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"Mit mutigen Entscheidungen heute positive Wechselwirkungen für morgen auslösen"/ Bundespräsident überreichte heute Deutschen Umweltpreis der DBU - Kögel-Knabner und Schneider geehrt (FOTO)

Geschrieben am 27-10-2019

Mannheim (ots) -

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Bürger
aufgefordert, "mit mutigen Entscheidungen heute" im Umwelt- und
Klimaschutz "positive Wechselwirkungen für morgen" auszulösen. "Die
Zukunft ist eben nicht vorbestimmt. Es liegt an uns, was wir daraus
machen", sagte er heute bei der Verleihung des Deutschen
Umweltpreises der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in Mannheim:
"Die Plastikflasche, die heute recycelt oder gar nicht erst
hergestellt wird, landet morgen nicht in den Weltmeeren. Sie kommt
übermorgen wieder in den Rohstoffkreislauf. Der Boden, der heute vor
der Erosion geschützt wird, bindet Kohlenstoff. Und er kann damit
auch morgen noch als Ackerland Menschen ernähren." Steinmeier
überreichte der Bodenwissenschaftlerin Prof. Dr. Ingrid
Kögel-Knabner von der Technischen Universität München und dem
Unternehmer Reinhard Schneider (Firma Werner & Mertz, Mainz) den mit
insgesamt 500.000 Euro höchstdotierten, unabhängigen Umweltpreis
Europas.

Ökologische Transformation als Chance für Deutschland begreifen

Vor rund 1.200 Festgästen - darunter Baden-Württembergs
Umweltminister Franz Untersteller - sagte Steinmeier, die Preisträger
machten Mut, weil sie Lösungen aufzeigen und die ökologische
Transformation als Chance für Deutschland begreifen würden. Als
Tüftler und Ingenieurinnen, als Wissenschaftlerinnen oder Unternehmer
würden sie neue Wege gehen. Preisträgerin Kögel-Knabner sei ein
Vorbild für zukünftige Forschergenerationen. Sie füge das Puzzleteil
der Bodennutzung in ein viel größeres Bild - das globale Klima und
dessen "wahrhaftig alarmierenden Wandel". Denn nicht nur Fabriken und
Kraftwerke seien Verursacher des Klimawandels, sondern auch der
Umgang mit den Böden als große Kohlenstoffsenken des Planeten. Je
nachdem, wie der Mensch sie nutze, befeuere oder bremse er den
Klimawandel. Monatelange Dürren, sintflutartige Überschwemmungen,
zerstörerische Stürme seien in den Ländern des globalen Südens zu
beobachten. Auch in Europa nähmen Hitzesommer zu. Die Bodenkunde
könne Menschen dabei helfen, ihren Ackerbau diesen Extremen
anzupassen, weshalb die Forschung der Umweltpreisträgerin so wichtig
sei.

Produkte und Produktion "voll auf Nachhaltigkeit getrimmt"

Preisträger Schneider habe, so der Bundespräsident, als
verantwortungsvoller Unternehmer gehandelt, bevor viele andere erst
tätig geworden seien. Er habe in wahrer Pionierleistung gezeigt, dass
umweltbewusstes und unternehmerisches Handeln kein Widerspruch seien
und das zu seinem Erfolgsrezept gemacht. Produkte und Produktion habe
er "voll auf Nachhaltigkeit getrimmt". Das bedeute unter anderem eine
hohe Abbaurate der Tenside und Verpackungen aus recyceltem Plastik.
Wenn mehr Leute im Supermarktregal genauer hinschauen würden, steige
der Druck auf die Hersteller, umweltfreundlicher zu wirtschaften. Das
entlasse die Politik allerdings nicht aus der Verantwortung und ihrem
ordnungspolitischen Auftrag, dort einzugreifen, wo der Markt nicht
ausreichend oder gar nicht für ausreichend Umwelt- und Klimaschutz
sorge. Instrumente seien Transparenz, Verbraucherschutz durch
Gütesiegel, Preise, die die wahren Kosten für die Umwelt
widerspiegelten und - wo nötig - auch Verbote.

Engagement hunderttausender junger Menschen schon heute
Entscheidendes bewirkt

Wohl selten zuvor habe der Schutz von Umwelt, Klima und
Artenvielfalt die gesamte Gesellschaft so sehr umgetrieben wie
gegenwärtig, so das Staatsoberhaupt weiter. Das bemerkenswerte
zivilgesellschaftliche Engagement hunderttausender junger Menschen
habe schon heute Entscheidendes bewirkt und der Klima- und
Umweltpolitik "einen gewaltigen Schub versetzt". Es habe die
Deutschen daran erinnert, welcher Elan und Ehrgeiz in diesem Land
stecken könne, welche gesellschaftlichen und technologischen Kräfte
gerade beim Thema Umwelt und Klima aufgebaut worden seien und
"welchen Beitrag Deutschland der Welt schuldet". Es habe daran
erinnert, zu welchen ambitionierten Zielen sich die
Staatengemeinschaft völkerrechtlich verpflichtet habe. Zu Recht
forderten die jungen Leute, dass jetzt der Mut und politische Wille
zähle, die gesteckten Ziele auch wirklich zu erreichen. Steinmeier:
"Daran muss sich Klimapolitik messen lassen." Die öffentliche
Aufmerksamkeit dieser außergewöhnlichen sozialen Bewegung schaffe
Gestaltungsspielräume, an die die politischen Parteien wohl selbst
noch nicht geglaubt hätten, die es aber zu nutzen gelte.

Vertrauen in Handlungsfähigkeit der Demokratie nicht kleiner reden

Natürlich habe er die kritischen Stimmen zum Klimapaket auch
vernommen, so das Staatsoberhaupt. Aber das Vertrauen in die
Handlungsfähigkeit der Demokratie dürfe nicht kleiner geredet werden
je größer die Herausforderungen seien. Vor allem warne er davor, die
Beteiligten an dieser Debatte gegeneinander auszuspielen: die
Leidenschaft und Entschiedenheit der jungen Menschen auf der Straße
gegen die vermeintliche Nüchternheit und Behäbigkeit der politischen
Verfahren. Im demokratischen Prozess, der jetzt in eine entscheidende
Aushandlungsphase trete, brauche es Leidenschaft und Entschiedenheit,
Dialogbereitschaft und Vernunft - radikal verständigungsbereit und
leidenschaftlich vernünftig.

"Kein selbsternannter starker Mann wird diese Stärke der
Demokratie je aufbringen können"

Die, die jetzt Zweifel an der Demokratie säen wollten, frage er
mit Nachdruck, welche andere Staatsform überhaupt eine solche Kraft
der Erneuerung in sich trage? Steinmeier: "Kein Einzelkämpfer, kein
Autokrat, kein selbsternannter starker Mann wird diese Stärke der
Demokratie je aufbringen können!" Kein Kabinett von Experten und
Wissenschaftlern, auch kein Kabinett von Klimaforschern könne der
Gesellschaft - bei allen unumstößlichen Erkenntnissen - die
Zielkonflikte, die schmerzlichen Abwägungen und Aushandlungen
abnehmen, die nun mal anstünden. Eine ökologische Transformation, die
den Erkenntnissen der Klimawissenschaft gerecht werde, sei natürlich
notwendig. Aber wie bei jedem tiefgreifenden Strukturwandel gebe es
Menschen, die davon besonders stark betroffen seien. Menschen, die
Sorge hätten, ihre eigenen Arbeitsplätze zu verlieren und in Regionen
wohnten, in denen sie befürchten müssten, dass auch ihre Kinder keine
Arbeit mehr fänden. Diese Sorgen dürften nicht einfach überheblich
ignoriert werden. Sie dürften allerdings auch ausdrücklich kein
Vorwand sein, die notwendigen Maßnahmen zum Klimaschutz zu
unterlassen. Umwelt- und Klimaschutz dürfe zu keiner Spaltung führen
zwischen den Arbeitnehmern der Autoindustrie und den Blockierern von
Straßen, zwischen Landwirten und Naturschützern, zwischen denen, die
es sich leisten könnten, und denen, die jeden Euro zweimal umdrehen
müssten. Denn Klimaschutz sei eine ökologische und eine soziale
Aufgabe und Klimapolitik umso wirksamer, "je mehr Menschen wir auf
den Weg mitnehmen".

Jury lobte Engagement der Preisträger

Als Mitglieder der Jury des Deutschen Umweltpreises, auf deren
Vorschlag hin das Kuratorium der Stiftung die jeweiligen Preisträger
eines Jahres auswählt, gingen Prof. Dr. Heidi Foth, Direktorin des
Instituts für Umwelttoxikologie der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg, und Dr. Katharina Reuter, Geschäftsführerin
UnternehmensGrün, auf die Leistungen der Preisträger 2019 ein. Foth
würdigte die herausragenden Forschungsarbeiten der Preisträgerin
Kögel-Knabner. Sie habe mit ihrer Arbeit, mit ihren neuen
Forschungsmethoden, mit ganz klaren Daten, an denen man nicht
zweifeln könne, dafür gesorgt, dass die Aufgabe Bodenschutz
deutlicher und fassbarer geworden sei. Reuter würdigte vor allem
Preisträger Schneiders konsequentes Ausrichten auf das Thema
nachhaltiges Wirtschaften. Seine Recyclat-Initiative, das Schaffen
umweltfreundlicherer Produkte für den Massenmarkt, die frühe
Zertifizierung seines Unternehmens nach den Vorgaben der Europäischen
Union, der ständig wachsende Anteil von Altkunststoffen für
Produktverpackungen, der frühzeitige Beitritt zur Initiative
"Entrepreneurs for Future" - das alles seien Punkte, die die Jury
überzeugt hätten.

Kögel-Knabner: eine Handvoll Boden hat mehr Organismen als
Menschen auf Erde

Die Preisträger selbst machten in Filmen, die während des
Festaktes eingespielt wurden, und im Gespräch mit Moderatorin Judith
Rakers ihre Positionen noch einmal deutlich. Kögel-Knabner sagte,
Böden müssten nicht nur Kohlenstoff speichern, um damit dem
Klimawandel zu begegnen. Sie müssten gleichzeitig auch fruchtbar
sein, weil eine immer noch wachsende Weltbevölkerung auch ernährt
werden müsse. Das Verständnis der Rolle von Böden für den Klimaschutz
sei in der Gesellschaft noch nicht angekommen. Dabei trage eine
Handvoll Boden mehr Organismen in sich als Menschen auf der Erde
lebten. Klimabedingte Probleme wie das Auftauen der Permafrostböden
in Sibirien seien aber wegen des Freisetzens von Treibhausgasen kein
regionales Problem, sondern ein globales.

Schneider: Plastik könnte einer der ökologischsten Werkstoffe
unserer Zeit sein

Preisträger Schneider wies darauf hin, dass Unternehmen sich
konsequent auf Nachhaltigkeit einlassen sollten und in der
Verantwortung stünden, attraktive Angebote an Verbraucher zu machen,
ohne sie zu sehr in einen Verzicht hineinzudrängen. Der sei für viele
letztlich noch nicht zumutbar. Das sei aber auch ohne Abstriche bei
der Ökologie möglich. Wichtig sei, dass schon in der
Entwicklungsphase der Produkte darauf geachtet werde, dass sie gut
recyclingfähig seien. Verschiedene Kunststoffarten dürften nicht so
miteinander verbunden werden, dass sie nicht mehr zu trennen seien.
Das Paradoxe sei nämlich, dass Plastik tatsächlich einer der
ökologischsten Werkstoffe unserer Zeit sein könnte, "wenn wir lernen,
damit richtig umzugehen". Man könne es nämlich mit einem Minimum an
Energie nahezu verlustfrei in den Kreislauf führen, sodass kein Müll
mehr entstehe.



Pressekontakt:
Franz-Georg Elpers
- Pressesprecher -
Kerstin Heemann
Jessica Bode

Kontakt DBU
An der Bornau 2
49090 Osnabrück
0541|9633-521
0171|3812888
presse@dbu.de
www.dbu.de

Original-Content von: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), übermittelt durch news aktuell


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