Scheinverzwergung - Kommentar zu Corbyns Niederlage bei den britischen Wahlen
Geschrieben am 13-12-2019 |   
 
 Berlin (ots) - Schwer zu sagen, wer lauter über das Wahlergebnis im - noch -  
Vereinigten Königreich gejubelt hat: Boris Johnson oder Johannes Kahrs? In  
jüngsten Jahren galt Jeremy Corbyn als Beleg dafür, dass sich die gebeutelte  
europäische Sozialdemokratie nach links retten kann. Indem sie zu dem  
zurückkehrt, was sie einst ausmachte: Daseinsvorsorge, Umverteilung,  
Arbeitnehmerrechte, Wohnungspolitik, Solidarität. 
 
Hätte Corbyn gewonnen, hätte in den taumelnden Sozialdemokratien des Kontinents  
womöglich ein Sog nach links eingesetzt. Doch Fahrradkette: Nun wird, unabhängig 
vom Ausgang des bei Labour wohl unvermeidlichen Aufstands des  
Post-Blair-Establishments, die Niederlage des linken Hoffnungsträgers  
gegenteilig wirken. Sozialdemokratische Rechtsausleger, deren Prototyp eben  
Kahrs ist, werden sagen: Linkskurs führt zu Selbstverzwergung! Der Medientenor  
wird entsprechend sein. 
 
Und es stimmt ja, dass der Verlust von rund 60 Mandaten ein "Erdrutsch" ist.  
Doch ist derselbe auch ein Sondereffekt: einer verzwickten Situation, die mit  
dem Brexit von einem Thema quer zu den Lagern bestimmt war. Den Rest besorgte  
das Mehrheitswahlrecht: Mit 32 Prozent erzielt Corbyn nun 203 Mandate, wo Ed  
Milliband 2015 mit zwei Prozent weniger Stimmen auf 30 Mandate mehr kam. 2010  
errang Gordon Brown mit nur 29 Prozent sogar 258 Mandate - fast so viele wie  
Corbyn 2017 mit 40 Prozent. Bei seinem "historischen Sieg" von 2001, der die Ära 
der neoliberalen Sozialdemokratie einläutete, mobilisierte selbst Tony Blair  
kaum mehr als die 10,3 Millionen, die nun Corbyn wählten, besetzte aber mehr als 
doppelt so viele Sitze im Unterhaus. 
 
Für Großbritannien ist das Ergebnis verheerend. Johnson kann loslegen mit seinem 
Katastrophenkapitalismus, über den sich viele noch wundern werden, die ihn  
gewählt haben. Und jene Selbstverzwergung könnte sich als List der Geschichte  
bewahrheiten: indem der John-Bull-Nationalismus, den Johnson weckte, in  
Klein-England aufwacht. Wer aber vom Kontinent aus den Rauch beiseite wedelt,  
sieht trotz des für Corbyn unlösbaren Brexit-Dilemmas einen Stimmenanteil, von  
dem Sozialdemokratien anderswo nicht mal mehr träumen. Die linke Selbst- ist  
eine Scheinverzwergung. Nur ist es leider so, dass auf eine Nebelkerze tausend  
kleine Fächer kommen müssen, um halbwegs klare Sicht zu bewahren. Mit diesen  
muss sich nun bewaffnen, wer der Sozialdemokratie in Europa eine Zukunft  
wünscht. Sonst gewinnen die, die jetzt heimlich den Sekt köpfen - und noch jede  
ihrer eigenen "historischen Niederlagen" mit einem selbstbewussten "Weiter so"  
beantwortet haben. 
 
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