als wünschenswert zu erachten, doch davor schrecken viele Funktionäre im Wissen um die Konsequenzen oftmals zurück. Wer auf der unbedingten Einhaltung der Menschenrechte besteht, macht sich nicht überall auf der Welt Freunde. Und dass Unrechtsstaaten gerne die Bühne großer Sportveranstaltungen nutzen, um ihr internationales Renommee zu mehren, ist seit den Propagandaspielen von Berlin 1936 eine Binsenweisheit. In diesem Sinne sind gerade die großen Dachverbände wie das Internationale Olympische Komitee oder der Weltfußballverband Fifa noch mehr gefordert. Ihnen obliegt es, durch die Auswahl der Veranstalter von Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften klare Signale auszusenden, dass Menschenrechtsstandards nicht verhandelbar sind. Parteipolitik hat im Sport nichts zu suchen. Das ist richtig und gut so. Der Protest gegen Rassismus, wie ihn der Tod von George Floyd provozierte, sollte dem Sport hingegen höchst willkommen sein. Mehr noch: Der organisierte Sport darf Athletinnen und Athleten, die sich im Kampf gegen jede Form von Diskriminierung engagieren, nicht alleine lassen. Denn wer ständig Fair Play predigt, muss dieses Prinzip auch auf die gesamtgesellschaftliche Realität übertragen.

Pressekontakt:

Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/62544/4685123
OTS: Mittelbayerische Zeitung

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

744917

weitere Artikel:
  • Reizfigur Frankfurt (ots) - Es spielt keine Rolle, ob der russische Putin-Kritiker Alexej Nawalny von der Hand eines Kreml-Agenten vergiftet wurde oder nicht. Als am Donnerstag aus dem russischen Omsk die Nachricht drang, dass er mit dem Verdacht auf eine schwere Vergiftung ins Krankenhaus eingeliefert wurde, kamen Erinnerungen an frühere Anschläge auf Nawalny und andere Kreml-Kritiker auf. Opposition in Russland ist ein lebensgefährlicher Job. Nawalny ist eine Reizfigur. Er hat eine große Gefolgschaft in den sozialen Medien, er sorgt regelmäßig für Stress mehr...

  • "nd.DerTag": Bußgeldeintreiber bitte aussteigen/Law and Order hilft kaum weiter bei der Corona-Bekämpfung, meint Stefan Otto Berlin (ots) - Die Mobilität in der Bevölkerung spielt eine nicht unerhebliche Rolle bei den erneut gestiegenen Corona-Infektionszahlen. Der öffentliche Nahverkehr wird derzeit wieder mehr frequentiert; viele sind doch in den Sommerurlaub gefahren, was im Frühjahr noch undenkbar erschien. Und auch die Bahn verzeichnet wieder steigende Fahrgastzahlen in Fernzügen, was natürlich gut für die Bilanz ist. Im zurückliegenden Halbjahr verzeichnete der Staatskonzern ein Rekordminus von 3,7 Milliarden Euro. Aber nun steigt auch die Gefahr, dass sich Reisende mehr...

  • Das Erste, Freitag, 21. August 2020, 5.30 - 9.00 Uhr Gäste im ARD Morgenmagazin Köln (ots) - 8.10 Uhr, Volker Wissing, FDP, Wirtschaftsminister Rheinland-Pfalz, Thema: Einschränkung der Gästezahlen bei privaten Feiern Pressekontakt: Weitere Informationen unter www.ard-morgenmagazin.de Redaktion: Martin Hövel WDR Kommunikation, wdrpressedesk@wdr.de, Tel. 0221 220 7100 Agentur Ulrike Boldt, Tel. 0172 - 2439200 Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/6694/4685130 OTS: ARD Das Erste Original-Content von: ARD Das Erste, übermittelt durch news aktuell mehr...

  • Wir müssen anders testen / Tests für jeden kann es nicht geben - weil sie nicht nur teuer sind, sondern auch wenig bringen Stuttgart (ots) - Natürlich ist ein negatives Corona-Testergebnis eine schöne Gewissheit. Das gilt für Reisende ebenso wie für Eltern, die guten Gewissens ihre Kinder in die Schule schicken und zur Arbeit gehen wollen. Die Sicherheit kann aber trügerisch sein. Ein Test ist eine Momentaufnahme - deren Ergebnis verzögert zugestellt wird. In der Zwischenzeit kann man sich längst angesteckt haben. Anlasslose Massentests etwa für Reisende und Erziehungspersonal erweisen sich zunehmend als problematisch. Die logistischen Probleme ließen sich gewiss lösen. mehr...

  • Verdacht auf Betrug mit Überstunden bei Kölner Stadtverwaltung - Rechnungsprüfungsamt schaltet Staatsanwaltschaft ein Köln (ots) - Bei einer internen Untersuchung haben Kontrolleure der Stadt Köln Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Gehaltszahlungen festgestellt, die nach Informationen des "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitag-Ausgabe) bis in höchste Kreise der Verwaltung reichen. Das Rechnungsprüfungsamt hat von sich aus die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Die Ermittlungsbehörde prüft den Anfangsverdacht einer Straftat. Den Recherchen der Zeitung zufolge sollen zwei Beschäftigte der städtischen Kulturverwaltung, darunter ein leitender Beamter, über einen längeren mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht