(Registrieren)

FZ: Denn sie wissen, was sie tun Kommentar der "Fuldaer Zeitung" (Freitag, 1. November) zur Klimaklage gegen die Bundesregierung

Geschrieben am 31-10-2019

Fulda (ots) - Politiker an ihren Worten zu messen, war schon immer ein
Vabanquespiel: Mehr als zehn Jahre lang kündigte jede Bundesregierung an, den
deutschen CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2020 im Vergleich zu 1990 um mindestens 40
Prozent zu senken - Ziel verfehlt. Wie oft in den letzten Jahrzehnten wurden
mehr Schulden gemacht als angekündigt? Wenn es der Bundesregierung nach ginge,
müssten im nächsten Jahr eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen
unterwegs sein - realistisch sind nicht einmal 100 000. Und noch ein
Beispiel: Im Koalitionsvertrag wird das Ziel fixiert "Glasfaser in jeder Region
und jeder Gemeinde, möglichst direkt bis zum Haus". Wetten, dass auch das eine
Illusion bleibt und viele Bürger darauf noch in zehn Jahren warten?

So funktioniert eben Politik: Was in Sonntagsreden schön formuliert wird, dient
vor allem dazu, Wählerstimmen zu generieren. Der Schriftsteller Stefan Zweig
konstatierte schon im vergangenen Jahrhundert: "Wahrhaftigkeit und Politik
wohnen selten unter einem Dach." Insofern wäre es eine Sensation gewesen, wenn
das Berliner Verwaltungsgericht gestern der Klage von Greenpeace und drei
Bürgern stattgegeben hätte, die die Bundesregierung an ihren Worten und den
nicht erfolgten Taten messen und gerichtlich zu mehr Klimaschutz zwingen
wollten. Auch juristisch gesehen sind solche Ankündigungen eben nur
Absichtserklärungen, keinesfalls rechtsverbindlich oder einklagbar. Anders sähe
es aus, wenn die Bundesregierung die Klimapolitik in ein Gesetz gegossen hätte -
wie weiland zum Beispiel den Anspruch auf einen Kitaplatz.

Eines stimmt bei aller Sympathie für die Ziele der Kläger bedenklich: Wie ist es
um eine Gesellschaft bestellt, in der Aufgaben wie der Klimaschutz "von oben"
geregelt werden müssen und sich offenbar nur schwer ins Bewusstsein der Menschen
einbrennen? Klimaschutz fängt beim Verhalten jedes einzelnen an - da mag die
Politik für ordentliche Rahmenbedingungen sorgen, die Überzeugung, weniger zu
fliegen, auf Fleisch zu verzichten und den CO2-Ausstoß zu reduzieren, muss
anderweitig gelingen.

Zugleich wirft der Fall ein Licht auf ein Thema, das nur noch unterschwellig
diskutiert wird: Während jeder Arbeitnehmer in seinem Job für Fehler haftet,
sind die Möglichkeiten, Politiker für grobe Fehlleistungen (siehe das
"Schwarzbuch der Steuerzahler") zur Verantwortung zu ziehen, sehr begrenzt. Eine
Haftungspflicht würde vielleicht auch zu mehr Zurückhaltung und Wahrhaftigkeit
bei Ankündigungen und Sonntagsreden führen. / Bernd Loskant



Pressekontakt:
Fuldaer Zeitung
Bernd Loskant
Telefon: 0661 280-445
Bernd.Loskant@fuldaerzeitung.de

Original-Content von: Fuldaer Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

708518

weitere Artikel:
  • NOZ: Mehr als zwei von drei Erwerbslosen von Armut bedroht Osnabrück (ots) - Mehr als zwei von drei Erwerbslosen von Armut bedroht Eurostat: Risiko in Deutschland höher als in allen anderen EU-Ländern - Linkspartei: "Armutszeugnis" für Regierung Osnabrück. Mehr als zwei von drei Erwerbslosen in Deutschland sind von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Die Quote lag 2018 bei 69,2 Prozent, wie aus Zahlen von Eurostat hervorgeht, die die Linksfraktion ausgewertet hat und die der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ) vorliegen. Innerhalb Europas sind die Erwerbslosen hierzulande besonders stark mehr...

  • Kretschmann empfiehlt Robert Habeck als Kanzlerkandidaten der Grünen Hamburg (ots) - Ein Abend mit Harald Schmidt am Donnerstag im Stuttgarter Schauspielhaus - böse Anekdoten aus der Theaterwelt, viel Sarkasmus und ein wenig romantisches Klavierspiel. Das Publikum, darunter ein Reporter des Hamburger Magazins stern, erwartet eigentlich keine harte politische Nachricht. Doch dann eine Überraschung: Als Stargast erscheint unangekündigt Baden-Württembergs Ministerpräsident. Winfried Kretschmann plaudert locker über die Automobilindustrie und sein früheres Berufsleben als Ethik-Lehrer, dann kommt Interviewer mehr...

  • ABDA-Datenpanel belegt Bedeutung des apothekerlichen Botendienstes (FOTO) Berlin (ots) - Das Datenpanel der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände gibt wertvolle Einblicke in die Struktur, die Qualität und den Umfang apothekerlicher Leistungen in der flächendeckenden Arzneimittelversorgung. Erstmals vor einem Jahr durchgeführt, zeigen die Ergebnisse des ABDA-Datenpanels 2018, dass die erhobenen Zahlen auch als Basis für die Bewertung der aktuellen Gesetzgebung dienen können. So soll mit den kürzlich in Kraft getretenen Änderungen der Apothekenbetriebsordnung der Botendienst der Apotheken in mehr...

  • Generalversammlung des Weltärztebundes bestätigt Ablehnung des ärztlich assistierten Suizids Berlin (ots) - "Ärzte sind dem Leben verpflichtet. Es ist wichtig, dass der Weltärztebund das noch einmal zum Ausdruck gebracht hat." So kommentiert Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), die auf der 70. Generalversammlung des Weltärztebundes (WMA) verabschiedete Deklaration, in der der WMA seine Ablehnung des ärztlich assistierten Suizids und der Euthanasie bekräftigt. Ärzte dürften nicht dazu gezwungen werden, Patienten bei der Selbsttötung zu unterstützen oder Euthanasie durchzuführen. In einer Dringlichkeitsresolution mehr...

  • NOZ: Polizeigewerkschaft: Wiedereinreise und neuer Asylantrag von Clan-Chef Miri "Schlag ins Gesicht" für Polizisten Osnabrück (ots) - Polizeigewerkschaft: Wiedereinreise und neuer Asylantrag von Clan-Chef Miri "Schlag ins Gesicht" für Polizisten Wendt: Folgeanträge von Abgeschobenen ausschließen - "Bundespolizei muss an Grenzen zurückweisen können" Osnabrück. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hat empört auf die Wiedereinreise und den neuen Asylantrag von Clan-Chef Ibrahim Miri reagiert. "Für die Polizistinnen und Polizisten, die täglich mit Abschiebungen beschäftigt sind, ist das wie ein Schlag ins Gesicht", sagte der DPolG-Bundesvorsitzende mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht