Kommentar: Der Autokrat Wie Russlands Präsident Wladimir Putin die Demokratie mit demokratischen Mitteln aushöhlt Von Christian Rein
Geschrieben am 11-03-2020 |   
 
 Aachen (ots) - Es ist schon fast 20 Jahre her, dass ein geschätzter Kollege 
einer großen deutschen Wochenzeitung den Begriff "Demokratur, putinesisch" 
geprägt hat. Damals steckte der Namensgeber, Russlands Präsident Wladimir Putin, 
mitten in seiner ersten Amtszeit. Inzwischen sind daraus - nach einer von Putin 
organisierten und kontrollierten Unterbrechung zwischen 2008 und 2012 - vier 
geworden. Und weitere, soviel steht nun fest, werden folgen. Möglicherweise 
bleibt er noch bis 2036 Staatschef. 
 
Heute redet die russische Präsidialverwaltung ganz offen von "gelenkter 
Demokratie", was etwas sachlicher und freundlicher klingt, aber nichts anderes 
meint als eben jene "Demokratur". Der Begriff "Demokratie" ist dafür ohnehin nur 
ein Euphemismus: In Russland geht die Macht längst nur noch bedingt vom Volke 
aus. Im Parlament bestimmen Putins Stichwortgeber und Claqueure das Geschehen, 
die Opposition - wenn überhaupt nur noch außerparlamentarisch aktiv - wird 
drangsaliert, ihre führenden Köpfe wie etwa Alexej Nawalny weggesperrt, die 
Pressefreiheit wird systematisch eingeschränkt. 
 
Gerhard Schröder meldet sich 
 
Putin hat in bester populistischer Manier die Demokratie in seinem Land mit 
demokratischen Mitteln ausgehöhlt. Die Institutionen dienen ihm nur noch als 
Kulisse für seine machtpolitischen Taschenspielertricks. Denn nichts anderes ist 
es, wenn man frühere Amtszeiten vom Parlament annullieren lässt, um einfach noch 
mal von vorne (also weiter) regieren zu können - inklusive perfekt inszeniertem 
"Spontan-Auftritt" vor den Abgeordneten der Duma. Blickt man hinter diese 
Kulisse und verzichtet auf Verklausulierungen, dann ist Russland schlicht eine 
Autokratie, in der liberale Werte und Menschenrechte mit Füßen getreten werden. 
 
Es mag Zufall sein, dass sich genau in diesen Tagen der alte Putin-Freund und 
-Versteher Gerhard Schröder zu Wort meldet. Der Altkanzler fordert ein Ende der 
Wirtschaftssanktionen, die von der EU nach der Annexion der ukrainischen Krim 
durch Russland im Jahr 2014 verhängt worden sind. An die Stelle der 
Strafmaßnahmen sollte wieder Dialog treten, fordert Schröder. Außerdem müsse man 
Verständnis für russische Empfindsamkeiten aufbringen und sich darauf besinnen, 
dass Russland Nachbar sei. 
 
Möglicherweise hat Schröder Recht: Die Sanktionen sind scheinheilig, denn 
natürlich ist Russland nach wie vor ein wichtiger Handelspartner. Nicht umsonst 
wird die Gas-Pipeline Nordstream 2 gebaut - auch gegen Widerstand aus den USA. 
Putin leidet unter den Strafen viel weniger als die deutsche Wirtschaft. Und 
natürlich: Man wird mit Putin reden müssen. Immer und immer wieder, solange er 
an der Macht ist. Anders werden sich Konflikte wie der nach wie vor bestehende 
in der Ostukraine, der in Syrien oder auch die Auseinandersetzung um das 
iranische Atomprogramm nicht lösen lassen. 
 
Keine gemeinsame Linie 
 
Die Herausforderung besteht darin, nicht alles hinzunehmen. Demokratiedefizite 
und Menschenrechtsverletzungen anzuprangern, ist das Mindeste. Aber wenn der 
Westen Putins Expansionsdrang wirklich Einhalt gebieten will, dann muss er 
selbst als ernstzunehmender Akteur auftreten. Der ukrainische Präsident 
Wolodymyr Selenskyj macht es den Europäern allerdings nicht leicht, Kiew näher 
an sich zu binden. Und in Nahost hat US-Präsident Donald Trump mit seinem 
Rückzug aus Syrien ein anderes Signal gesetzt. Die Europäer haben indes 
größtenteils keine Bereitschaft (und keine Mittel), dort militärisch aktiv zu 
werden. Sie haben aber vor allem keine gemeinsame Linie. Und die Nato hat mit 
der Türkei ein Mitglied, das das Bündnis schwer strapaziert. 
 
Es sind diese Schwächen, die Putin letztlich stark machen - außen- wie 
innenpolitisch. 
 
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