(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Die USA sind mehr als Trump / Wir dürfen trotz aller berechtigter Kritik nicht vergessen, was die USA für uns getan haben. Von Christian Eckl

Geschrieben am 12-08-2019

Regensburg (ots) - Wer glaubte, das deutsch-amerikanische
Verhältnis könne sich gar nicht mehr verschlechtern, wurde kürzlich
eines Besseren belehrt: Der US-Botschafter in Deutschland, Richard
Grenell, versetzte auch die Region in Aufregung - mit nur einem Satz.
Und der hatte es in sich: "Es ist wirklich beleidigend zu erwarten,
dass der amerikanische Steuerzahler weiter mehr als 50 000 Amerikaner
in Deutschland bezahlt, aber die Deutschen ihren Handelsüberschuss
für heimische Zwecke verwenden", sagte Grenell. Das Entsetzen war
auch deshalb so groß, weil die US-Army in Deutschland nicht nur in
Rheinland-Pfalz, sondern auch in Bayern ein wichtiger
Wirtschaftsfaktor ist. Verständlich ist die Aufregung natürlich. Wer
schon einmal das Städtchen Grafenwöhr in der nördlichen Oberpfalz
besucht hat, der weiß, dass die US-Präsenz in 70 Jahren engster
Partnerschaft positive Spuren hinterlassen hat. Und die sind nicht
nur wirtschaftlicher Natur. Das deutsch-amerikanische Volksfest, das
erst vor kurzem stattfand, ist Ausdruck eines Respekts voreinander,
den man in der Rhetorik deutscher Politiker gegenüber den USA derzeit
oft vermisst. Den 6000 deutschen Einwohnern Grafenwöhrs stehen etwa
45 000 US-Bürger gegenüber, die in und um den Truppenübungsplatz
leben. Auch sie bangen nun, dass Donald Trump die von seinem
Botschafter ausgesprochene Drohung verwirklicht. Und die Oberpfälzer
wünschen sich, dass unser Umgang mit den USA nicht nur am Trump-Bild
festgemacht wird. Trump ist ein Rassist, er ist frauenfeindlich, er
ist ein Nationalist. Aber wir vergessen offenbar, dass die USA mehr
sind als nur Donald Trump und seine Wähler. Kein Wunder, dass die USA
in Richtung Osten schielen und dorthin einen Teil der Truppen
verlagern wollen. In den einstigen Staaten des Ostblocks ist die
Erinnerung daran noch nicht verblichen, was man den Amerikanern
eigentlich verdankt: die Befreiung von einem diktatorischen Regime
nämlich. Dort sind die US-Truppen herzlich willkommen, während die
deutsche Öffentlichkeit offenbar ihr Band zu den USA verloren hat.
Leider wird dabei allzu oft ausgeblendet, dass die USA nicht nur aus
Trumps und Grenells besteht. In den USA werden Homosexuelle nicht
verfolgt und im Zweifel nicht eingesperrt, in Russland ist das
anders. Dennoch betreibt der frühere deutsche Bundeskanzler Gerhard
Schröder ungeniert Lobbyarbeit für eine Gaspipeline nach Deutschland.
Verletzungen der Menschenrechte in China haben die Stadt Regensburg
nicht davon abgehalten, mit Qingdao eine Partnerstadt aus diesem Land
zu wählen. Wirtschaftliche Interessen scheinen wichtiger zu sein als
polizeiliche Gewalt in Hongkong. Der Aufschrei in Deutschland blieb
auch aus, als kürzlich die russische Marine ein Manöver durchführte
und dabei bis in die Bucht von Kiel vordrang. Erstmals seit 30 Jahren
fuhren 10 000 Soldaten unter dem Manöver-Namen "Ocean Shield 2019"
mit 70 Schiffen direkt vor unserer Küste auf, um Macht zu
demonstrieren. Solche Manöver sorgen vielleicht in Deutschland nicht
für Aufsehen. Doch bei unseren EU- und Nato-Partnern Polen, Estland,
Lettland und Litauen wecken sie Urängste. Für sie wirkt es
beruhigend, wenn die Nato gemeinsam auch mit den US-Streitkräften den
Ernstfall übt. Wer die derzeitige politische Lage in den USA beklagt,
was angesichts der Ausfälle des amerikanischen Präsidenten
nachvollziehbar ist, der sollte eines nicht vergessen: Wir verdanken
den USA die Befreiung von grausamer Diktatur und letztlich die
Demokratie. Die US-Soldaten müssen bleiben, denn sie schützen uns vor
einer Bedrohung, die wir 30 Jahre nach dem Mauerfall wohl schon
vergessen haben. Die USA waren 70 Jahre lang verlässliche Partner.
Und Trumpisten sind nicht die gesamte USA, es gibt auch
Andersdenkende. Wer das vergisst, der sollte zumindest konsequent
sein - und nicht nach den wirtschaftlichen Vorteilen schielen,
während man gleichzeitig die USA unter Trump kritisiert.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

697585

weitere Artikel:
  • Allg. Zeitung Mainz: Asozial / Kommentar von Jens Kleindienst zur Vermüllung Mainz (ots) - Kippen im Sandkasten, Kaffeebecher auf der Straße, Burger-Boxen im Gebüsch, Grillreste im Park, Plastiktüten im Straßengraben: Wer das als Zumutung und Ausdruck kultureller Verwahrlosung empfindet, ist kein Spießer. Wer seinen Müll (oder die Hinterlassenschaften seines Vierbeiners, aber das ist ein anderes Thema) nicht ordentlich entsorgt, handelt asozial. Dem ist kaum durch Gesetze beizukommen, es sei denn, man nimmt sich das autoritär regierte Singapur mit seinen drakonischen Strafen für Umweltferkel zum Vorbild. mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Tönnies, Klimapolitik und Afrika Bielefeld (ots) - Wären die Überlegungen des Clemens Tönnies über Klimaschutz und Investitionen in Afrika nicht am Satzende so fürchterlich rassistisch versumpft, gäbe es ein wirklich streitwertes Thema. Der unsägliche Satz hätte ja auch so schließen können: »... denn jede Hütte mit Stromanschluss ist eine Fluchtursache weniger.« Oder: »Helfen wir einem kommenden Kontinent die Fehler der alten Welt zu vermeiden.« Die Rezepte dafür liegen auf dem Tisch und Tönnies hat selbst den richtigen Ansprechpartner genannt. Entwicklungsminister mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur CDU im Osten Bielefeld (ots) - Die Relevanz der anstehenden Landtagswahlen im Osten wird zwar überall betont, sie scheint sich aber noch nicht bis ins Konrad-Adenauer-Haus oder ins Verteidigungsministerium herumgesprochen zu haben. Jedenfalls nicht bis zu Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Öko-Offensive der CDU-Vorsitzenden kommt für die Parteifreunde in Sachsen und Brandenburg zur Unzeit. Auf die Idee, die CDU drei Wochen vor den wichtigen Abstimmungen in diesen beiden Bundesländern auf Klimakurs zu trimmen, muss man erstmal kommen. Michael Kretschmer mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Elternschaft per Erklärung = Von Lothar Schröder Düsseldorf (ots) - In Deutschland wird schon seit Jahren darüber diskutiert und seit Jahren nicht entschieden: über ein neues Abstammungsrecht. Diese Entscheidungsfindung im Zeitlupentempo muss nicht immer ein Nachteil sein, wie es auch kein Makel ist, dass andere Länder in dieser Frage schon "weiter" sind, sich zumindest entscheidungsfreudiger gezeigt haben. Am Anfang von alldem steht die Möglichkeit der Reproduktionsmedizin. Sie macht es auch schwulen und lesbischen Paaren möglich, ein Kind zu bekommen. Der medizinische Fortschritt mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Photovoltaik braucht keine Förderung mehr = Von Thomas Reisener Düsseldorf (ots) - Selten wurde über die Energiepolitik so aufgeregt diskutiert wie in diesen Tagen. Leider hat die neue Leidenschaft für die Zukunft unseres Planeten eine fatale Kehrseite. Die Debatte ist sehr emotional. Emotionen trüben den Blick. Wer heute gegen weitere Fördermilliarden für Photovoltaik ist, wird vom Standgericht der öffentlichen Stimmung schnell als Planetenmörder verurteilt. Wer es ernst meint mit dem Klimaschutz, muss auch den unpopulären Teil der Wahrheit akzeptieren: Umweltschutz kostet Geld. Geld ist mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht