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NABU: EU reißt der Geduldsfaden - Deutschland droht doppelte Klage wegen Versäumnissen in der Agrarpolitik

Geschrieben am 25-07-2019

Berlin/Brüssel (ots) - Erneut steht Deutschland wegen massiver
Versäumnisse in der Agrarpolitik am Pranger: Am heutigen Donnerstag
hat die EU-Kommission gleich zwei Vertragsverletzungsverfahren gegen
die Bundesrepublik eröffnet. Brüssel kritisiert darin den ökologisch
katastrophalen Zustand von Wiesen und Weiden sowie die weiterhin
unzureichende Umsetzung des Düngerechts. "Die Verfahren zeigen
erneut: Deutschland versagt beim Schutz der Natur vor der eigenen
Haustür", kritisierte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.

Mit dem neu eingeleiteten Verfahren zu Wiesen und Weiden bestätigt
die EU eine Beschwerde, die der NABU bereits 2014 in Brüssel
eingereicht hat. Vor allem die artenreichen Teile des so genannten
Grünlands verschwinden hierzulande in rasantem Tempo. 80 Prozent der
Lebensräume auf Wiesen und Weiden sind in Gefahr, 35 Prozent sogar
von vollständiger Vernichtung bedroht. Die Folge: Das Insektensterben
wird massiv angeheizt.

"Lebendige Wiesen und Weiden sind für unsere Artenvielfalt so
wichtig wie die Regenwälder Südamerikas. Doch Deutschland hat es
jahrzehntelang zugelassen, dass wertvolle Wiesen verschwanden und
heute nur noch Graswüsten sind. Damit wurde das Rückgrat unserer
Artenvielfalt systematisch zerstört", so NABU-Bundesgeschäftsführer
Leif Miller.

Wiesen und Weiden machen fast 14 Prozent der deutschen
Landesfläche aus. Mehr als zehn Prozent von ihnen sind
europarechtlich geschützt. Als Kohlenstoffspeicher sind sie im Kampf
gegen die Klimakrise unerlässlich, hier leben zudem 40 Prozent aller
in Deutschland auf der Roten Liste stehenden Arten. Die
Bundesregierung hat nun zwei Monate Zeit, in Brüssel konkrete
Lösungen für den besseren Grünlandschutz auf den Tisch zu legen.
Andernfalls droht im schlimmsten Fall die Klage vor dem Europäischen
Gerichtshof - und mögliche Strafzahlungen in Milliardenhöhe, wie
aktuell beim Düngerecht.

"Bund und Länder müssen jetzt dringend handeln, um artenreiche
Wiesen und Weiden besser zu schützen", so Miller. Notwendig sind dazu
spezielle Förderprogramme für Landwirte, die blühende Wiesen und
Weiden pflegen wollen. Solche Programme existieren zwar bereits, sind
aber meist mit zu wenig Geld ausgestattet. "Und in
Naturschutzgebieten muss gelten: kein Gift, weniger Dünger und
weniger Tiere pro Fläche. Andernfalls wird der Begriff
Naturschutzgebiet ad absurdum geführt", so Miller.

Auch beim Dauerthema Düngeverordnung reißt der EU-Kommission nun
offenbar der Geduldsfaden. Die Kommission kritisiert die zuletzt
vorgelegten Nachbesserungen der Bundesregierung als wissenschaftlich
nicht ausreichend begründet. Außerdem fordert sie einen
Gesetzentwurf, der ebenfalls in den kommenden acht Wochen vorliegen
muss. "Diese Flickschusterei beim Düngerecht ist hochgradig peinlich.
Mit ihrer Untätigkeit schadet die Bundesregierung nicht nur unserem
Grundwasser, sondern auch den Insekten. Und den Landwirten fehlt
weiterhin jede Rechts- und Planungssicherheit", so Miller.

Aufgrund der Versäumnisse Deutschlands sei es umso wichtiger, dass
die EU konsequent als Hüterin der Gesetze auftritt. So habe der
scheidende Umweltkommissar Karmenu Vella beide Verfahren - und
weitere gegen andere Mitgliedstaaten - als eine seiner letzten
Amtshandlungen umgesetzt. Auch die designierte
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen muss nach Ansicht des
NABU dafür sorgen, dass alle Mitgliedstaaten die EU-Umweltgesetze
konsequent umsetzen, im Sinne des Gemeinwohls. Dies sei auch Wunsch
der Bevölkerung: Bei der Europawahl haben sich die Wähler für eine
starke EU ausgesprochen, in der Klima- und Naturschutz Priorität
haben. Verfahren gegen Mitgliedstaaten müssen zudem deutlich
schneller ablaufen - denn auch die Artenvielfalt verschwindet in
enormem Tempo.

Um den Durchbruch zur Rettung der Artenvielfalt zu erzielen, sei
ein Schritt zwingend notwendig: eine grundlegende Reform der
EU-Agrarpolitik. Die EU müsse ihre bislang umweltschädliche
Subventionsverteilung beenden und stattdessen jene Landwirte
belohnen, die naturverträglich arbeiten und damit die Artenvielfalt
und unsere Lebensgrundlagen schützen. Für die Förderung dieser
konkreten Naturschutzleistungen von Landwirten müssen EU-weit künftig
mindestens 15 Milliarden Euro pro Jahr bereitstehen.

NABU-Beschwerde zum Verlust von artenreichem Grünland (April 2014):
www.NABU.de/gruenland-klage

Kostenfreie Pressefotos zu artenreichem Grünland:
www.NABU.de/pressebilder_landwirtschaft

Mitteilung der EU-Kommission zu den heute eingeleiteten
Vertragsverletzungsverfahren:
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/INF_19_4251

Mehr zu den NABU-Forderungen an die neue EU-Kommission:
www.NABU.de/news/2019/07/26556.html



Pressekontakt:
Dr. Raphael Weyland, NABU-Büroleiter Brüssel, Tel. +32-2-2800-830,
E-Mail: Raphael.Weyland@NABU.de

Original-Content von: NABU, übermittelt durch news aktuell


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