(Registrieren)

Bitte mehr Plan als beim Schließen / Bei der Frage nach einem Ende der Grenzkontrollen ist ein EU-weit einheitliches Vorgehen nicht in Sicht. / Leitartikel von Jana Wolf

Geschrieben am 13-05-2020

Regensburg (ots) - Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht zu Europas Binnengrenzen. Die Gute: Die europaweite Debatte über ein Ende der Grenzkontrollen ist in vollem Gang und es gibt kleine Fortschritte. So laufen die Kontrollen an der deutschen Grenze zu Luxemburg in der Nacht auf Samstag auf und an der deutsch-dänischen Grenze sieht es nach baldiger Einigung aus. Zwischen Deutschland, Frankreich, Österreich und der Schweiz gibt es einen gemeinsamen Plan, immerhin. Allerdings werden die Kontrollen zu den südlichen und süd-westlichen Nachbarn bis 15. Juni verlängert. Hier ist also noch Geduld gefragt. Die schlechte Nachricht: Trotz der Übereinstimmung dieser vier Länder deutet nichts darauf hin, dass ganz Europa einen Gleichschritt findet. Das unkoordinierte Vorgehen war schon bei der Schließung der Grenzen zu beobachten. Jedes EU-Land entschied für sich, wann es Kontrollen einführt oder wie es mit Quarantäne bei der Einreise umgeht. Natürlich liegt der Umgang mit Grenzregelungen in der Souveränität der Staaten. Dennoch haben die 27 Einzelstrategien zu einem europäischen Flickenteppich geführt und Europa den Vorwurf eingebracht, nicht die Kraft zum echten Miteinander aufbringen zu können. Aus diesem Chaos hat die Gemeinschaft offenbar wieder nichts gelernt hat. Sehr schade. Um den nationalen Alleingängen entgegenzuwirken, hat die EU-Kommission gestern ihre Empfehlungen zu Grenz- und Reisefragen vorgelegt. Die Kontrollen sollen demnach vorsichtig und abgestimmt gelockert werden. "Europe needs a break", übersetzt: Europa braucht eine Pause - mit diesem Titel sind die Leitlinien überschrieben. Sie werden vielen Privatpersonen wie Unternehmen, die sich um die Einschränkungen der Reise- und Dienstleistungsfreiheit sorgen, die Europas Binnenmarkt taumeln sehen oder schlichtweg Fernweh haben und wieder einen Urlaub planen möchten, aus dem Herzen sprechen. Die Freizügigkeit ist einer der zentralen europäischen Werte. Ohne offene Grenzen verliert Europa seine gemeinsame Identität. Deswegen ist es ein gutes Signal, dass die EU auf eine Rückkehr zum grenzfreien Schengen-Raum drängt, auch wenn die Empfehlungen in ihrer Ausgestaltung vage bleiben. Dann ja, der Vorstoß aus Brüssel ist eben nur eine Empfehlung und für die EU-Staaten nicht rechtlich binden. Ein europäischer Gleichschritt ist nur möglich, wenn alle 27 Mitgliedsländer auch bereit sind, auf dem gemeinsamen Weg mitzugehen. Jeder Plan zur Grenzöffnung und zum Beenden der Kontrollen darf kein Automatismus sein. Wir stecken noch mitten in einer Pandemie. Zurecht weist Brüssel darauf hin, dass Lockerungen nur möglich sind, wenn das Virus-Geschehen es zulässt. Zu forsches Vorgehen könne zu einem Wiederanstieg an Infektionen führen, heißt es. Das gilt natürlich auch für die deutsche Strategie, die Innenminister Horst Seehofer gestern vorstellte. Auch wenn die Kontrollen an den Grenzen zu Frankreich, Österreich und der Schweiz bis 15. Juni befristet sind, kann dieses Datum nicht in Stein gemeiselt sein. Steigen die Infektionszahlen bis dahin wieder an oder brechen neue Herde aus, muss die Lage neu bewertet werden. Diese Unsicherheit ist eine Last für Reisende und für die Wirtschaft - sie erhoffen sich Klarheit. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass es absolute Planungssicherheit noch nicht geben kann. Auch für die europäische Einigung sind diese unsicheren Perspektiven eine große Herausforderung, keine Frage. Doch auch wenn eine gemeinsame Lösung komplex und schwierig zu finden ist, muss weiter um sie gerungen werden. Dass Europa auch zu guten Nachrichten in der Lage ist, haben die kleinen Fortschritte der vergangenen Tage gezeigt. Es lohnt sich, hier weiterzumachen.

Pressekontakt:

Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/62544/4596441
OTS: Mittelbayerische Zeitung

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

732979

weitere Artikel:
  • Mitteldeutsche Zeitung zu Kanzlerin und Bundestag Halle (ots) - Nichts gegen gute Laune im Bundestag. Aber angesichts einer drohenden Überforderung von Landkreisen bei der Corona-Bekämpfung, des Mangels an Schutzausrüstung und Tests oder auch der langwierigen Programmierung der Tracking-App wirkt die fraktionsübergreifende Heiterkeit irritierend. Hinzu kommt: Innerparlamentarische Opposition ist extrem wichtig zu einer Zeit, da erschreckend viele Bürger der Auffassung sind, in einem gleichgeschalteten System zu leben. FDP, Linke und Grüne sollen nicht den Verschwörungstheoretikern das Wort reden. mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung zu Corona und Tourismus Halle (ots) - Sicher ist indes derzeit nur, dass nichts sicher ist: Niemand weiß heute, wann und wie der Tourismus wieder auf die Beine kommt. Diese höchst prekäre Situation erhöht auch den Druck auf die Politik dramatisch. Deutliches Zeichen dafür sind die hektischen Verhandlungen über Grenzöffnungen, die nicht zufällig von Österreichs Kanzler Sebastian Kurz mit Vehemenz vorangetrieben werden. Die Volkswirtschaft seines Landes ist massiv vom Tourismus abhängig, der etwa 15 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung ausmacht. Kurz weiß, dass er nun mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung zu Verzögerung bei der Grundrente Halle (ots) - Die CDU hat sich auf den Kompromiss eingelassen - auch wenn größere Teile von ihr nie so richtig glücklich mit der Grundrente waren. Deshalb spielt sie jetzt auf Zeit und findet immer neue Gründe, warum es gerade nicht weiter gehen kann. Die Politik kann nicht jeden Tag die Leistungen von Kassiererinnen und Pflegern loben und dann in letzter Minute kneifen, wenn es darum geht, die Renten von Menschen wie diesen aufzubessern. Pressekontakt: Mitteldeutsche Zeitung Hartmut Augustin Telefon: 0345 565 4200 hartmut.augustin@mz-web.de mehr...

  • Grenzöffnungen - Europa grenzt sich ein Straubing (ots) - Die Freude über die ersten vorsichtigen Öffnungen der deutschen Grenzen hin zu den Nachbarländern ist groß. Viele Menschen können jetzt anfangen, sich vorsichtig auf ihren Urlaub zu freuen. Das alles ist wichtig und das alles ist schön. Es reicht aber nicht. Wie schon in der Finanz-, so gilt auch in der Corona-Krise, dass Europa mit geeinten Kräften viel stärker im Kampf gegen das Virus wäre, es gemeinsam vielleicht sogar besiegen könnte. "Ein Europa, das schützt", diese schon von vielen Spitzenpolitikern beschriebene Vision, mehr...

  • Das schwierige Geschäft mit Reisen Frankfurt (ots) - Niemand weiß heute, wann und wie der Tourismus wieder auf die Beine kommt. Diese prekäre Situation erhöht den Druck auf die Politik. Deutliches Zeichen dafür sind die Verhandlungen über Grenzöffnungen, die nicht zufällig von Österreichs Kanzler Sebastian Kurz mit Vehemenz vorangetrieben werden. Die Volkswirtschaft seines Landes ist massiv vom Tourismus abhängig. In Spanien und Italien ist die noch schlimmer. Es ist deshalb auch kein Zufall, dass sich jetzt ausgerechnet der EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Paolo Gentiloni mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht