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Der Tagesspiegel: Bundespräsident: "Schweigende Mehrheit muss endlich laut werden"

Geschrieben am 08-11-2019

Berlin (ots) - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fordert angesichts der
zunehmenden Spaltung der Gesellschaft eine scharfe Abgrenzung gegen Feinde der
Demokratie. "Es macht mich fassungslos, nach Verbrechen wie der Ermordung von
Walter Lübcke oder dem Anschlag in Halle, bei einigen klammheimliche Freude zu
sehen", sagte Steinmeier in einem Interview zum 30-jährigen Jubiläum des
Mauerfalls mit dem "Tagesspiegel" (Samstagausgabe). "Wer für Mord und Gewalt
auch nur einen Funken von Verständnis aufbringt, der macht sich mitschuldig." Er
sei die "die tägliche Verächtlichmachung von demokratischen Institutionen und
ihrer Repräsentanten leid: Die Beleidigungen von Bürgermeistern, das Gerede vom
,System', das alles trägt zur Diskreditierung der Demokratie bei", betonte
Steinmeier. Deshalb erwarte er "von der schweigenden Mehrheit, (...) endlich
laut zu werden und Position zu beziehen". Zugleich warnte er - ohne die AfD zu
nennen - davor, bestimmte Wählergruppen verloren zu geben. "Wer andere
abschreibt, der hat auch die Demokratie schon abgeschrieben. Wir müssen uns auch
um die bemühen, die irritierend anderer Meinung sind. Wenn sie spüren, dass
Politik vor Ort präsent ist, dass ihre Probleme und Nöte erkannt und bearbeitet
werden, dass es für ihre Erfahrungen und Haltungen einen Raum gibt in der
öffentlichen Debatte, dann wächst Vertrauen", betonte der Bundespräsident. "Aber
ich sehe auch klare Grenzen dieses Bemühens: Nämlich genau dort, wo die Grenze
zu Menschenverachtung und Gewalt überschritten wird. Wir müssen diese Grenze
klarer als bisher markieren und auch durchsetzen - im Netz ebenso wie auf den
Schulhöfen und Marktplätzen." Er sei gut, dass die Bundesregierung jetzt
Maßnahmen beschlossen hat, um die Regeln für einen zivilen Umgang miteinander,
die außerhalb des Netzes gelten, auch innerhalb des Netzes zu gewährleisten. Und
es sei gut, dass endlich auch Kommunalpolitiker besser vor Angriffen geschützt
werden. "Wer sich für unsere Demokratie einsetzt, der muss auf den Schutz des
Staates vertrauen können." Zur Überwindung der Polarisierung in Deutschland 30
Jahre nach dem Mauerfall fordert der Bundespräsident viele neue "runde Tische".
"Ich habe selbst oft erlebt, dass sich, wenn Menschen einander Auge in Auge
gegenübersitzen, die Kommunikation verändert und die Bereitschaft zum Zuhören
entsteht", sagte Steinmeier dem "Tagesspiegel" (Samstagausgabe). "Darum können
sich zum Beispiel Städtepartnerschaften, Nachbarschaftsinitiativen oder digitale
Stammtische bemühen." Was die Runden Tische der friedlichen Revolution so
besonders gemacht habe, sei "das pragmatische, auf Verständigung ausgerichtete
Ringen um die gemeinsame Zukunft." Vor allem die sozialen Medien würden heute
stattdessen die Polarisierung verstärken. "Dort gibt es wenig Platz für
Differenzierendes: Das Netz kennt oft nur schwarz und weiß, Zwischentöne sind
nicht vorgesehen." Er forderte mehr konstruktiven Streit. "Wir müssen wieder
lernen, uns mit anderen Standpunkten auseinanderzusetzen, wir müssen wieder
lernen, konstruktiv miteinander zu streiten. Streit zu vermeiden ist nicht die
Aufgabe von Demokraten", betonte Steinmeier.

https://www.tagesspiegel.de/politik/lob-und-tadel-fuer-fridays-for-future-steinm
eier-warnt-vor-schlechtreden-der-demokratie/25202722.html

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Der Tagesspiegel, Newsroom, Telefon 030-29021-14909



Pressekontakt:
Der Tagesspiegel
Chefin vom Dienst
Patricia Wolf
Telefon: 030-29021 14013
E-Mail: cvd@tagesspiegel.de
 

Original-Content von: Der Tagesspiegel, übermittelt durch news aktuell


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